Vermögensverwaltung – Wikipedia

Vermögensverwaltung (auch englisch Asset Management) ist eine Finanzdienstleistung, die sich mit der Verwaltung von in Finanzinstrumenten angelegtem Vermögen befasst. Der Vermögensverwalter trifft dabei auch Anlageentscheidungen im eigenen Ermessen für seine Kunden. Der Begriff genießt in Deutschland keinen gesetzlichen Schutz und wird auch von unregulierten Finanzdienstleistern verwendet.

Im Mittelpunkt dieses Geschäftsfeldes steht die Verwaltung bedeutender privater und institutioneller in- und ausländischer Finanzanlagevermögen (englisch Assets) verschiedener Risikoklassen (Aktien, Renten, Immobilien, Kryptowährungen und Liquidität). Ziel der Vermögensverwaltung ist es dabei, das Vermögensportfolio des Kunden unter Berücksichtigung seiner spezifischen Risikosituation und -freudigkeit sowie seiner Lebensplanung zu optimieren.

Die bankaufsichtsrechtlich korrekte Bezeichnung der Dienstleistung lautet in Deutschland Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG). Im Gegensatz zur Finanz- oder Anlageberatung werden bei der Vermögensverwaltung nicht nur Anlageratschläge (Beratung) erteilt, sondern Anlageentscheidungen auch eigenständig durch den Vermögensverwalter getroffen.

Im Jahr 2023 verwalteten die 500 größten Vermögensverwalter 113,7 Billionen US-Dollar an Vermögen (auch Assets under management, AUM) und damit 13,7 % weniger als im vorrangigen Jahr. Der Großteil dieser Vermögensverwalter hat ihren Firmensitz in Nordamerika (67,7 Billionen) und Europa (30,1 Billionen).[1]

Die 25 größten Vermögensverwalter der Welt waren im Jahr 2023 gemessen am verwalteten Vermögen:[1]

Rang Name Land Verwaltetes Vermögen
(Mrd. USD)
1 BlackRock Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 8594
2 Vanguard Group Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 7253
3 Fidelity Investments Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 3656
4 State Street Global Advisors Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 3481
5 JP Morgan Chase Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2766
6 Goldman Sachs Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2547
7 Allianz Group Deutschland Deutschland 2285
8 Capital Group Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2176
9 Amundi Frankreich Frankreich 2032
10 UBS Schweiz Schweiz 1845
11 Bank of New York Mellon Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1836
12 Legal & General Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 1444
13 Invesco Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1409
14 Franklin Templeton Investments Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1388
15 Prudential Financial Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1377
16 T. Rowe Price Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1275
17 BNP Paribas Frankreich Frankreich 1269
18 Northern Trust Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1249
19 Morgan Stanley Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1234
20 Natixis Investment Managers Frankreich Frankreich 1151
21 Wellington Management Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1149
22 Nuveen Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1090
23 HSBC Holdings Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 1087
24 AXA Group Frankreich Frankreich 995
25 Sun Life Financial Kanada Kanada 979

Weitere große Vermögensverwalter in deutschsprachigen Ländern sind (Stand: 2023)[1]:

Rang Name Land Verwaltetes Vermögen
(Mrd. USD)
29 Deutsche Bank Deutschland Deutschland 877
53 Credit Suisse Schweiz Schweiz 477
59 Union Investment (Teil von DZ Bank) Deutschland Deutschland 441
64 Landesbank Baden-Württemberg Deutschland Deutschland 405
71 MEAG (Teil von Munich Re) Deutschland Deutschland 328
82 Swiss Life Asset Managers Schweiz Schweiz 271
83 DekaBank Group Deutschland Deutschland 271
94 Pictet-Gruppe Schweiz Schweiz 237
97 Zurich Financial Services Schweiz Schweiz 232
99 Zürcher Kantonalbank Schweiz Schweiz 226

Vermögensverwaltung für Institutionelle

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Institutionelle Anleger – beispielsweise Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen, Stiftungen, karitative Einrichtungen und staatliche Institutionen – können Vermögensverwalter damit beauftragen, ihr Vermögen zu optimieren. Dazu werden Investmentstrategien erarbeitet und umgesetzt, die sich an den jeweiligen Risiko-/Renditevorgaben ausrichten.

Vermögensverwaltung für Private

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vermögensverwalter – viele davon Geschäftsbanken – bieten auch Privatpersonen ihre Dienste an. Sie verwalten das Kundenportfolio im Auftrag des Kunden. Anders als bei Fonds kann das Portfolio auf den persönlichen Bedarf und individuelle Kundenwünsche zugeschnitten werden.

In Deutschland gibt es etwa 700 bankenunabhängige Vermögensverwalter, die besondere Zulassungsvoraussetzungen erfüllen müssen und die im Verband unabhängiger Vermögensverwalter organisiert sind. Ein Vermögensverwalter verwaltet mit eigenem Entscheidungsspielraum. Zur Verwaltung gehört ein Reporting: Das regelmäßige Reporting (jeden Monat bzw. jedes Quartal) und das unverzügliche Reporting bei wesentlichen Änderungen (so genanntes Verlustschwellenreporting).[2]

Wohlhabende Privatpersonen engagieren einen Vermögensverwalter beispielsweise, um die Zeit für die Betreuung des Vermögens oder für die Aneignung der nötigen finanziellen Allgemeinbildung einzusparen. Viele Vermögensverwalter fordern Mindestanlagesummen als Einstiegskriterium. Gängige Kategorien sind in diesem Zusammenhang high-net-worth individual (HNWI, z. B. mindestens 5 Millionen Euro) und Ultra high-net-worth individual (UHNW, z. B. mindestens 30 Millionen Euro).

