Arthur Nikisch – Wikipedia
Arthur Nikisch (ungarisch: Artúr Nikisch; * 12. Oktober 1855 in Mosonszentmiklós (Lébényi Szent-Miklós); † 23. Januar 1922 in Leipzig) war ein ungarischer Dirigent. Er galt als hervorragender Interpret der Werke Anton Bruckners und Pjotr Iljitsch Tschaikowskis.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nikisch hatte einen schlesischen Vater und eine aus Wien stammende Mutter.[1] Er studierte am Konservatorium von Wien Violine und Klavier und überdies Komposition bei Felix Otto Dessoff.[1] Zwischen 1872 und 1877 wirkte er zunächst als Geiger in verschiedenen Orchestern, u. a. dem Wiener Hofopernorchester[1] (= Wiener Philharmoniker). Von 1878 bis 1889 war er 1. Kapellmeister des Leipziger Stadttheaters.[1] Sein 2. Kapellmeister (1886–1888) war Gustav Mahler. Am 30. Dezember 1884 dirigierte Nikisch die Uraufführung von Bruckners 7. Sinfonie am Leipziger Neuen Theater.
Nikisch heiratete im Juli 1885 die Schauspielerin Amélie Heussner. Ihre Kinder waren der spätere Rechtswissenschaftler Arthur Philipp Nikisch, Käthe Nikisch (Wollgandt), die spätere Schauspielerin Nora Nikisch (Schindler) und der spätere Pianist, Komponist und Bandleader Mitja Nikisch.
Nach Aufenthalten in Boston (Chefdirigent des Boston Symphony Orchestra)[1] und Budapest (Direktor der Königlichen Ungarischen Oper)[1] wurde er im Jahr 1895 in Nachfolge von Carl Reinecke Gewandhauskapellmeister[1] in Leipzig; er führte dieses Amt bis zu seinem Tode. Ebenfalls wurde er im Herbst 1895 zum Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker berufen. Unter seiner Leitung nahmen sie 1913 als erste eine komplette Tonaufnahme einer Sinfonie auf, der 5. Sinfonie von Beethoven.
Von 1902 bis 1907 war er Rektor des Leipziger Konservatoriums und 1905/1906 Direktor der Leipziger Oper.[2]
Im Februar 1906 spielte er für das Reproduktionsklavier Welte-Mignon als Pianist vier von Brahms’ Ungarischen Tänzen auf Klavierrolle ein (Nr. 1, 4, 5 und 6), sowie einen Valse lente aus Léo Delibes’ Ballett Coppélia.
Im Zusammenwirken mit dem musikalischen Leiter des Arbeiter-Bildungsinstituts Leipzig, Barnet Licht (1874–1951), ermöglichte er ab 1915 die Veranstaltung von Konzerten im Gewandhaus, die die Arbeiter für 60 Pfennige besuchen konnten.
Auf diese Zusammenarbeit geht auch die Tradition des Leipziger Gewandhausorchesters zurück, an Silvester die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven aufzuführen. Nikisch dirigierte sie am 31. Dezember 1918, dem ersten Jahreswechsel nach dem Ersten Weltkrieg, im Krystallpalast in Leipzig. Das Konzert begann um 23 Uhr, damit das neue Jahr mit dem Schlusschor auf Schillers Ode an die Freude eingeleitet wurde.[2]
Nikisch war ein guter Freund Alexander Frommermanns, des Vaters von Harry Frommermann (1906–1975), der 1927 die Comedian Harmonists gründete. Nikisch unterrichtete den kleinen Harry ab 1910 für einige Jahre am Klavier.
Am 23. Januar 1922 starb Nikisch im Alter von 66 Jahren in Leipzig. Seine sterblichen Überreste wurden auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt (II. Abteilung).
Die Maler Ernst Oppler und Robert Sterl porträtierten Arthur Nikisch.
