Constanze Kurz – Wikipedia
Constanze Kurz (* 2. März 1974 in Ost-Berlin)[1] ist eine promovierte deutsche Informatikerin, Sachbuchautorin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC). Sie ist insbesondere auf dem Gebiet des Datenschutzes hervorgetreten.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach Kindheit und Jugend in Berlin studierte sie dort zunächst Volkswirtschaftslehre, bevor sie sich der Informatik zuwandte.[2] Nach ihrem Informatikstudium widmete sie sich der Forschung mit Schwerpunkt Überwachungstechnologie, Ethik, Datenschutz und Datensicherheit. Von 2005 bis 2011 war Kurz wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Informatik in Bildung und Gesellschaft von Professor Wolfgang Coy an der Humboldt-Universität zu Berlin.[3] Ihre Dissertation zum Thema Wahlcomputer mit dem Titel Elektronische Wahlhelfer in der Demokratie: der Status quo bei politischen Wahlen veröffentlichte sie im Jahr 2013.[4][5] Bis September 2014 war Kurz als wissenschaftliche Projektleiterin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin tätig,[6] seit Februar 2015 ist sie in Teilzeit Mitglied der Redaktion von Netzpolitik.org.[7]
Kurz engagiert sich in der Gesellschaft für Informatik (GI), dort bereits seit 2003 in der Fachgruppe Informatik & Ethik. Im Jahr 2021 wurde sie zum GI Fellow ernannt. Sie ist Mitglied im Beirat des Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung.[8][9] Im Chaos Computer Club e. V., der größten europäischen Hackervereinigung, ist sie eine ehrenamtliche Sprecherin.
Die Linksfraktion benannte Kurz als Sachverständige für die Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages.[10] Sie beriet als technische Sachverständige das Bundesverfassungsgericht anlässlich der Beschwerdeverfahren gegen Wahlcomputer, die Vorratsdatenspeicherung, zur Antiterrordatei, zum Staatstrojaner im BKA-Gesetz und zum BND-Gesetz.[11][12][13][14][15]
Sie war Mitglied der Jury des Ideenwettbewerbs „Vergessen im Internet“,[16] der von der Projektgruppe Netzpolitik des Bundesinnenministeriums bis zum 31. August 2011 durchgeführt wurde.[17] Sie engagierte sich auch in der Experten-Jury zum Aufbau des Deutschen Internet-Instituts.[18]
Im Februar 2012 war die parteilose Kurz von den Grünen für das Amt der Datenschutzbeauftragten im Land Thüringen nominiert worden,[19] verlor jedoch mit 34 der 82 gültigen Stimmen gegen den von der Regierungskoalition von CDU und SPD aufgestellten Lutz Hasse, auf den 45 Stimmen fielen.[20]
Kurz ist Herausgeberin und Autorin zahlreicher Werke (siehe unten). In ihren Blogs, Essays und in ihrer vierzehntäglichen Kolumne Aus dem Maschinenraum (2010–2019) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung[21] richtet sie die Aufmerksamkeit auf Sicherheitslücken und Monopole im Bereich der neuen Technologien und zeigt zugleich demokratische Alternativen auf.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2011 platzierte die Computerwoche Kurz auf Platz 38 der 100 „bedeutendsten Persönlichkeiten in der deutschen IT“. In diesem Ranking wurde sie – nach Martina Koederitz und Regine Stachelhaus – als drittwichtigste Frau eingeschätzt.[22]
- 2012 wurde ihr zusammen mit Frank Rieger der Werner-Holtfort-Preis für bürger- und menschenrechtliches Engagement verliehen.[23]
- 20. April 2013 Verleihung der Theodor-Heuss-Medaille durch die Theodor-Heuss-Stiftung für ihr vorbildliches demokratisches Verhalten.[24]
- 2014 Toleranzpreis der Evangelischen Akademie Tutzing in der Kategorie Zivilcourage[25]
- 15. September 2014: Im Rahmen der Initiative Wissenschaftsjahr 2014 Die Digitale Gesellschaft des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Gesellschaft für Informatik wurde sie mit der Auszeichnung Deutschlands Digitale Köpfe geehrt. Die Auszeichnung gilt jenen, die mit ihren Ideen und Projekten die digitale Entwicklung in Deutschland vorantreiben.[26]
- 19. November 2014: Sie wurde von Jury und Publikum des Magazins „Edition F“ als eine der „25 Frauen für die digitale Zukunft“ gewählt.[27]
- 1. Oktober 2021: Ernennung als GI Fellow der Gesellschaft für Informatik e. V. im Rahmen der INFORMATIK 2021.[28]
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- als Herausgeberin zusammen mit Sandro Gaycken: 1984.exe – Gesellschaftliche, politische und juristische Aspekte moderner Überwachungstechnologien. transcript, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-766-0.
