Gerhard Kumleben – Wikipedia

Gerhard Franz Kumleben, auch Francis Gérard-Kumleben, (* 29. August 1901 in Alt-Rahlstedt bei Hamburg; † 1. August 1974 in Meudon bei Paris)[1] war ein deutsch-französischer Journalist, politischer Aktivist und Autor.

Kumleben, der um 1920 in Wandsbek lebte,[2] war 1925 „Kandidat des höheren Lehramts“.[3] In den 1920er- und 1930er-Jahren war er Aktivist des Internationalen Sozialistischen Kampfbunds (ISK). 1930 rekrutierte er in England Mitglieder für die Socialist Vanguard Group (SVG).[4] Er betätigte sich als Übersetzer[5] und schrieb Artikel u. a. über Themen wie Klassenjustiz und Arbeitsplatz-Probleme[6] für verschiedene Zeitschriften wie Die Weltbühne,[7] isk – Zeitschrift des Internationalen Sozialistischen Kampf-Bundes und Sozialistische Warte und verfasste eine Reihe von Broschüren und Büchern – teilweise unter dem Pseudonym François Girard. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 emigrierte er nach Frankreich und lebte bei Nora Platiel, Eva und Hans Lewinski[8] in der Pariser Arbeitervorstadt Malakoff.[9] Aus der Beziehung mit Nora Platiel ging der gemeinsame Sohn Roger hervor.[10]

Kumleben war für den ISK in Frankreich als Journalist und Agitator tätig.[11][12] Nach dem Ende der Besatzung Frankreichs durch das NS-Regime war er Sekretär des Comité français pour la fédération européenne (CFFE), einer Organisation, die den europäischen Föderalismus förderte; 1945 betrieb er die Umwandlung des CFFE in das Comité international pour la Fédération européenne (CIFE).[13]

Nach Kriegsende setzte er von Paris aus – z. T. als Francis Gérard-Kumleben – seine publizistische Tätigkeit in der Bundesrepublik fort, u. a. in einer „soziologischen Betrachtung der Atomphysik“,[14] erschienen in Die Umschau. Internationale Revue. Ferner schrieb er 1949 für Dolf Sternbergers Zeitschrift Die Wandlung.[15] und Aussenpolitik, Zeitschrift für internationale Fragen. Im Mai 1948 nahm er als Syndikalist für Frankreich am Congress of Europe in Den Haag teil.[16] Für den Rundfunk in Westdeutschland kommentierte er aus Paris europäische Probleme sowie die Arbeit der Nationalversammlung.[17] In den 1960er-Jahren war er Directeur de la Redaction Technique der Zeitschrift Industries Atomiques.[18]

Werke (Auswahl)

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  • Arbeiterkinder und höhere Schulen in Hamburg. In: ISK 1 (11), S. 186–188
  • Gerhard Kumleben (Hrsg.): Jakob Friedrich Fries: 'The Philosophical Theory of Right (1927)[19]
  • The Just State, Manchester: Public Life, 1927
  • Politics of Reason. No. 1 The Just State. London, International Publishing Company, 1927
  • The workers' case for free trade. London Intern. Publishing Co. 1932.
  • François Gerard: Um die Diktatur des Proletariats. Das ratlose Büro der II. Internationale. In: Sozialistische Warte 1/3, Juli 1934
  • Le Gouvernement du Front Populaire et la paix!. London, Societe d'Editions Internationales. 1936.
  • François Girard: La Republique Socialiste. Ni Democratie, ni Autocratie. London, Societe d'Editions Internationales. 1935.
  • François Girard: Les congregations economiques, voila l'ennemi! Propositions pour une adjonction au programme du Front Populaire. London, Societe d'Editions Internationales. 1936.
  • Katholizismus und Arbeiterschaft in England.
  • François Girard: La federazione europea e il socialismo (il problema come e veduto dal socialismo americano), PSI, Quaderni d'attualita 3, (März) 1945. Ginzburg, Leone, Scritti, Turin 1964.
  • Gérard Kumleben: Afrika in Strassburg. [Anlässlich einer Erklärung Senghors in der Beratenden Versammlung des Europa-Rats]. In: Cahiers de Bruges. Collège d'Europe, 1955

Einzelnachweise

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  1. Sterberegister des Standesamtes Meudon (Hauts-de-Seine) Nr. 012546.
  2. Hans Vaihinger, Max Scheler, Max Frischeisen-Köhler, Arthur Liebert, Paul Menzer: Kant-Studien: philosophische Zeitschrift, Bände 23–24, W. de Gruyter, 1919
  3. Verhandlungen, Bände 1–4 Frontcover L. Friederichsen & Co., 1925
  4. J. M. Ritchie: German-speaking Exiles in Great Britain. 2001, S. 59.
  5. Etwa Abhandlungen der Fries'schen Schule. Verlag Öffentliches Leben, 1929
  6. Aiga Seywald: “Die” Presse der sozialen Bewegungen: 1918-1933; Linksparteien, Gewerkschaften, Arbeiterkulturbewegung, Anarchismus, Jugendbewegung, Friedensbewegung, Lebensreform, Expressionismus ; kommentiertes Bestandsverzeichnis deutschsprachiger Periodika im Institut zur Erforschung der Europäischen Arbeiterbewegung (Bochum), im Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund und im Fritz-Hüser-Institut für Deutsche und Ausländische Arbeiterliteratur der Stadt Dortmund. Klartext Verlag, 1994.
  7. Die Weltbühne, Bände 16–28. Athenäum Verlag, 1978
  8. Sabine Lemke-Müller: Ethik des Widerstands: der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) gegen den Nationalsozialismus: Quellen und Texte zum Widerstand aus der Arbeiterbewegung 1933-1945. J.H.W. Dietz, 1996.
  9. Helga Haas-Rietschel, Sabine Hering: Nora Platiel: Sozialistin - Emigrantin - Politikerin. Eine Biographie. Köln 1989 ISBN 3-7663-2127-7
  10. Neue deutsche Biographie, Band 20. Bayerische Akademie der Wissenschaften. Historische Kommission Duncker und Humblot, 2001
  11. Klaus Böhme, Walter Mühlhausen: Hessische Streiflichter: Beiträge zum 50. Jahrestag des Landes Hessen. Eichborn Verlag Ag, 1995.
  12. Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung: BZG., Band 37, Dietz Verlag, 1995, S. 39
  13. https://www.pressefederaliste.eu/Albert-Camus-et-le-Comite-francais-pour-la-Federation-europeenne
  14. Zitat nach: Geist und Zeit, 1960
  15. Betrachtungen zu einem Buch von Raymond Aron, In: Die Wandlung - Band 4, Ausgaben 1–6, 1949, Seite VI
  16. Jean-Michel Guieu, Christophe Le Dréau: Hague "Congress of Europe" (1948-2008). 2009
  17. Heribert Schwan: Der Rundfunk als Instrument der Politik im Saarland 1945-1955. Spiess, 1974
  18. American Nuclear Society: Directory. 1967, Seite 93.
  19. Der Bestand Leonard Nelson im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999