Hierogrammateus – Wikipedia

Hierogrammateus (altgriechisch ἱερογραμματεύς, deutsch auch Hierogrammat, Plural Hierogrammateis bzw. Hierogrammaten) war ein Priester und Schriftgelehrter im hellenistischen Ägypten. Die Bezeichnung erscheint sowohl im Dekret von Rosetta als auch im Dekret von Kanopus. In beiden Fällen erscheint der Titel zusammen mit einer anderen Bezeichnung für ein Priesteramt, nämlich Pterophoras (πτεροφόρας ‚Federträger‘). Im ägyptischen Text der Dekrete entspricht dem griechischen Hierogrammateus hieroglyphisch ein Ausdruck mit der Bedeutung „Gelehrter“ (rḫ-ḫt) bzw. „Angehöriger des Lebenshauses“ (tṯj(?) pr-ꜥnḫ) und demotisch „Schreiber des Lebenshauses“ (sẖ pr-ꜥnḫ), also ein Tempelpriester oder Tempelschreiber, und dem griechischen Pterophoras ein Ausdruck mit der Bedeutung „Schreiber des Gottesbuches“ (zšw mḏꜣt-nṯr).

Die Unterscheidung zwischen den ungefähr ranggleichen Ämtern bzw. Titeln ist nicht immer eindeutig. Zum Ornat eines Hierogrammateus gehörte ein Kopfschmuck aus roten Bändern und Federn eines Straußes[1] oder den Flügeln eines Falken.[2]

Die Aufgaben des Hierogrammateus waren vielfältig. Dazu gehörten das Auffinden und Prüfen heiliger Tiere, die Prüfung von Priesteramtskandidaten in Hinblick auf ihre kultische Reinheit und ihre Kenntnisse als Schreiber, die Teilnahme an Priestersynoden und das Abfassen von Dekreten sowie die Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben der Tempel. Sie galten als hervorragende Vertreter ägyptischer Gelehrsamkeit, man sagte ihnen nach, Träume deuten und die Zukunft vorhersagen zu können.

Nur wenige Hierogrammaten sind namentlich bekannt. Zu ihnen zählen Manetho und Chairemon von Alexandria.

  • Walter Otto: Priester und Tempel im hellenistischen Ägypten: Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Hellenismus. 2 Bände, Teubner, Leipzig 1905/1908.
  • Kim Ryholt: A Parallel to the Inaros Story of P. Krall (P. Carlsberg 456+P. CtYBR 4513): Demotic Narratives from the Tebtunis Temple Library (I). In: The Journal of Egyptian Archaeology. Band 84, 1998, JSTOR:3822210, S. 151–169, hier 168f.
  • Heinz-Josef Thissen: Pterophoren, πτεροφόραι. In: Wolfgang Helck, Wolfhart Westendorf (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie. Band IV. Meggido – Pyramiden. Harrassowitz, Wiesbaden 1982, ISBN 3-447-02262-0.
  • Karl-Theodor Zauzich: Hierogrammat, ίερογραμματεύς. In: Wolfgang Helck, Wolfhart Westendorf (Hrsg.): Lexikon der Àgyptologie. Band II. Harrassowitz, Wiesbaden 1977, Spalten 1199–1201.

Einzelnachweise

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  1. Clemens von Alexandria: Stromateis VI,4.
  2. Diodor: Bibliotheke I,87,8.