Argentoratum – Wikipedia

Die Rheingrenze des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert n. Chr. mit den Legionslagern, darunter Argentoratum
Argentoratum auf einem Plan von Straßburg aus dem 18. Jahrhundert
Mars-Altar, zwischen 30 v. Chr. und 14 n. Chr., gefunden an der Stelle der heutigen place Saint-Pierre-le-Jeune[1]

Jünger Argentoratum oder älter Argentorate ist der Name des Römerlagers an der Stelle des heutigen Straßburg im Elsass. Der Mittelpunkt von Argentoratum befand sich auf der Grande Île, einer von zwei Armen der Ill umflossenen Insel, auf der sich noch heute das Zentrum Straßburgs befindet.[2]

Argentorate ist eine Zusammensetzung von gallisch Argento-, wahrscheinlich ein Flussname, und -rate ‘Befestigung’.[3] Die ältere Forschung deutete den Namen als keltisch für „Weiße Burg“.[4]

Argentorate wurde als militärischer Außenposten von dem römischen Feldherren Drusus im Jahre 12 v. Chr. in der späteren Provinz Germania superior (Verwaltungseinheit Civitas Tribocorum) gegründet. In dessen Nähe befand sich bereits eine gallische Siedlung.[5]

Unter dem Kommando von Gnaeus Pinarius Cornelius Clemens errichtete die Legio VIII Augusta im Jahre 74 eine Straße von Augusta Vindelicorum (Augsburg) durch das Kinzigtal nach Argentoratum (Straßburg) mit Anschluss über die Rheintalstraße nach Mogontiacum (Mainz).

Ab 90 war die Legio VIII permanent in Argentoratum stationiert.[6] Das Lager bedeckte zu dieser Zeit eine Fläche von 20 Hektar und beherbergte auch eine Kavallerieabteilung der Legion.[7] Weitere temporär in Argentoratum stationierte Legionen waren die Legio XIV Gemina und die Legio XXI Rapax, Letztere unter der Herrschaft Neros.[8]

Straßburg war möglicherweise ab dem 4. Jahrhundert Bischofssitz. 357 fand in der Umgebung die Schlacht von Argentoratum statt. Ab dem frühen 5. Jahrhundert hatte der Comes tractus Argentoratensis hier sein Hauptquartier. Nach Auflösung des römischen Grenzschutzes wurde die Stadt durch Alamannen, Hunnen und Franken erobert.

Systematische archäologische Ausgrabungen unter der Leitung von Jean-Jacques Hatt ließen zwischen 1947 und 1953 zahlreiche Spuren des antiken Straßburgs zutage treten. Diese Ausgrabungen wurden durch die in der Altstadt verursachten Kriegszerstörungen ermöglicht. Dabei wurde festgestellt, dass das Lager zwischen dem ersten und dem fünften Jahrhundert unserer Zeit insgesamt sechs Mal niedergebrannt und wieder aufgebaut worden war: In den Jahren 70, 97, 235, 355, im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts und in den ersten Jahren des 5. Jahrhunderts.

Unter Trajan und nach dem Brand von 97 hatte Argentoratum seine größte Ausdehnung und stärkste Befestigung erreicht. Zahlreiche archäologische Überreste der römischen Ansiedlung wurden auch im westlichen Stadtviertel Koenigshoffen entlang der ehemaligen Römerstraße, der heutigen Route des Romains gefunden.[9] An dieser Stelle befanden sich die ausgedehntesten Nekropolen und am dichtesten besiedelten Niederlassungen der Zivilbevölkerung (Vicus) um das Lager.[10]

In den Jahren 1911–12 wurden in Koenigshoffen von Hatts Vorgänger Robert Forrer zahlreiche Fragmente eines großen Mithräums ausgegraben, das in der Spätantike, vermutlich im 4. Jahrhundert, zerschlagen worden war.[11]

1956 wurden unterhalb der heutigen Église Saint-Étienne Überreste eines spätantiken Apsidenbaus ausgegraben, der als Kirche interpretiert wurde.[12]

Die Funde aus dem römischen Straßburg sind im Musée archéologique de Strasbourg ausgestellt.

  • Robert Forrer: Strasbourg – Argentorate: préhistorique, gallo-romain et mérovingien. 2 Bände, Istra, Strasbourg 1927.
  • Jean-Jacques Hatt: Résultats historiques et topographiques des dernières fouilles de Strasbourg, de 1949 à 1951. In: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1952, S. 97–100 (Volltext).
  • Jean-Jacques Hatt: Les fouilles de Strasbourg et de Seltz en 1952 et 1953. In: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1953, S. 211–215 (Volltext).
  • Jean-Jacques Hatt: Argentorate – Strasbourg. Presses Universitaires de Lyon, Lyon 1993, ISBN 2-7297-0471-X.
  • Bernadette Schnitzler, Gertrud Kuhnle (Hrsg.): Strasbourg–Argentorate, un camp légionnaire sur le Rhin. Musées de la ville de Strasbourg, Straßburg 2010, ISBN 978-2-35125-086-0.
  • Maximilian Ihm: Argentorate. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,1, Stuttgart 1895, Sp. 713 f.
Wiktionary: Argentoratum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Argentoratum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. CIL 13, 11605; Epigraphische Datenbank Heidelberg
  2. Cardo: Rue du Dôme, Decumanus: Rue des Hallebardes Argentorate: description (französisch)
  3. Deutsches Ortsnamenbuch. Hrsg. von Manfred Niemeyer. De Gruyter, Berlin/Boston 2012, S. 615.
  4. Argentoratum als Beispiel in der Enciclopedia Italiana zu Toponomastica (1937).
  5. Des origines à la Pax Romana (französisch)
  6. Le camp de la Legio VIII Augusta à Strasbourg (französisch)
  7. 4 rue Brûlée (französisch)
  8. Argentorate sous Néron (französisch)
  9. Argentoratum.com: Les fouilles archéologiques (französisch)
  10. Le vicus et les canabae (französisch)
  11. Robert Forrer: Das Mithra-Heiligtum von Königshofen bei Strassburg. Stuttgart 1915; Manfred Clauss: The Roman Cult of Mithras. 2001, S. 170–171.
  12. Jean-Jacques Hatt: Fouilles romaines sous l’église Saint-Étienne à Strasbourg. In: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1956, S. 476–479 (Volltext).

Koordinaten: 48° 34′ 57,9″ N, 7° 45′ 6,8″ O