Dynkin-System – Wikipedia
Ein Dynkin-System (manchmal auch λ-System genannt) ist ein Begriff aus der Maßtheorie, einem Teilgebiet der Mathematik. Es ist benannt nach dem russischen Mathematiker Eugene Dynkin. Sie sind in Kombination mit dem Dynkinschen π-λ-Satz ein wichtiges Hilfsmittel zur Herleitung von Eindeutigkeitsaussagen in der Maßtheorie und Stochastik (siehe Maßeindeutigkeitssatz).
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Teilmenge der Potenzmenge einer Grundmenge heißt Dynkin-System über , falls sie die folgenden Eigenschaften besitzt:[1]
- Das System enthält die Grundmenge:
- .
- Das System ist abgeschlossen unter Bildung von Komplementen:
- .
- Das System ist abgeschlossen bezüglich abzählbarer Vereinigungen paarweise disjunkter Mengen:
- disjunkt
δ-Operator
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beliebige Durchschnitte von Dynkin-Systemen über ergeben wieder ein Dynkin-System. Ist daher ein Mengensystem, dann wird durch
ein Dynkin-System definiert, genannt das von erzeugte Dynkin-System. Es ist das kleinste Dynkin-System, welches enthält. heißt Erzeuger von .
Der δ-Operator ist ein Hüllenoperator. Teilweise wird er entsprechend der Namensgebung als -System auch als -Operator notiert. Weitere alternative Bezeichnungen sind oder .
Das Dynkin-System-Argument
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Dynkin-Systemen lassen sich in vielen Fällen Aussagen über σ-Algebren relativ einfach beweisen. Sei eine Aussage, die für Mengen entweder zutrifft oder nicht. Weiter sei eine σ-Algebra mit einem durchschnittsstabilen Erzeuger , für dessen Elemente man zeigen kann. Nach dem Prinzip der guten Mengen betrachtet man nun das Mengensystem und zeigt, dass es ein Dynkin-System ist. Dann folgt wegen der Durchschnittsstabilität von einerseits , andererseits gilt aber auch und damit wegen schon .
Die definierenden Eigenschaften eines Dynkin-Systems sind oft einfacher nachzuweisen, weil bei der Abgeschlossenheit gegenüber abzählbarer Vereinigung nur Folgen von paarweise disjunkten Einzelmengen betrachtet werden müssen, während bei σ-Algebren diese Zusatzeigenschaft nicht zur Verfügung steht.
Zusammenhang mit weiteren Mengensystemen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]σ-Algebren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jede σ-Algebra ist immer auch ein Dynkin-System. Umgekehrt ist jedes durchschnittsstabile Dynkinsystem auch eine σ-Algebra. Ein Beispiel[2] für ein Dynkin-System, das keine σ-Algebra ist, ist
auf der Grundmenge . Das Mengensystem ist ein Dynkin-System, aber keine Algebra (da nicht schnittstabil) und damit auch keine σ-Algebra.
Es gilt außerdem der dynkinsche π-λ-Satz: Ist ein durchschnittsstabiles Mengensystem, so stimmen die von erzeugte σ-Algebra und das von erzeugte Dynkin-System überein.
Monotone Klassen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dynkin-Systeme lassen sich auch über monotone Klassen definieren: Ein Mengensystem ist genau dann ein Dynkin-System, wenn eine monotone Klasse ist, welche die Obermenge enthält und in der für beliebige Mengen mit auch gilt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christian Hesse: Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie. 1. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-03183-2, S. 20–21, doi:10.1007/978-3-663-01244-3.
- Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 6., korrigierte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9, doi:10.1007/978-3-540-89728-6.
- Heinz Bauer: Maß- und Integrationstheorie. 2., überarbeitete Auflage. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1992, ISBN 3-11-013626-0.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Heinz Bauer: Maß- und Integrationstheorie. 1992, ISBN 3-11-013626-0, S. 7, Def. 2.1.
- ↑ Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, S. 4, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.