- zusammen mit Debora Weber-Wulff, Christina Class, Wolfgang Coy, David Zellhöfer: Gewissensbisse: Ethische Probleme der Informatik. Biometrie – Datenschutz – geistiges Eigentum. transcript, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1221-9.
- zusammen mit Udo Thiedeke: Picknick mit Cyborgs – Ein interdisziplinäres Gespräch über die alltägliche Vernetzung. GRIN Verlag, München 2010, ISBN 978-3-640-67856-3.
- zusammen mit Frank Rieger: Die Datenfresser: Wie Internetfirmen und Staat sich unsere persönlichen Daten einverleiben und wie wir die Kontrolle darüber zurückerlangen. S. Fischer, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-10-048518-2.
- als Herausgeberin zusammen mit Andrea Knaut, Christian Kühne, Jörg Pohle, Rainer Rehak, Stefan Ullrich: Per Anhalter durch die Turing-Galaxis. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2012, ISBN 978-3-86991-697-2.
- Elektronische Wahlhelfer in der Demokratie. Der Status quo bei politischen Wahlen. Humboldt-Universität zu Berlin, Dissertation, 2013.[29]
- zusammen mit Frank Rieger: Arbeitsfrei: Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen, Riemann Verlag, München Oktober 2013, ISBN 978-3-570-50155-9.
- zusammen mit Frank Rieger: Cyberwar: Die Gefahr aus dem Netz. Wer uns bedroht und wie wir uns wehren können, C. Bertelsmann, München 2018, ISBN 978-3-570-10351-7.
Stellungnahmen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht (2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07): Beschreibung und Auswertung der Untersuchungen an NEDAP-Wahlcomputern, zusammen mit Rop Gonggrijp und Frank Rieger, 30. Mai 2007[30]
- Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 2233/07): Auswirkungen der Strafrechtsänderung des Hackerparagrafen 202c auf die Computersicherheit, zusammen mit Felix Lindner, Thorsten Schröder und Frank Rieger, 15. Juli 2008[31]
- Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08) zur Vorratsdatenspeicherung, zusammen mit Frank Rieger, 9. Mai 2009[32]
- NSA-Skandal: Kurz stellte am 29. Januar 2014 Strafanzeige gegen die Bundesregierung[33]
- Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09) zum BKA-Gesetz und zum Einsatz von Staatstrojanern, zusammen mit Dirk Engling, Thorsten Schröder und Frank Rieger, 7. Juli 2015[34]
- Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2835/17) zum BND-Gesetz und zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung, zusammen mit Dirk Engling und Rainer Rehak, 27. November 2019[35]
- Stellungnahme an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestags: Menschenrechte und politische Teilhabe im digitalen Zeitalter, zusammen mit Jens Kubieziel, Rainer Rehak und Frank Rieger, 8. Juni 2020[36]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Constanze Kurz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Videos von und über Constanze Kurz im AV-Portal der Technischen Informationsbibliothek
- Constanze Kurz bei IMDb
- Aus dem Maschinenraum – Kolumne von Constanze Kurz in der FAZ
- Früher hieß es teilen, heute raubkopieren. Esther Kogelboom, Björn Rosen: Interview mit Constanze Kurz im Tagesspiegel. 2. Oktober 2011
- Gewissensbits – Blog der Gesellschaft für Informatik unter Beteiligung Kurz’ mit Fallbeispielen zu Informatik und Ethik
- Constanze Kurz – Hackerin mit Mission. In: Berliner Morgenpost. 25. August 2010.
- neusprechfunk – Als Stimme neben Martin Haase und Kai Biermann
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Anne Will: Die Gäste im Studio. Das Erste, 3. Juli 2013, archiviert vom am 6. Juli 2013; abgerufen am 11. Oktober 2016.
- ↑ Anne Klesse: Berliner Spaziergang. Die ganze Welt besteht aus Daten. In: Berliner Morgenpost, 10. August 2008
- ↑ Webseite bei der Humboldt-Universität zu Berlin, Informatik in Bildung und Gesellschaft. Abgerufen am 23. Februar 2023.
- ↑ Dissertation im Katalog der deutschen Nationalbibliothek
- ↑ Profil auf den Seiten des Deutschen Bundestages
- ↑ Constanze Kurz. ( vom 9. Juni 2014 im Internet Archive) Eintrag bei der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
- ↑ Markus Beckedahl: In eigener Sache: Constanze Kurz verstärkt unser Team. In: netzpolitik.org, 17. Februar 2015. Abgerufen am 17. Februar 2015.
