Halogene – Wikipedia

   Halogene   
Gruppe 17
Hauptgruppe 7
Periode
2 9
F
3 17
Cl
4 35
Br
5 53
I
6 85
At
7 117
Ts

Die Halogene [halogeːnə] („Salzbildner“, von altgriechisch ἅλς hálsSalz“ und γεννᾶν gennãn „erzeugen“) bilden die 7. Hauptgruppe oder nach neuer Gruppierung des Periodensystems die Gruppe 17 im Periodensystem der Elemente, die aus folgenden sechs Elementen besteht: Fluor, Chlor, Brom, Iod, dem äußerst seltenen radioaktiven Astat und dem 2010 erstmals künstlich erzeugten, sehr instabilen Tenness[1]. Die Gruppe der Halogene steht am rechten Rand des Periodensystems zwischen den Chalkogenen (6. Hauptgruppe) und Edelgasen (8. Hauptgruppe). Die Namensgebung dieser Gruppe geht auf Jöns Jakob Berzelius zurück, der die Bezeichnung corpora halogenia vorschlug.[2]

Diese Nichtmetalle sind im elementaren Zustand sehr reaktionsfreudig (Fluor kann unter Feuererscheinung reagieren), farbig und reagieren mit Metallen zu Salzen (Namensherkunft) und mit Wasserstoff unter Normalbedingung zu Halogenwasserstoffen (gasförmige, einprotonige Säuren).

Fluor, Chlor, Brom und Iod spielen wichtige Rollen in Chemie, Biologie und Medizin. Astat dient in organischen Verbindungen in der Nuklearmedizin zur Bestrahlung von bösartigen Tumoren.[3]

Vorkommen

Kochsalzkristalle

Halogene kommen in der Natur vor allem als einfach negativ geladene Anionen in Salzen vor. Das zugehörige Kation ist meist ein Alkali- oder Erdalkalimetall, insbesondere die Natriumsalze der Halogene sind häufig anzutreffen. Aus diesen können dann die Halogene mittels Elektrolyse gewonnen werden. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Halogenide ist im Meerwasser gelöst.

Wichtige Halogenid-Verbindungen:

Im Gegensatz zu den anderen Halogenen kommt Iod auch in der Natur als Iodat vor. Astat, das seltenste natürlich vorkommende Element, ist Zwischenprodukt der Uran- und Thoriumzerfallsreihen. Die Gesamtmenge in der Erdkruste beträgt lediglich 25 g.

Gewinnung der Reinelemente

Fluorgas F2 lässt sich nur durch elektrochemische Vorgänge gewinnen, da es kein Element und keine Verbindung gibt, die ein größeres Redox-Potential als Fluor hat und dieses oxidieren könnte (Oxidation, weil Elektronenabgabe von 2 F zu F2, andere Halogene analog).

Alle anderen Halogene lassen sich neben der elektrochemischen Darstellung (z. B. Chloralkalielektrolyse) auch mit Oxidationsmittel wie MnO2 (Braunstein), KMnO4 (Kaliumpermanganat) herstellen.

Eine weitere Möglichkeit zur Gewinnung von Brom oder Iod ist das Einleiten von Chlorgas als Oxidationsmittel in konzentrierte Bromid- bzw. Iodidlösungen:

Hier sei zur Gewinnung von Chlor auch das Deacon-Verfahren erwähnt (Redoxreaktion von Salzsäuregas mit Luft als Oxidationsmittel zu Wasser und Chlorgas):

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Die vier stabilen Halogene: Ihre Farbigkeit nimmt von Fluor bis Iod zu
Halogen Molekül Struktur Modell d(X–X) / pm
(Gasphase)
d(X–X) / pm
(Feststoff)
Fluor F2 143 149
Chlor Cl2 199 198
Brom Br2 228 227
Iod I2 266 272

Elementare Halogene sind farbige, leicht flüchtige bis gasförmige Substanzen, die in Wasser löslich sind (Fluor reagiert). Ihre Farbintensität, Siedepunkte und Dichte nehmen mit der Ordnungszahl zu. Sie liegen in Form von zweiatomigen Molekülen der Form X2 vor (z. B. F2 und Cl2) und sind daher Nichtleiter (Isolatoren).

Element Fluor Chlor Brom Iod
Schmelzpunkt (1013 hPa)[4] 53,53 K
(−219,62 °C)
171,6 K
(−101,5 °C)
265,8 K
(−7,3 °C)
386,85 K
(113,70 °C)
Siedepunkt (1013 hPa)[4] 85,15 K
(−188 °C)
238,5 K
(−34,6 °C)
331,7 K
(58,5 °C)
457,2 K
(184 °C)
Kritischer Punkt[4]
  • 144,41 K
    (−128,74 °C)
  • 5,1724 MPa
  • 416,9 K
    (143,8 °C)
  • 7,991 MPa
  • 588 K
    (315 °C)
  • 10,34 MPa
  • 819 K
    (546 °C)
  • 11,7 MPa
Tripelpunkt[4]
  • 53,48 K
    (−219,67 °C)
  • 90 kPa
  • 265,90 K
    (−7,25 °C)
  • 5,8 kPa
  • 386,65 K
    (113,5 °C)
  • 12,1 kPa
Dichte (0 °C, 1013 hPa)[4] 1,6965 kg/m3 3,215 kg/m3 3,12 g/cm3 4,94 g/cm3
Atommasse 18,998 u 35,45 u 79,904 u 126,904 u
Elektronegativität 4,0 3,16 2,96 2,66
Struktur Kristallstruktur von Neon
Kristallsystem kubisch orthorhombisch orthorhombisch orthorhombisch

