Ellerlinge – Wikipedia
Ellerlinge | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Orangefarbener Wiesenellerling | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Cuphophyllus | ||||||||||||
(Donk) Bon |
Die Ellerlinge (Cuphophyllus, syn. Camarophyllus ss. auct. non ss. str. und Hygrocybe subgen. Cuphophyllus) sind eine Pilzgattung aus der Familie der Wachsblättler (Schnecklingsverwandte).
Die Typusart ist der Orangefarbene Wiesen-Ellerling (Cuphophyllus pratensis).[1]
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Makroskopische Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ellerlinge bilden relativ kleine bis mittelgroße, überwiegend unscheinbar gefärbte, in Hut und Stiel gegliederte Fruchtkörper. Die konvexen Hüte biegen sich an den Rändern mit zunehmendem Alter nach oben. Im Gegensatz zu den meist stark schleimigen Schnecklingen besitzen sie trockene Hut- und Stieloberflächen. Lediglich die Hüte des Glasigweißen Ellerlings und weiterer, seltener oder atypischer Arten, sind bei feuchter Witterung leicht klebrig. Die glatten Oberflächen fühlen sich oft fettig an und wechseln bei Durchfeuchtung ihre Farbe (Hygrophanität). Die wie das Fleisch glas- bis wachsartigen Lamellen stehen fast entfernt oder entfernt. Sie sind am Stiel breit angewachsen oder herablaufend und häufig durch Queradern (Anastomosen) miteinander verbunden. Ein Velum ist nicht vorhanden. Das Sporenpulver ist weiß, die Farbreaktion mit Iod ist negativ.
Mikroskopische Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Hilfe des Mikroskops kann die Gattung anhand der Lamellentrama identifiziert werden: Sie ist irregulär aufgebaut. Schnecklinge haben dagegen eine bilaterale, Saftlinge eine reguläre Lamellentrama.
Ökologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ellerlinge bewohnen in Mitteleuropa wie die Saftlinge (Hygrocybe) meist Grasland, vor allem nährstoffarme Wiesen, Weiden und Trockenrasen. Sie sind Saprobionten, eventuell auch Symbionten mit Pflanzen. Die meisten Arten haben sich auf magere, häufig auch recht trockene Standorte spezialisiert und reagieren empfindlich auf intensive Beweidung und (insbesondere mineralische) Düngung.
Gefährdung und Nutzung als Indikator für schutzwürdige Habitate
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ellerlinge sind im Allgemeinen Bewohner nährstoffarmer Graslandschaften, durch Umwandlung von Trockenrasen und nährstoffarmen Weiden in ertragreiches Grünland sowie den Eintrag von Nährstoffen aus der Luft oder von angrenzenden Agrarflächen sind viele Arten in Mitteleuropa in ihrem Bestand gefährdet.
Ellerlinge werden zusammen mit anderen wiesenbewohnenden Pilzgattungen für die Bewertung des Schutzstatus von Offenlandhabitaten eingesetzt. Hierfür wird der Artenreichtum der sogenannten CHEGD-Pilze (Vertreter der Clavariaceae mit den Gattungen der Keulchen – Clavaria, Wiesenkeulen – Clavulinopsis und Wiesenkorallen – Ramariopsis, Vertreter der Saftlinge im weitesten Sinn, Gattung Hygrocybe inklusive der Ellerlinge, der Rötlinge – Entoloma, der Erdzungen im weitesten Sinn, Gattungen Geoglossum, Trichoglossum, Microglossum etc. sowie der Wiesenritterlinge im weiten Sinn – Gattungen Dermoloma, Hodophilus, Porpoloma im alten, weiten Sinn) erhoben und für die Einstufung verwendet.[2] Ein vereinfachtes System wendet hierfür nur den Artenreichtum von Saftlingen im weitesten Sinn an.[3] Flächen mit insgesamt 17–32 Saftlingsarten im weitesten Sinn bzw. während einer einzigen Kontrolle mit 11–20 Arten sind naturschutzpolitisch von nationaler Bedeutung, von regionaler Bedeutung sind Flächen mit 9–16 (während einer Begehung 6–10) Arten, von lokaler Bedeutung solche mit 4–8 (3–5) Arten, während Flächen mit nur noch 1–3 Arten eher unbedeutend sind.[3][4]
Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gattung umfasst in Europa rund 20 Arten:[5]
Ellerlinge (Cuphophyllus) in Europa |
- Dattelbrauner Ellerling
Cuphophyllus colemannianus - Violettgrauer Ellerling
Cuphophyllus lacmus - Ockerblasser Jungfern-Ellerling
Cuphophyllus ochraceopallida - Orangefarbener Wiesenellerling
Cuphophyllus pratensis - Juchten-Ellerling
Cuphophyllus russocoriaceus - Jungfern-Ellerling
Cuphophyllus virgineus
Systematik und Nomenklatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ellerlinge stehen innerhalb der Familie der Wachsblättler (Hygrophoraceae) weit entfernt von den Saftlingen im engen Sinn und den Schnecklingen (Hygrophorus). Die zwischenzeitlich vorgenommene Eingliederung der Ellerlinge in die Gattung der Saftlinge[4] hat sich molekular nicht bestätigt.[6][7] Der provisorisch als "cuphopylloid grade"[6] bezeichnete Klade im Stammbaum der Wachsblättler verdient den Status einer eigenen Unterfamilie. Da aber die Auflösung der aktuellen Stammbäume vor allem im Vergleich mit weiteren Gattungen der Wachsblättler wie zum Beispiel der Keulenfußtrichterlinge (Ampulloclitocybe) oder Cantharocybe noch nicht gesichert genug ist, wurde keine eigene Unterfamilie beschrieben.[6] Die Ähnlichkeit der Fruchtkörper mit denen der Saftlinge ist nur oberflächlicher Natur. So unterscheiden sie sich beispielsweise anatomisch im Bereich der Lamellentrama deutlich.[6]
Der früher verwendete Gattungsname Camarophyllus war eine Fehldeutung, da die Typusart der Gattung Camarophyllus, Agaricus camarophyllus[8], der Gattung der Schnecklinge als Hygrophorus camarophyllus angehört.[1]
Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ellerlinge sind aus naturschutzfachlicher Sicht als Indikatoren für nährstoffarme und weitgehend ungestörte Wiesen- und Trockenrasengesellschaften wertvoll. Auch wenn einige Arten essbar wären, sind alle Ellerlinge in Deutschland nach der Bundesartenschutzverordnung geschützt und dürfen nicht gesammelt werden.[9]
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- David Boertmann: The genus Hygrocybe. Fungi of Northern Europe. Vol. 1. Svampetryk, Geve (Dänemark). 1995. ISBN 8-7983-5811-1.