- ↑ Beirat des FIfF. In: fiff.de, abgerufen am 15. April 2013
- ↑ Leitungsgremium. Fachgruppe Informatik und Ethik, abgerufen am 7. Dezember 2023.
- ↑ Mitglieder der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft. In: bundestag.de. Archiviert vom am 13. April 2012; abgerufen am 20. Mai 2010.
- ↑ Ergebnis nach Wunsch. In: Der Spiegel, abgerufen am 2. September 2014.
- ↑ Urteil des Ersten Senats vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08 –, Bundesverfassungsgericht, abgerufen am 24. Januar 2011.
- ↑ Anhörung des Ersten Senats am 6. November 2012 – 1 BvR 1215/07, Bundesverfassungsgericht, abgerufen am 7. November 2012.
- ↑ Anhörung des Ersten Senats zum BKA-Gesetz am 7. Juli 2015 – 1 BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09, Bundesverfassungsgericht abgerufen am 18. Februar 2015.
- ↑ Anhörung des Ersten Senats zur „Strategischen Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes“ im BND-Gesetz am 14. und 15. Januar 2020 – 1 BvR 2835/17, Bundesverfassungsgericht abgerufen am 3. März 2022.
- ↑ Vergessen im Internet: Die Jury. Projektgruppe Netzpolitik des Bundesinnenministeriums, archiviert vom am 3. September 2011; abgerufen am 17. April 2011.
- ↑ Detlef Borchers: Vergessen im Netz: Mit der Vergangenheit die Zukunft kontrollieren. heise online, 13. April 2011, abgerufen am 17. April 2011.
- ↑ Fünf Konsortien erarbeiten Konzept für Deutsches Internet-Institut. BMBF, 2. Juni 2016, abgerufen am 9. April 2022.
- ↑ Elmar Otto: Hackerin trifft auf Juristen: Kampfkandidatur um Datenschutzamt. In: Thüringische Landeszeitung. 23. Februar 2012. Abgerufen am 23. Februar 2012 (original auch Ostthüringer Zeitung).
- ↑ Echte Unabhängigkeit ist in Thüringen unerwünscht. In: Die Zeit, 24. Februar 2012
- ↑ Der Hacker. FAZ.net, 19. Februar 2010, abgerufen am 29. Januar 2019.
- ↑ TOP 100 Powerfrauen. In: computerwoche.de, abgerufen am 20. Januar 2014.
- ↑ Verleihung des Werner-Holtfort-Preises 2012 und 20. Todestag von Dr. Werner Holtfort. 13. April 2021, abgerufen am 18. Oktober 2021.
- ↑ Theodor-Heuss-Preis 2013. ( vom 6. Oktober 2013 im Internet Archive) Theodor-Heuss-Stiftung
- ↑ Evangelischen Akademie Tutzing: Toleranz-Preis für Christian Wulff und Constanze Kurz ( vom 19. August 2014 im Internet Archive)
- ↑ Archivlink ( vom 10. Oktober 2014 im Internet Archive)
- ↑ Die 25 Frauen für die digitale Zukunft. In: Edition F. 19. November 2014, archiviert vom am 8. Dezember 2021; abgerufen am 5. März 2022.
- ↑ Gesellschaft für Informatik (GI): GI ernennt Prof. Dr. Oliver Deussen, Dr. Constanze Kurz, Prof. Dr. Mathias Weske und Prof. Dr. Heidi Schelhowe † zu Fellows. Abgerufen am 6. Oktober 2021 (deutsch).
- ↑ DNB 1043024018
- ↑ Beschreibung und Auswertung der Untersuchungen an NEDAP-Wahlcomputern (PDF; 2,3 MB)
- ↑ Derzeitige und zukünftige Auswirkungen der Strafrechtsänderung auf die Computersicherheit (PDF; 177 kB)
- ↑ Stellungnahme des Chaos Computer Clubs zur Vorratsdatenspeicherung ( vom 22. Dezember 2013 im Internet Archive) (PDF-Datei; 12,9 MB)
- ↑ NSA-Skandal CCC-Sprecherin stellt Strafanzeige gegen die Bundesregierung. In: heise.de
- ↑ zum BKA-Gesetz und zum Einsatz von Staatstrojanern (PDF-Datei; 120 kB)
- ↑ zum BND-Gesetz und zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung (PDF-Datei; 269 kB)
- ↑ Menschenrechte und politische Teilhabe im digitalen Zeitalter (PDF-Datei; 116 kB)
Personendaten | |
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NAME | Kurz, Constanze |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Informatikerin |
GEBURTSDATUM | 2. März 1974 |
GEBURTSORT | Berlin |