Dampfheizung – Wikipedia
Die Dampfheizung ist ein Heizungssystem, das Wasserdampf als Energieträger nutzt. Die Kondensationsenthalpie und zum geringeren Teil die thermische Energie des Dampfes und des Kondensats wird zu Heizzwecken genutzt.
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dampfheizungen werden vorwiegend für die Beheizung von industriellen Anlagen (Hallenbeheizung) verwendet, die Prozessdampf erzeugen oder über Abhitzedampfkessel verfügen. Daneben wird Dampf als Wärmeträger in vielen älteren Fernwärmenetzen eingesetzt, wobei in den Fernwärmeübergabestationen an einem Wärmeübertrager der Dampf kondensiert und die Wärme auf ein sekundäres Warmwassernetz übertragen wird. Solche Einrichtungen sind indirekt beheizte Warmwasseranlagen.
Etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Dampfheizungen auch zur Beheizung von größeren Wohngebäuden, Schulen, Krankenhäusern benutzt, sind zumindest in Deutschland und Europa wegen des geringeren Wirkungsgrades, der aufwendigeren Wartung und weniger leichten Regulierung für diese Zwecke weitgehend verschwunden, in den USA dagegen noch anzutreffen.
Wasserdampf als Heizmedium
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Verdampfungsenthalpie von Wasser unter atmosphärischen Bedingungen beträgt 2258 kJ/kg bzw. 0,627 kWh/kg. An kälteren Stellen (Oberflächentemperatur kleiner Sattdampftemperatur) kondensiert der Wasserdampf und es wird zunächst bei konstanter Temperatur (Isotherme Zustandsänderung) die Kondensationsenthalpie und im Falle weiterer Unterkühlung thermische Energie frei. Durch das Abführen des Kondensates strömt der Wasserdampf nach.
Dampfheizungen werden für die Beheizung großer Räume (Hallen, Werkstätten, Produktionsbetriebe) bevorzugt bei Betrieben eingesetzt, die Prozessdampf erzeugen. Für die Raumheizung kann Dampf mit niedrigen Drücken (etwa > 0,5 bar Überdruck), der über Dampfreduzierstationen oder durch Turbinenanzapfungen erzeugt werden kann. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung wird Elektrizität erzeugt und die Abwärme genutzt. Das Abgas kann in einem Abhitzekessel für die Dampferzeugung verwendet werden.
Die Dampfheizung besteht aus der Dampfleitung, dem Wärmeübertrager (Kondensator), dem Kondensatableiter und der Kondensatrücklaufleitung. Für die Regelung der Heizung wird ein thermostatisch gesteuertes Regelventil in der Dampfzulaufleitung oder ein Kondensatablaufregelventil („Kondensomat“) eingesetzt. Bei der Verlegung von längeren Rohrstrecken stellen sich größere Druckverluste im Rücklauf ein und kann zu einer unerwünschten Nachverdampfung in der Kondensatleitung führen. In diesen Fällen wird ein Kondensatsammelbehälter eingebaut, aus dem das Kondensat zum Speisewasserbehälter der Dampfkesselanlage zurückgepumpt wird. Alternativ kann eine Kondensathebestation verwendet werden, diese besteht aus einem Druckbehälter in den bei geöffnetem Belüftungsventil das Kondensat einströmt. Bei Erreichen des oberen Füllstandes wird das Ventil zur Umgebung geschlossen und Dampf überlagert, wenn das Ventil zur Kondensatrücklaufleitung öffnet wird Kondensat zurückgefördert. Einige Systeme, beispielsweise das Fernwärmenetz von New York City, verzichten generell auf einen Rücklauf, stattdessen wird das Kondensat der Kanalisation zugeführt. Daher stammt das typische Bild der dampfenden Gullydeckel. Als Nachteil muss immer neues Wasser aufbereitet werden, da sich Trinkwasser nicht für Dampfkessel eignet.
Je nach dem eingesetzten Dampfdruck unterscheidet man
- Niederdruckdampfheizung (abgesicherte Betriebsdrücke bis 1 bar Überdruck),
- Hochdruckdampfheizung (abgesicherte Betriebsdrücke über 1 bar Überdruck),
- Vakuumdampfheizung (Betrieb im Unterdruck)
Dampfbeheizte Eisenbahnzüge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ab etwa 1870[1] bis in die 1990er Jahre wurden Reisezugwagen häufig mittels Dampf beheizt, der bei Dampflokomotiven aus dem Lokkessel entnommen wurde, andernfalls in Heizkesseln erzeugt wurde. Rückleitungen für Kondensat oder Restdampf waren nicht üblich.
