Herbert von Hintzenstern – Wikipedia
Paul Hermann Herbert von Hintzenstern (* 24. Oktober 1916 in Magdeburg; † 22. Januar 1996 in Weimar) war ein deutscher Pfarrer und Autor.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von Hintzenstern studierte von 1936 bis 1940 Evangelische Theologie in Halle (Saale) und Jena. Er beantragte 1938 die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai 1937 aufgenommen (Mitgliedsnummer 6.042.098).[1][2][3] Im Jahr 1939 erklärte er seine Mitarbeit am Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben (Eisenacher „Entjudungsinstitut“). 1940 promovierte er in Jena mit einer von Walter Grundmann betreuten Doktorarbeit über Houston Stewart Chamberlains Darstellung des Urchristentums zum Dr. theol.[4] Grundmann betrachtete Hintzenstern als seinen begabtesten Schüler[5] und machte ihn zu seinem Mitarbeiter im Eisenacher „Entjudungsinstitut“.[6] Im Anschluss war er Vikar in Jena und Eisenach, wo er zum Pfarrer ordiniert wurde und im Landeskirchenamt tätig war.[7] Seit 1943 war er Hilfsprediger in Eisenach. Von 1943 absolvierte er seinen Kriegsdienst als Sanitäter und geriet in Gefangenschaft.
Seit August 1945 war er in Lauscha, ab 1948 als Pfarrer.[8] Dort trat er der DDR-CDU bei, sein Parteiaustritt erfolgte zum 1. Mai 1947. Im Jahre 1952 wurde er zum Landesjugendpfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen berufen. Seit 1956 leitete er die Evangelische Akademie Thüringen und die Pressestelle der Kirche. Gleichzeitig wurde er zum Chefredakteur der Kirchenzeitung Glaube und Heimat berufen.[9] 1962 wurde er zum Kirchenrat ernannt. Von 1968 bis 1986 war er nebenamtlicher Leiter des Pfarrhausarchivs im Lutherhauses in Eisenach. 1981 ging er in den Ruhestand.[10]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vgl. Konrad Marwinski: Herbert von Hintzenstern (1916–1996). Personalbibliographie. In: Herbergen der Christenheit. Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte 25 (2001), S. 93–149.
Monographien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- H. St. Chamberlains Darstellung des Urchristentums. Weimar: Verlag Deutsche Christen; Weimar: Der neue Dom, Schneider & Co. 1941 (Studien zu deutscher Theologie und Frömmigkeit; Bd. 6)
- Der Kreuzaltar in Gräfentonna – ein unbekanntes Meisterwerk. Ein Bildbuch. Berlin: Ev. Verlagsanstalt, 1957
- (mit Karl Brinkel): Des Herren Name steht uns bei. Luthers Freunde und Schüler in Thüringen. Bd. 1, 1961
- (mit Karl Brinkel): Ach, Herrgott, wie reich tröstest du. 1962
- Die Bilderpredigt des Gothaer Tafelaltars. Berlin 1965
- Luther in Eisenach. 1967
- Die Altäre in Bibra – Aus Riemenschneiders Werkstatt. Berlin 1969
- Lucas Cranach d. Ä. Altarbilder aus der Reformationszeit. 1975
- 300 Tage Einsamkeit: Dokumente und Daten aus Luthers Wartburgzeit. 1982
- Farbiger Abglanz. 1985
- Dorfkirchen in Thüringen. 2. Auflage, Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1986. (1. Auflage 1979)
- Von Würzburg nach Bibra. Riemenschneideraltäre in Thüringen. 1987
- Herder in Weimar. 1988
Aufsätze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Ganze sehen. Zum 2-jährigen Todestag von Hans von Wolzogens. In: Deutsches Christentum 5 (1940), Heft 16, S. 2.
- Arthur Bonus (1864–1941). Wille und Werk. In: Volk im Werden 10 (1942), S. 1–12.
Herausgeberschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Domine dirige me in verbo tuo. Herr, leite mich nach deinem Wort! Festschrift zum 70. Geburtstag von Landesbischof Dr. Moritz Mitzenheim.
- 50 Jahre im Dienste der Kirche. Eine Festgabe zum goldenen Ordinationsjubiläum von Landesbischof Dr. Moritz Mitzenheim am 18. Oktober 1964.
- Altarbilder aus der Reformationszeit Lucas Cranach d. Ä. – Hrsg. 1969
- Martin Luther: Briefe von der Wartburg 1521/22. (Schriften der Wartburg Stiftung 4), Neuauflage 1991
- Fundamente: Dreißig Beiträge zur thüringischen Kirchengeschichte. 1987
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oliver Arnhold: „Entjudung“ – Kirche im Abgrund. Die Thüringer Kirchenbewegung Deutsche Christen 1928–1939 und das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ 1939–1945. 2 Bde. Berlin 2010, ISBN 978-3-938435-00-7.
