Institut für Papyrologie Heidelberg – Wikipedia

Das Institut für Papyrologie ist eine Einrichtung der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und das einzige selbstständige Universitätsinstitut für Papyrologie in Deutschland. Es besitzt mit über 11.000 Papyri, Pergamenten, Hadernpapieren und Ostraka aus Ägypten eine der größten Papyrussammlungen des Landes.

Hervorgegangen ist das Institut für Papyrologie aus der Papyrussammlung der Universitätsbibliothek Heidelberg, die 1897 angelegt wurde. Im Juli 1952 wurde diese unter der Bezeichnung „Universitäts-Papyrussammlung“ zu einer eigenständigen Einrichtung gemacht, die allerdings weiterhin in ihren alten Räumlichkeiten angesiedelt war. Im Oktober 1976 erfolgte die Umwandlung in das heute bestehende Institut, 1982 aus Platzgründen der Umzug aus dem Ostflügel der Universitätsbibliothek in das Gebäude Hauptstraße 126. Heute befindet sich das Institut in der Marstallstraße 6.

Die Sammlung des Instituts umfasst etwa 5.000 griechische Papyri, 3.200 arabische Papyri und Hadernpapiere, 1370 koptische, 815 demotische, sowie weitere hieratische, mittelpersische, hebräische, aramäische und syrische Papyri sowie 780 Ostraka. Seit 1999 werden die Bestände der Sammlung digitalisiert bzw. durch elektronische Kataloge erschlossen. Im Heidelberger Gesamtverzeichnis der griechischen Papyrusurkunden Ägyptens (HGV) werden auch Papyri anderer Sammlungen erfasst.[1] Seit 2004 werden am Institut die einst auf Initiative des Rechtshistorikers Otto Gradenwitz von dem Papyrologen Friedrich Preisigke begonnenen, später von den Rechtshistorikern Emil Kießling und Hans-Albert Rupprecht fortgeführten papyrologischen Grundlagenprojekte, die Berichtigungsliste der griechischen Papyrusurkunden aus Ägypten (in Kooperation mit Francisca A. J. Hoogendijk, Papyrologisch Instituut der Universiteit Leiden),[2] das Wörterbuch der griechischen Papyrusurkunden aus Ägypten[3] und das Sammelbuch der griechischen Papyrusurkunden aus Ägypten[4], die nach Beendigung des von Hans Albert Rupprecht geleiteten Mainzer Akademieprojekts Griechische Papyrusurkunden aus Ägypten nunmehr mit Mitteln der Emil und Arthur Kießling-Stiftung und des Landes Baden-Württemberg am Institut für Papyrologie der Universität Heidelberg weitergeführt werden. Das Institut für Papyrologie der Universität Heidelberg ist zusammen mit zahlreichen internationalen Partnern maßgeblich an mehreren digitalen Hilfsmitteln zur Erschließung des papyrologischen Materials beteiligt. Als wichtigste neben dem HGV sind zu nennen: Papyri.info,[5] The Duke Databank of Documentary Papyri (DDbDP),[6] Lit.pap (DCLP),[7] PapPal,[8] Bulletin of Online Emendations to Papyri (BOEP).[9] Seit 2022 wird am Institut unter Leitung von Rodney Ast als Hauptherausgeber die neue digitale Fachzeitschrift Pylon. Editions and Studies of Ancient Texts redigiert.[10] Daneben verfügt das Institut über eine umfangreiche Spezialbibliothek.

Mit Unterstützung von Erik Jayme gelang 2010 aufgrund einer Einigung die Rückführung eines koptischen Zauberbuchs (P. Heid. Inv. Kopt. 686)[11] mit bildlichen Darstellungen der Gottesmutter und des Erzengels Michael in die Sammlung des Instituts für Papyrologie der Universität Heidelberg, das nach dem Ende des II. Weltkrieges unter ungeklärten Umständen abhandengekommen und in faktischen, rechtlich jedoch anfechtbaren Privatbesitz gelangt war.[12] Zuvor war der Fall von Erik Jayme und Andrea Jördens, der Direktorin des Instituts für Papyrologie, auf dem Dritten Heidelberger Kunstrechtstag am 9. und 10. Oktober 2009 behandelt worden.[13]