Chemische Eigenschaften

Halogene sind sehr reaktionsfreudige Nichtmetalle, da ihnen nur noch ein einziges Valenzelektron zur Vollbesetzung der Valenzschale fehlt. Da die Halogen-Halogen-Bindung nicht sehr stabil ist, reagieren auch Halogenmoleküle heftig. Die Reaktivität nimmt, wie die Elektronegativität, von Fluor zu Iod ab. Gleichzeitig steigt die 1. Ionisierungsenergie nach oben hin an. Die Eigenschaften von Astat sind jedoch größtenteils unerforscht, wahrscheinlich ist es aber aus chemischer Sicht dem Iod sehr ähnlich.

  • Halogene reagieren mit Metallen unter Bildung von Salzen, was ihnen ihren Namen einbrachte.
Beispiel: Bildung von Kochsalz (NaCl):
Beispiel: Chlorknallgasreaktion:
Chlor reagiert mit Wasser zu Chlorwasserstoff und Hypochloriger Säure.
Ebenso reagiert Brom mit Wasser zu Bromwasserstoff und Hypobromiger Säure.
Iod ist kaum löslich in Wasser und reagiert nicht.
  • Die Halogene sind von Iod zu Fluor zunehmend giftig.

Verwendung

In der organischen Chemie werden sie zur Synthese von Halogenverbindungen verwendet. Das Verfahren wird allgemein als Halogenierung bezeichnet.

Durch Zugabe von Halogenen in Glühlampen wird durch den Wolfram-Halogen-Kreisprozess deren Lebensdauer und Lichtausbeute erhöht. Man spricht dann auch von Halogenlampen.

Verbindungen

Halogenide

Kupfer(I)-iodid, ein aus Kupfersulfat-Lösung und Natriumiodid synthetisierbares Präparat (wasserunlöslich)

Ionische Halogenverbindungen wie z. B. die Fluoride, Chloride, Bromide und Iodide sind salzartige Stoffe. Dementsprechend haben sie hohe Schmelzpunkte, sind spröde und elektrische Nichtleiter außer in Schmelze und Lösung. Die meisten Halogenide sind wasserlöslich (wie z. B. Kochsalz, Natriumchlorid. Wasserunlöslich sind Blei-, Quecksilber- und Silberhalogenide (siehe Salzsäuregruppe) sowie Kupfer(I)-halogenide. Viele Halogenide kommen in der Natur in Form von Mineralien vor.

Halogenwasserstoffe

Halogensauerstoffsäuren

Mit Ausnahme von Fluor, dessen einzige Sauerstoffsäure die instabile Hypofluorige Säure ist, bilden die Halogene vier Arten von Sauerstoffsäuren, die wie folgt benannt werden:

Die Säurestärke wächst mit steigender Zahl der Sauerstoffatome, ebenso die oxidierende Wirkung. Die meisten Sauerstoffsäuren der Halogene sind sehr instabil und zersetzen sich exotherm.

Interhalogenverbindungen

Cl ClF, ClF3, ClF5
Br BrF, BrF3, BrF5 BrCl
I IF, IF3, IF5, IF7 ICl, (ICl3)2 IBr, IBr3
F Cl Br

Interhalogenverbindungen sind Verbindungen der Halogene untereinander. Es gibt folgende Arten (Y ist das elektronegativere Element):

  • XY: alle möglichen Kombinationen existent
  • XY3: X ist Iod oder Y ist Fluor
  • XY5: Y ist immer Fluor
  • XY7: nur IF7 bekannt

Interhalogenverbindungen sind bei Standardbedingungen instabil oder äußerst reaktiv.

Es existieren auch Interhalogenidionen wie beispielsweise BrF6 und IF6. Auch Sauerstoffsäurehalogenide wie z. B. Perchlorylfluorid ClO3F oder Iodoxipentafluorid IOF5 sind bekannt.

Siehe auch

Literatur

Wiktionary: Halogen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Salzbildner – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Spiegel Online: Ordnungszahl 117, Physiker erzeugen neues chemisches Element
  2. Chemische Nomenclatur nach Berzelius. In: Pharmaceutisches Central-Blatt. Band 1, 1830, S. 4.
  3. M. J. Willhauck, B. R. Samani, I. Wolf, R. Senekowitsch-Schmidtke, H. J. Stark, G. J. Meyer, W. H. Knapp, B. Göke, J. C. Morris, C. Spitzweg: The potential of 211Astatine for NIS-mediated radionuclide therapy in prostate cancer. In: Eur. J. Nucl. Med. Mol. Imaging. 35. Jahrgang, Nr. 7, Juli 2008, S. 1272–1281, doi:10.1007/s00259-008-0775-4, PMID 18404268.
  4. a b c d e P. Häussinger, R. Glatthaar, W. Rhode, H. Kick, C. Benkmann, J. Weber, H.-J. Wunschel, V. Stenke, E. Leicht, H. Stenger: Noble Gases. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH, Weinheim 2006 (doi:10.1002/14356007.a17_485).