Harnstoffharz – Wikipedia

Harnstoffharze sind nach DIN 7728 Aminoplaste (Kunststoffe), welche als Kondensationsprodukte aus Harnstoff (bzw. Harnstoffderivaten) und Aldehyden (insbesondere Formaldehyd) hergestellt und chemisch bzw. thermisch ausgehärtet werden können.

Die Harnstoff-Formaldehyd-Harze werden kurz als UF-Harze (von engl. urea = Harnstoff) bezeichnet.[1]

Technisch erfolgt die Herstellung von UF-Harzen in großen Reaktoren (etwa 20 bis 40 ), welche mit einem Rührwerk, Heiz- und Kühlschlangen sowie Dosiermöglichkeiten für die „großen“ Rohstoffe sowie Säuren, Laugen und eventuelle Additive ausgestattet sind.

Das „klassische“ Herstellungsverfahren für UF-Harze verläuft technisch entsprechend folgenden Schritten:

  • Methylolierung: Zugabe von Harnstoff zu Formaldehydlösung
  • Kondensation: Zugabe von Säure bzw. sauren Salzen (wie beispielsweise Ammoniumsulfat)
  • Beenden der Kondensation: durch Erhöhen des pH-Wertes mittels Lauge (pH > 7)
  • Einstellen des richtigen molaren Verhältnisses von Formaldehyd und Harnstoff
  • Einstellen des richtigen Feststoffgehaltes (falls nötig, durch Entfernen von Wasser durch Destillation)

Für spezielle Anwendungen, wie beispielsweise Leime für Tischlerei-Anwendungen, finden die weitgehend getrockneten Pulverleime Einsatz. Diese werden durch Sprühtrocknung der UF-Flotte anstelle des Destillationsschrittes hergestellt.

In einer Additionsreaktion von Formaldehyd an Harnstoff entstehen im Wesentlichen Methylolharnstoffe (siehe auch Hydroxymethylgruppe):

Methylolierung von Harnstoff

Durch eine über Zeit, Temperatur und pH-Wert gesteuerte Kondensationsreaktion der Methylolharnstoffe mit Harnstoff bzw. auch untereinander verbinden sich die Monomere zu größeren Molekülen (Oligomere und Polymere). Dabei bilden sich Methylenbrücken und Amidbrücken. Die Kontrolle des Kondensationsgrades erfolgt durch Messung kondensationsgrad-abhängiger Parameter wie Viskosität oder Wasserverträglichkeit.

Bildung des Vorkondensats
Kettenverlängerung durch Kondensationsreaktion unter Ausbildung von Methylengruppen

Letzte Harnstoffzugabe

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die letzte Harnstoffzugabe stellt jenes molare Verhältnis von Formaldehyd zu Harnstoff (F/U) ein, welches für die Anwendung benötigt wird. Dabei werden teilweise wieder Amidbrücken aufgespalten. Auch endständige Methylole (-CH2-OH) reagieren noch mit dem zugegebenen Harnstoff.

Mögliche Struktur eines ausgehärteten Harnstoffharzes

Flüssiges Harz

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dies ist das Produkt, welches als Leim eingesetzt wird. Folgende Parameter werden als Einsatzkriterien bzw. im Rahmen der Qualitätssicherung überprüft (daneben typische Werte):

Ausgehärtetes Harz

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Harnstoffharze bilden bei Aushärtung sehr lichtechte, schwer brennbare, meist weiße Massen, die jedoch nicht hydrolysebeständig sind. Besonders von starken Säuren und Laugen sowie kochendem Wasser werden sie angegriffen. Harnstoff-Formaldehyd-Harze liefern lichtbeständige, harte, kratzfeste und gut schleifbare Filme.

Aufgrund der relativ niedrigen Kosten (sowohl der Herstellung als auch der Rohstoffe) sowie der schnellen Aushärtung (= hohe Reaktivität) und der guten Trockenbindefestigkeit wird der Großteil der UF-Harze als Klebstoff zur Herstellung von (nicht außenklimabeständigen) Holzwerkstoffen und HPL-Platten (z. B. Resopal) verwendet. Unter den Markennamen Pollopas wurden in den 1930er Jahren Haushaltsgegenstände produziert, die im Gegensatz zu den verbreiteten Phenoplasten ein großes Farbspektrum aufwiesen.

Weitere Einsatzgebiete sind:

Die Abgabe von Formaldehyd aus dem Harz kann gesundheitlich bedenklich sein.[3][4][5] Seit vielen Jahren in Gebäuden verbaute UF-Harze müssen jedoch nicht unbedingt ausgetauscht werden, da die flüchtigen Komponenten im Laufe der Zeit oft schon ausgegast sind.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon. Band 3: H–L. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1983, ISBN 3-440-04513-7, S. 1631.
  2. a b Siegfried Hauptmann: Organische Chemie, 2. Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 737, ISBN 3-342-00280-8.
  3. Health Center Formaldehyde FAQ. Archiviert vom Original am 7. Februar 2006; abgerufen am 30. Dezember 2022 (englisch).
  4. Press Release N° 153. Archiviert vom Original am 10. September 2018; abgerufen am 11. Mai 2017 (englisch).
  5. Occupational-toxicological risk related to the exposure to MDF wood dust. In: Archives des Maladies Professionnelles et de l’Environnement. Band 69, S. 655–666, doi:10.1016/j.admp.2008.09.007 (englisch, Online).