Geraer Dialog/Sozialistischer Dialog – Wikipedia

Geraer Dialog/Sozialistischer Dialog (GD/SD) ist eine Strömung innerhalb der Partei Die Linke. Ihr Name geht auf den Geraer PDS-Parteitag im Oktober 2002 zurück. Dort konnten sich erstmals die linken Kräfte in der PDS durchsetzen. Bereits kurz nach dem Parteitag benannte sich die Interessengemeinschaft in Sozialistischer Dialog um. Zum 31. Dezember 2014 hatte DIE LINKE etwa 60 550 Mitglieder. Davon gehörten knapp 4 000 derartigen Strömungen und Netzwerken an.[1] Laut Verfassungsschutzbericht 2017 gibt es keine gesicherten Mitgliederzahlen.[2] Sie wird als eine der kleineren Zusammenschlüsse innerhalb der Linkspartei bezeichnet.[3][4]

Als sich innerhalb der Partei immer mehr abzeichnete, dass der realpolitische Flügel in Form des Netzwerks Reformlinke, der nach Auffassung des Geraer Dialogs für eine Abkehr vom Marxismus und für die soziale Marktwirtschaft steht, wieder eine Mehrheit in der Partei erlangen könnte, gründete sich als Reaktion darauf am 1. Februar 2003 in Berlin der Geraer Dialog.[5] Anschließend formierte sich im selben Monat das Netzwerk Reformlinke. Die damalige Bundestagsabgeordnete der PDS Sylvia-Yvonne Kaufmann, die seit 2009 der SPD angehört, bezeichnete die Gründung des Geraer Dialogs als „Schritt vorwärts in die Vergangenheit“.[6]

Politischer Einfluss

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Trotz zahlreicher Bemühungen und regen Mitgliederzustroms war der Geraer Dialog beim Berliner Sonderparteitag (auch bekannt als Tempodrom-Parteitag) am 28. Juni 2003 einflusslos, der realpolitische Flügel konnte sich besser durchsetzen.[7][8] Infolgedessen wurden einige Vertreter des eher linken Flügels nicht wieder in den neuen Parteivorstand gewählt.

Nach diesem Debakel und dem verabschiedeten Parteiprogramm Ende 2003 gab es innerhalb des Geraer Dialogs eine rege Diskussion, wie es weitergehen solle. Zum einen benannte sich der Geraer Dialog in Sozialistischer Dialog/Geraer Dialog um, zum anderen setzte die Strömung nun auch darauf, mehr nach außen zu arbeiten und nicht nur in die PDS hinein. Infolge dieser Debatten kam es zu zahlreichen Austritten aus der PDS und dem Sozialistischen Dialog, weil viele das Projekt Linkspartei als sozialistische Partei als gescheitert betrachteten.[9]

Anschließend stabilisierte sich der Sozialistische Dialog und beteiligte sich aktiv an einem möglichst linken Parteineubildungsprogramm mit der WASG. Heute ist der Sozialistische Dialog/Geraer Dialog ein anerkannter innerparteilicher Zusammenschluss in der Partei Die Linke.

Einschätzung der Verfassungsschutzbehörde

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz bezeichnet im Bericht 2008 den GD/SD als „Sammelbecken der extremistischen Kräfte“ in der Partei Die Linke. Konkret begründet wird diese Einschätzung mit der Mitgliederversammlung am 9. Februar 2008 in Kassel, welche beschloss, sich inhaltlich streitbar für den Marxismus einzusetzen.[10] Im Verfassungsschutzbericht 2014 steht: „Der Geraer/Sozialistischer Dialog setzt sich für eine Stärkung und Verbreitung der marxistisch-sozialistischen Positionen in der Partei ein und fordert einen grundlegenden Richtungswechsel gesellschaftlicher Entwicklung hin zum Sozialismus“.[11] Die Berichte in den darauffolgenden Jahren enthalten ähnliche Bemerkungen.

Der Geraer Dialog ist jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet worden, wie auch eine Reihe einzelner Parteimitglieder oder Abgeordneter.[12] Es wird angenommen, dass DIE LINKE das Ziel der „revolutionären Überwindung des Kapitalismus und die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft“ nie aus den Augen verloren hat[13] und ein „Sammelbecken extremistischer Kräfte“ sei.[14] Angesichts derartiger Bedenken sah sich in Thüringen ein Beamter außer Stande, unter dem der Partei DIE LINKE angehörenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow weiter als Beamter tätig sein zu können.[15]

  1. Günter Hayn: Partei der Funktionäre. In: DAS BLÄTTCHEN. 22. Juni 2015, abgerufen am 26. August 2015.
  2. Verfassungsschutzbericht 2017. In: verfassungsschutz.de. Bundesamt für Verfassungsschutz, S. 158, archiviert vom Original am 26. Juli 2018; abgerufen am 14. Juni 2019.
  3. Red Alert: Extremists Have Infiltrated Germany's Left Party, Authorities Warn. In: Spiegel Online. 14. Mai 2008, abgerufen am 14. Juni 2019 (englisch).
  4. Verfassungsschutz: Geheimdienst beobachtet 25 Linken-Abgeordnete. In: Spiegel Online. 2. Juni 2013, abgerufen am 14. Juni 2019.
  5. Wolfgang Hübner: Gera als Weltanschauung – Die Parteilinke versucht sich zu organisieren. Februar 2003, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 26. August 2015.
  6. Sylvia-Yvonne Kaufmann: Gründungstreffen des Netzwerkes Reformlinke in und bei der PDS. 16. Februar 2003, abgerufen am 26. August 2015.
  7. Ekkehard Lieberam: PDS im Tempodrom – Zurück hinter Gera. In: SoZ – Sozialistische Zeitung. August 2003, abgerufen am 26. August 2015.
  8. Robin Alexander: PDS doch nicht gegen Rot-Rot. In: taz. 30. Juni 2003, abgerufen am 26. August 2015.
  9. Neustart mit alten Herren. In: unsere zeit – Zeitung der DKP. 4. Juli 2003, archiviert vom Original am 23. September 2015; abgerufen am 26. August 2015.
  10. Verfassungsschutzbericht von 2008 (Vorabversion) (Memento vom 12. Juni 2009 im Internet Archive) S. 149.
  11. Verfassungsschutzbericht 2014. Bundesministerium des Innern, S. 191, archiviert vom Original am 14. Juli 2015; abgerufen am 26. August 2015.
  12. Tilman Steffen: Linke: Eine Partei unter Beobachtung. In: Die Zeit. 23. Januar 2012, abgerufen am 26. August 2015.
  13. Peter Carstens: Linkspartei und Verfassungsschutz – „Die DDR ist unsere Zukunft“. In: FAZ.net. 24. Januar 2012, abgerufen am 26. August 2015.
  14. Jochen Traut: Wohlstand in der DDR. In: Cicero. 17. September 2008, abgerufen am 26. August 2015.
  15. Eike Kellermann: Beamter trotzt Linken-Regierungschef Ramelow – „Mein Eid ist verletzt“. In: Der Tagesspiegel. 8. April 2014, abgerufen am 26. August 2015.