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Fantasie über Motive aus Victor Ernst Nesslers „Trompeter von Säkkingen“ für Sinfonieorchester OCLC 993035703
- Drei Lieder aus der Dichtung „Der wilde Jäger“, Text: Julius Wolff, Leipzig, 1904 OCLC 638492041 Im Grase taut's OCLC 497775034
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1920 erhielt Nikisch von der Universität Leipzig die Ehrendoktorwürde.[3]
- Kurz nach seinem Tod erhielt ein Platz in Leipzig, in dessen unmittelbarer Nähe (Thomasiusstraße 28) Nikisch zuletzt gewohnt hatte, den Namen Nikischplatz.[4]
- 1930 wurde am Hintereingang des Gewandhauses im Musikviertel eine Nikisch-Büste von Hugo Lederer enthüllt, die heute im Foyer des Neuen Gewandhauses steht.[5]
- 1935 wurde die Straße G 82 in Berlin-Grunewald anlässlich des 80. Geburtstages des Dirigenten Arthur Nikisch nach ihm benannt.
- 1952 wurde in Wien-Penzing (14. Bezirk) die Nikischgasse nach ihm benannt.
- 1957 wurde der Arthur-Nikisch-Preis gestiftet, der letztmals 1989 verliehen wurde.
- 1971 stiftete die Stadt Leipzig den Arthur-Nikisch-Preis für junge Dirigenten.
- 1997 wurde am Nikischplatz in Leipzig ein Arthur-Nikisch-Gedenkstein eingeweiht.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- U. Harten: Nikisch, Arthur. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 128.
- Marion Brück: Nikisch, Arthur. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 257 (Digitalisat).
- Heinrich Chevalley (Hrsg.): Arthur Nikisch: Leben und Wirken. Bote & Bock, Berlin 1922, online
- Norman Lebrecht: Der Mythos vom Maestro. M&T Verlag, Zürich/St. Gallen 1992, S. 41–48, ISBN 3-7265-6027-0
- Ferdinand Pfohl: Arthur Nikisch als Mensch und Künstler, Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig, o. J. (ca. 1900)
- Ferdinand Pfohl: Arthur Nikisch: Sein Leben, seine Kunst, sein Wirken. Alster, Hamburg 1925
- Rupert Schöttle: Götter im Frack. Bibliophile Edition, Wien 2000, S. 37–46, ISBN 3-7076-0010-6
- Wolfgang Schreiber: Große Dirigenten. Piper, München 2005, S. 23–25, ISBN 3-492-04507-3
- Adolf Weißmann: Arthur Nikisch und die Berliner Philharmonischen Konzerte 1895–1920: Ein Rückblick. O. Lange, Berlin 1921
- Gedenkschrift anläßlich der 100jährigen Wiederkehr der Uraufführung der 7. Sinfonie Anton Bruckners durch Arthur Nikisch und das Gewandhausorchester am 30. Dezember 1884. Gewandhaus, Leipzig 1984
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Arthur Nikisch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Arthur Nikisch in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Nikisch, Arthur. In: Leipzig-Lexikon. Abgerufen am 18. Oktober 2017.
- Bildergalerie. In: Deutsche Fotothek. Abgerufen am 9. Januar 2018.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g Clive Unger-Hamilton, Neil Fairbairn, Derek Walters; deutsche Bearbeitung: Christian Barth, Holger Fliessbach, Horst Leuchtmann, et al.: Die Musik – 1000 Jahre illustrierte Musikgeschichte. Unipart-Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8122-0132-1, S. 140.
- ↑ a b Horst Riedel, Thomas Nabert (Red.): Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. 1. Auflage. Pro Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 23, 324, 435.
- ↑ Verzeichnis der Ehrenpromotionen. Archiv der Universität Leipzig, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 19. Oktober 2020; abgerufen am 5. November 2020 (Ordnung nach Graduierungsjahr). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Gina Klank, Gernot Griebsch: Lexikon Leipziger Straßennamen. Verlag im Wissenschaftszentrum, Leipzig 1995, ISBN 3-930433-09-5, S. 157
- ↑ a b Markus Cottin, Gina Klank, Karl-Heinz Kretzschmar, Dieter Kürschner, Ilona Petzold: Leipziger Denkmale. Sax-Verlag Beucha 1998, ISBN 3-930076-71-3, Band 1 S. 53
Personendaten | |
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NAME | Nikisch, Arthur |
ALTERNATIVNAMEN | Nikisch, Artúr |
KURZBESCHREIBUNG | ungarisch-deutscher Dirigent |
GEBURTSDATUM | 12. Oktober 1855 |
GEBURTSORT | Lébényi Szent-Miklós |
STERBEDATUM | 23. Januar 1922 |
STERBEORT | Leipzig |