Unterschiede zwischen Dampf- und Warmwasserheizung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Vorteil der Dampfheizung gegenüber einer konventionellen Warmwasserheizung besteht in der hohen Energiedichte des Wasserdampfes, so dass gegenüber der Warmwasserbeheizung die umlaufende Masse des Wärmeträgers wesentlich geringer ist. Aufgrund der gegenüber Warmwasserheizungen höheren Vorlauftemperatur können kleinere Wärmeübertragungsflächen verwendet werden. Für den Kondensatrücklauf können Rohrleitungen mit sehr geringem Querschnitt verwendet werden.
Bei einer Warmwasserheizungsanlage wird die Enthalpiedifferenz zwischen der Vor- (T1) und Rücklauftemperatur (T2) als Wärmestrom genutzt. Der erforderliche umzuwälzende Massenstrom ergibt sich aus:
Im Fall einer Dampfheizung stellt die Kondensationsenthalpie den größten nutzbaren Wärmeanteil dar. Darüber hinaus ist die Dampftemperatur in der Regel höher als die Vorlauftemperatur von Warmwasserheizungen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Wärmekapazität von Wasserdampf nur etwa halb so groß ist wie die von Wasser. Die nutzbare Wärme ergibt sich demnach bei Verwendung von Sattdampf aus:
Beispiel
Parameter Warmwasserheizung: T1 = 100 °C und Rücklauf: T2 = 70 °C; spezifische Wärmekapazität von Wasser cp = 4,18 kJ/(kg K)
Dampfparameter: Sattdampf mit p = 10 bara und T = 180 °C; spezifische Enthalpie hD = 2777 kJ/kg, Kondensatrücklauf: T2 = 70 °C
Warmwasserheizung:
Für die Dampfheizung ergibt sich
Anhand des Beispiels wird gezeigt, dass der umlaufende Massenstrom bei der Dampfheizung um ein Vielfaches geringer ist als bei der Warmwasserheizung. Daher muss bei Einsatz der Dampfheizung keine oder nur eine sehr geringe elektrische Energie für den Betrieb von Pumpen aufgewendet werden. Die Wärmeübertragung in den Aufstellungsräumen kann durch Wärmestrahlung oder durch Gebläse erfolgen, die thermostatisch angesteuert werden.
Nachteil der Dampfheizung sind die hohen Temperaturen an den Wärmeübertragern, so dass diese immer vor direkter Berührung geschützt aufgestellt werden müssen. Ferner ist das Gefahrenpotential durch das Medium Dampf gegenüber dem praktisch ungefährlichen Warmwasser zu berücksichtigen. Somit ist der Einsatz von Dampfheizungen heutzutage in Wohngebäuden praktisch ausgeschlossen. Ein weiterer Nachteil sind Dampfschläge, die in dem Fall von Kondensatanfall bei Betriebsstillständen in der Dampfvorlaufleitung auftreten können. Die Dampfleitungen müssen daher an Tiefpunkten automatisch entwässert werden. Kalte Dampfleitungen mit Unterdruckbildung führen zu Lufteinbruch und Korrosion im Dampfnetz und können wiederum zu Fehlfunktion der Kondensatableiter führen. Daher sind Dampfheizungen wesentlich wartungsaufwändiger als Heizungsnetze mit geschlossenen Wasserkreisläufen. Die Dampfheizung ist in der Regel energetisch ungünstiger als Warmwasserheizungssystem, da diese mit niedrigeren und mit der Außentemperatur gleitenden Vorlauftemperaturen betrieben werden können. Der Warmwassererzeuger kann vorwiegend mit niedrigeren Vorlauftemperaturen und somit auch niedrigeren Abgastemperaturen gegenüber einem Dampferzeuger gefahren werden, so dass beim Warmwassererzeuger höhere Feuerungswirkungsgrade möglich sind.
Wärmeerzeuger
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Erzeugung von Wasserdampf kommen heute Großraumwasserkessel, Schnelldampferzeuger, elektrisch beheizte Dampferzeuger und Abhitzekessel von BHKW-Anlagen zur Anwendung. Welcher Dampferzeuger eingesetzt wird, hängt vielfach von den Einsatzbedingungen, den technologischen Prozessen und den Verbrauchern ab.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Heinrich Krohn: … auf der Schiene. Die Geschichte der Reisezug- und Güterwagen. Jubiläumsband der Waggonfabrik Talbot in Aachen anlässlich des 150jährigens Bestehens, Prestel, München 1988, S. 71 f.