- Massimo Candusso: Hygrophorus s.l. Fungi Europaei. Vol. 6. 1997. Libreria Basso, Alassio (Italien).
- Ewald Gerhardt: BLV Handbuch Pilze. 3. Aufl. BLV Verlag, München. 2002. ISBN 3-4051-4737-9.
- German Josef Krieglsteiner (Hrsg.), Andreas Gminder: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 3: Ständerpilze. Blätterpilze I. Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3536-1.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Marcel Bon: Le genre Cuphophyllus (Donk) st. nov. In: Documents Mycologiques Volume 14(56). Société mycologique du Nord de la France. 1984. Seite 10.
- ↑ Griffith GW, Gamarra JGP, Holden EM, Mitchel D, Graham A, Evans DA, Evans SE, Aron C, Noordeloos ME, Kirk PM, Smith SLN, Woods RG, Hale AD, Easton GL, Ratkowsky DA, Stevens DP and Halbwachs H: The international conservation importance of Welsh ‘waxcap’ grasslands. In: Mycosphere. Band 4, Nr. 5, 2013, S. 969–984, doi:10.5943/mycosphere/4/5/10 (mycosphere.org [PDF; abgerufen am 1. Dezember 2020]).
- ↑ a b Vesterholt J, Boertmann D, Tranberg H: et usaedvanlig godt ar for overdrevssvampe. In: Svampe. Band 40, 1999, S. 36–44.
- ↑ a b Boertmann, David.: The genus Hygrocybe. D. Boertmann, København N., Denmark 1995, ISBN 87-983581-1-1.
- ↑ Erhard Ludwig: Beschreibungen. Die übrigen Gattungen der Agaricales mit weißem Sporenpulver. In: Pilzkompendium. Band 3. Fungicon, Berlin 2012, ISBN 978-3-940316-03-5.
- ↑ a b c d D. Jean Lodge, Mahajabeen Padamsee, P. Brandon Matheny, M. Catherine Aime, Sharon A. Cantrell, David Boertmann, Alexander Kovalenko, Alfredo Vizzini, Bryn T. M. Dentinger, Paul M. Kirk, A. Martyn Ainsworth, Jean-Marc Moncalvo, Rytas Vilgalys, Ellen Larsson, Robert Lücking, Gareth W. Griffith, Matthew E. Smith,Lorelei L. Norvell, Dennis E. Desjardin, Scott A. Redhead, Clark L. Ovrebo, Edgar B. Lickey, Enrico Ercole, Karen W. Hughes, Régis Courtecuisse, Anthony Young, Manfred Binder, Andrew M. Minnis, Daniel L. Lindner, Beatriz Ortiz-Santana, John Haight, Thomas Læssøe, Timothy J. Baroni, József Geml,,& Tsutomu Hattori: Molecular phylogeny, morphology, pigment chemistry and ecology in Hygrophoraceae (Agaricales). In: Fungal Diversity. Band 64, 2013, S. 1–99.
- ↑ P. Brandon Matheny, Valérie Hofstetter, M. Catherine Aime, Jean-Marc Moncalvo, Zai-Wei Ge, Zhu-Liang Yang, Jason C. Slot, Joseph F. Ammirati, Timothy J. Baroni, Neale L. Bougher, Karen W. Hughes, D. Jean Lodge, Richard W. Kerrigan, Michelle T. Seidl, Duur K. Aanen, Matthew DeNitis, Graciela M. Daniele, Dennis E. Desjardin, Bradley R. Kropp, Lorelei L. Norvell, Andrew Parker, Else C. Vellinga, Rytas Vilgalys, David S. Hibbett: Major clades of Agaricales: a multilocus phylogenetic overview. Abschnitt Hygrophoroid clade (III), 3. Absatz. Mycologia 98(6). 2006. S. 982–995.
- ↑ MycoBank: Camarophyllus. Abgerufen am 1. Dezember 2020.
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Mykologie: Die Positivliste der Speisepilze. 20. Juni 2019, abgerufen am 3. August 2020.