  • Richard Seider: Aus der Arbeit der Universitätsinstitute: Die Universitäts-Papyrussammlung. In: Heidelberger Jahrbücher. Band 8 (1964), S. 142–203.
  • Dieter Hagedorn: Das Institut für Papyrologie. In: Gisbert zu Putlitz (Hrsg.): 600 Jahre Ruprecht-Karls-Universität 1386–1986. Geschichte, Forschung und Lehre. Länderdienst-Verlag, München 1986, ISBN 3-87455-044-3, S. 140 f.
  • Andrea Jördens: Die Heidelberger Papyrussammlung. In: Matthias Weller u. a. (Hrsg.): Kunst im Markt – Kunst im Recht. Tagungsband des Dritten Heidelberger Kunstrechtstags am 09. und 10. Oktober 2009 (= Schriften zum Kunst- und Kulturrecht, Band 6). Nomos Verlag, Baden Baden 2010, ISBN 978-3-8329-5471-0, S. 139–143.
  • Andrea Jördens: Magisches und Verwandtes in der Heidelberger Papyrussammlung. In:Andrea Jördens (Hrsg.): Ägyptische Magie und ihre Umwelt. (= Philippika. altertumswissenschaftliche Abhandlungen, Band 80). Harrassowitz, Wiebaden 2015, ISBN 978-3-447-10316-9, S. 1–29.

Einzelnachweise

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  1. [1].
  2. Vgl. BL in: Checklist Instrumenta. Zu beachten ist, dass hier der Begriff „Urkunde“ gemäß dem in der älteren papyrologischen Literatur üblichen Sprachgebrauch und im Gegensatz zur Terminologie der Diplomatik des Mittelalters und der Neuzeit nicht ausschließlich auf die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignete und mit Beglaubigungsmitteln (wie Unterschrift des Ausstellers, von Zeugen oder einem Notar, eventuell Siegel) ausgestattete „verkörperte Gedankenerklärung“ beschränkt ist, sondern Dokumente aller Art im Gegensatz zu literarischen Texten bezeichnet. Inzwischen hat sich durchgesetzt, zwischen dokumentarischen im Gegensatz zu literarischen Papyri zu unterscheiden.
  3. Vgl. WB in: Checklist Instrumenta.
  4. Vgl. SB in: Checklist Papyri.
  5. Seite von papyri.info.
  6. Seite von papyri.info über ddbdp.
  7. Seite von DCLP (Memento vom 20. September 2019 im Internet Archive).
  8. Seite von PapPal.
  9. BOEP auf der Seite des Instituts für Papyrologie der Universität Heidelberg.
  10. Seite von Pylon. Editions and Studies of Ancient Texts.
  11. https://www.ub.uni-heidelberg.de/papyri/view/p_kopt_686/ P. Heid. Inv. Kopt. 686 auf der Seite des Heidelberger Instituts für Papyrologie].
  12. Vgl. „Ägyptische Magie im Wandel der Zeiten. Eine zauberhafte Reise durch Text- und Bildwelten vom Alten Ägypten bis in die arabische Welt“. 9. März bis 13. Juni 2011 im Universitätsmuseum; Katalog „Ägyptische Magie im Wandel der Zeiten. Eine Ausstellung des Heidelberger Instituts für Papyrologie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ägyptologie der Universität Heidelberg“.
  13. Vgl. Erik Jayme, Ersitzung im Kunstrechtsstreit am Beispiel der Heidelberger Papyrussammlung. In: Matthias Weller u. a. (Hrsg.), Kunst im Markt – Kunst im Recht. Tagungsband des Dritten Heidelberger Kunstrechtstags am 09. und 10. Oktober 2009 (= Schriften zum Kunst- und Kulturrecht, Band 6). Nomos Verlag, Baden Baden 2010, S. 129–138; Andrea Jördens, Die Heidelberger Papyrussammlung. In: Matthias Weller u. a. (Hrsg.), Kunst im Markt – Kunst im Recht. Tagungsband des Dritten Heidelberger Kunstrechtstags am 09. und 10. Oktober 2009 (= Schriften zum Kunst- und Kulturrecht, Band 6). Nomos Verlag, Baden Baden 2010, S. 139–143.

Koordinaten: 49° 24′ 43,8″ N, 8° 42′ 18,9″ O