- Jochen Birkenmeier: Zwischen Aufklärung und Verschleierung. Herbert von Hintzenstern, die Rechtfertigung des 'Entjudungsinstituts' und die Dichterinnen der „Botschaft Gottes“. In: Christopher Spehr, Harry Oelke (Hrsg.): Das Eisenacher ‚Entjudungsinstitut‘. Kirche und Antisemitismus in der NS-Zeit (= Arbeiten zur Kirchlichen Zeitgeschichte Reihe B, Darstellungen 82), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, S. 287–304, ISBN 978-3-525-55797-6.
- Ernst Koch: In memoriam Herbert von Hintzenstern. In: Herbergen der Christenheit, Jg. 21/22 (1997/1998), S. 271–273.
- Kurzbiografie zu: Hintzenstern, Herbert von. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Konrad Marwinski: Herbert von Hintzenstern (1916–1996). Personalbibliographie. In: Herbergen der Christenheit. Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte 25 (2001), S. 93–149, zur Biographie v. a. S. 93–95.
- Thomas A. Seidel (Hrsg.): Thüringer Gratwanderungen. Beiträge zur 75-jährigen Geschichte der evangelischen Landeskirche Thüringens (= Herbergen der Christenheit. Jahrbuch für deutsche Kirchengeschichte, Sonderband 3). Leipzig 1998, ISBN 3-374-01699-5.
- Erich Stegmann: Der Kirchenkampf in der Thüringer evangelischen Kirche 1933–1945. Berlin 1984.
Varia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Der Musiker, Komponist und Autor Michael von Hintzenstern ist ein Sohn von Herbert von Hintzenstern.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Herbert von Hintzenstern im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachlass im Landeskirchenarchiv Eisenach (online-Findbuch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/15821556
- ↑ Jochen Birkenmeier: Das Eisenacher ‚Entjudungsinstitut‘: Kirche und Antisemitismus in der NS-Zeit. Hrsg.: Christopher Spehr, Harry Oelke. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, ISBN 978-3-647-55797-7, S. 293 (google.com [abgerufen am 10. April 2022]).
- ↑ Harry Waibel: Diener vieler Herren. Ehemalige NS-Funktionäre in der SBZ/DDR. Lang, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-631-63542-1, S. 142
- ↑ Laut Marwinski (2001), S. 96, wurde die Publikation auf „Veranlassung der Reichsschrifttumskammer eingestampft“.
- ↑ Willi Wild, Michael von Hintzenstern, Matthias von Hintzenstern: Der Mantel des Schweigens, Glaube und Heimat, Nr. 41, 13. Oktober 2019, S. 3.
- ↑ Hans Prolingheuer: Das kirchliche „Entjudungsinstitut“ 1939 bis 1945 in der Lutherstadt Eisenach, S. 16, Fußnote 35.
- ↑ Hier ordnete er den Nachlass von Arthur Bonus, einem Vertreter des germanisierten Christentums, vgl. Marwinski (2001), S. 94.
- ↑ Friedrich Meinhof: Thüringer Pfarrerbuch. (PDF) Band 10: Thüringer evangelische Kirche 1921–1948 und Evangelisch‐Lutherische Kirche in Thüringen 1948–2008. In: Landeskirchenarchiv Eisenach. Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, 1. April 2015, S. 129, abgerufen am 7. Oktober 2023.
- ↑ Friedrich Meinhof: Thüringer Pfarrerbuch. (PDF) Band 10: Thüringer evangelische Kirche 1921–1948 und Evangelisch‐Lutherische Kirche in Thüringen 1948–2008. In: Landeskirchenarchiv Eisenach. Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, 1. April 2015, S. 239, abgerufen am 7. Oktober 2023.
- ↑ Thomas A. Seidel: Im Übergang der Diktaturen. Eine Untersuchung der kirchlichen Neuordnung in Thüringen 1945–1951 (Konfession und Gesellschaft 29), Stuttgart 2003, S. 341; Oliver Arnhold: „Entjudung“ – Kirche im Abgrund, Bd. 2. Das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des Jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ 1939–1945 (Studien zu Kirche und Israel 25/2), Berlin 2010, S. 805.
Personendaten | |
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NAME | Hintzenstern, Herbert von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pfarrer |
GEBURTSDATUM | 24. Oktober 1916 |
GEBURTSORT | Magdeburg |
STERBEDATUM | 22. Januar 1996 |
STERBEORT | Weimar |