Interessenkonflikte der Vermögensverwaltung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bieten Banken Vermögensverwaltung an, so besteht die Gefahr von Interessenkonflikten: Zum Beispiel verdient die Bank beim Bestücken des Kundenportfolios mit eigenen Finanzprodukten sowohl an der Vermögensverwaltung als auch am Produkt. Unabhängige Vermögensverwalter beziehen teilweise Retrozessionen, welche denselben Effekt haben. Gegenmaßnahmen könnten Kostentransparenz und Kostengarantien sein, welche die maximalen Kosten begrenzen (Total Expense Ratio Warranty), oder eine Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter, dass sämtliche Retrozessionen an den Kunden weitergereicht werden.

Zugang zu Vermögensverwaltung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Privatbanken und größere Retail-Banken bieten in der Regel Vermögensverwaltungsmandate an. Hoch personalisierte Dienstleistungen erbringen vor allem die unabhängigen Vermögensverwalter.

Verschiedene Internet-Plattformen bieten Zugang zu Vermögensverwaltung:

In sogenannten Family-Offices erfolgt die Vermögensverwaltung besonders großer Vermögen.

Zulassungspflicht für Vermögensverwalter

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufsichtsrechtlich ist zu unterscheiden zwischen der „echten Vermögensverwaltung“, nämlich der in § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG geregelten Finanzportfolioverwaltung, wonach „die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum“ der Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bedarf, und der „unechten Vermögensverwaltung“, die sich häufig als bloße Anlageberatung darstellt. Jedoch unterliegt die Anlageberatung der gleichen Zulassungspflicht wie die Vermögensverwaltung. Einzige Ausnahme ist gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 8 KWG die Anlageberatung zu Publikums-Investmentfonds mit Vertriebszulassung. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Regulierung der Fonds selbst bereits einen ausreichenden Schutz darstellt. Daher ist für diesen Spezialfall keine über die Regeln der Gewerbeordnung (§ 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO) hinausgehende Zulassung erforderlich. Jedoch lauern dabei Fallstricke. Wenn z. B. im Rahmen der Beratung empfohlen wird, bestehende Wertpapierbestände zu verkaufen, die selbst keine entsprechenden Investmentfonds sind, und den Verkaufserlös in Investmentfonds anzulegen, so ist das von der Ausnahme nicht mehr gedeckt. Denn jeder Teil der Beratung muss gesondert betrachtet werden, und demnach erfüllte bereits die Verkaufsempfehlung den Tatbestand der zulassungspflichtigen Anlageberatung, unabhängig davon, dass sie im Zusammenhang mit einer zulassungsfreien Kaufempfehlung für einen Investmentfonds verbunden war.

In der Schweiz werden aufsichtsrechtlich gemäß Finanzinstitutsgesetz (FINIG)[5] die Lizenz für Vermögensverwalter (VV) und die Lizenz für Vermögensverwalter von Kollektivvermögen (VKV) unterschieden. Für eine Lizenz eines VKV müssen gewisse Schwellenwerte überschritten werden.[6] Er ist definiert als Verwalter von kollektiven Kapitalanlagen oder Vorsorgeeinrichtungen.

Ab 2023 wird für alle Vermögensverwalter und Trustees[7] in der Schweiz eine Bewilligung der FINMA nach FINIG und FIDLEG (Verhaltensregeln für Finanzdienstleister) verlangt.[8]

Bankbetriebslehre

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wird Vermögensverwaltung (englisch financial advisory) und/oder Finanzberatung von Kreditinstituten betrieben, so rechnet die Bankbetriebslehre diese Produktgruppen zum Indifferenzgeschäft, das als Dienstleistungsgeschäft Bankgebühren auslöst.[9]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c The world’s 500 largest asset managers
  2. Urban Bacher: Verlustschwellenreporting für Vermögensverwalter. In: Wertpapiermitteilungen WM 34/2020. S. 1576–1571 (wmrecht.de [abgerufen am 9. November 2020]).
  3. VuV – Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e. V. Abgerufen am 6. Dezember 2018.
  4. Verband Schweizerischer Vermögensverwalter | VSV. Abgerufen am 6. Dezember 2018.
  5. Bundesgesetz über die Finanzinstitute. In: admin.ch. Schweizerische Eidgenossenschaft, abgerufen am 30. September 2020.
  6. Marc Escher: De-Minimis-Regelung für Vermögensverwalter – welche Lizenz darf es sein? In: bdo.ch. 2. Juni 2020, abgerufen am 30. September 2020.
  7. Umsetzung FIDLEG/FINIG: FINMA bewilligt erste Aufsichtsorganisationen. In: finma.ch. 7. Juli 2020, abgerufen am 3. November 2020.
  8. Fidleg: So viele Schweizer Vermögensverwalter geben auf. In: finews.ch. 7. Juli 2020, abgerufen am 3. November 2020.
  9. Marc Oliver Blahusch, Preismanagement im Privatkundengeschäft von Banken, 2012, S. 20