Irma Loos – Wikipedia

Irma Loos (Geburtsname und Pseudonym von Irma Hain; * 21. Juli 1907 in Insterburg/Ostpreußen; † nach 1956) war eine in München lebende deutsche Schriftstellerin mit teils unkritischer, teils kritischer Sympathie für den sowjetisch geprägten Sozialismus und insbesondere die Deutsche Demokratische Republik.

Die in Insterburg/Ostpreußen geborene Irma Loos lebte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Tilsit, dem heutigen Sowetsk[1] in gutbürgerlichen Verhältnissen, gegen die sie laut späterer DDR-Lesart immer wieder aufbegehrte.[2] Infolge der Nachkriegsvertreibungen verschlug es sie nach München.[1]

Ihre ersten Publikationen, Erzählungen mit autobiografische Zügen, datieren aus den Jahren 1941 bis 1944.[2] Nachdem sie 1950 mit dem in Nürnberg verlegten Nachkriegsroman Kleiner Zirkus ihre schriftstellerische Tätigkeit wieder aufgenommen hatte, gab sie 1951 auch in der DDR ihr Debüt: im Januar in der Literaturzeitschrift Sinn und Form[3] und im Oktober im Aufbau Verlag.[2] Im Herbst 1951 reiste sie in einer sowjetdeutschen Delegation, der auch Ludwig Renn angehörte, nach Bukarest, Sinaia, Kronstadt (Brașov), Ploiești, und Konstanza (Constanța), woraus ein Reportagebuch entstand.[4] Ihr letztes Buch, Schläfer und hockende Frau, ist in der Art der Tagebuch schreibenden japanischen Hofdame Sei Shōnagon verfasst.[5]

Sie nahm neben Autorentreffen und politischen Veranstaltungen im Westen wie im Osten Deutschlands auch am „ost-westdeutschen Schriftsteller-Gespräch“ im März 1951 in Starnberg teil.[4] Ebenso im Mai 1951 am 1. Gesamtdeutschen Kulturkongress in Leipzig. Des Weiteren an den Weltfestspielen der Jugend und Studenten der sozialistischen Länder im August 1951 in Ost-Berlin und in derselben Stadt am III. Deutschen Schriftstellerkongress, der im Mai 1952 abgehalten wurde.[2] In der BRD für politisch fehlgeleitet befunden, verdarb sie es sich auch mit den DDR-Intellektuellen, nachdem sie beim Schriftstellerkongress Johannes R. Bechers Kampf-Sonett Mord in Essen scharf kritisiert[6][7] sowie dem Aufnahmeangebot des nominell noch gesamtdeutschen PEN-Zentrums, angeblich mit der Begründung es sei ihr „zu ostzonal“, eine Absage erteilt hatte.[8]

So saß sie plötzlich zwischen den Stühlen und verschwand aus dem Blick und folglich auch aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit. Sie fand Zeit, drei Romane zu beenden beziehungsweise zu schreiben, hernach trat sie höchstens noch als Privatperson unter ihrem ehelichen Namen Irma Hain in Erscheinung, wie ein Leserbrief an Die Zeit, in dem sie die zuvor veröffentlichte Würdigung des in den Ruhestand getretenen Hans Globke relativierte, belegt.[9]

Während es über ihre Berichterstattungen, Essays und Appelle in der DDR von offizieller Seite hieß, sie seien Zeugnisse „unserer ehrlichen Bemühungen um ein gutes Leben“,[2] sprachen Kritiker – jeweils komprimiert wiedergegeben – von „Propaganda“,[4][10] „kommunistischer Trittbrettfahrt“,[11] „empörender Verharmlosung“,[12] „gewissenloser Tendenzliteratur[13] und „politischer Dummheit“.[14]

  • 1941: Das Leben der Frauen, Staackmann Verlag, Leipzig (Erzählung).
  • 1943: Das Wiedersehen, Staackmann Verlag, Leipzig (Erzählung).
  • 1944: In den großen Ferien, Staackmann Verlag, Leipzig (Erzählung).
  • 1950: Kleiner Zirkus, Nest-Verlag, Nürnberg (Roman).
  • 1951: Mehrmals unterbrochene Erzählung 1950. In: Sinn und Form. Beiträge zur Literatur, Heft 1/1951, S. 133–163 (Erzählung).
  • 1951: Tagebuchblätter, Aufbau Verlag, Berlin (Essay).
  • 1952: Rumänisches Tagebuch 1951, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main (Reportage).
  • 1953: Unaussprechliche Freude, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main (Roman).
  • 1953: Schläfer und hockende Frau. Ein Kopfkissenbuch um die Mitte des 20. Jahrhunderts, Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main (Roman).
  • 1956: Unsägliche Freude, Die Brigg, Basel (Roman)

Einzelnachweise

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  1. a b [A]nna [S]tüssi: Loos. In: Heinz Rupp, Carl Ludwig Lang (Hrsg.): Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch. begründet von Wilhelm Kosch. dritte, völlig neu bearbeitete Auflage. 9. Band: Kober–Lucidarius. Francke Verlag, Bern/München 1984, ISBN 3-7720-1538-7, Sp. 1652.
  2. a b c d e Ru.: VII. Irma Loos. In: Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig (Hrsg.): Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Nr. 45/1952. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Leipzig 8. November 1952, Pioniere des neuen Lebens. Porträts fortschrittlicher westdeutscher Schriftsteller, S. 829.
  3. Irma Loos: Mehrmals unterbrochene Erzählung 1950. In: Deutsche Akademie der Künste, Sektion Dichtkunst und Sprachpflege (Hrsg.): Sinn und Form. Beiträge zur Literatur. Nr. 1/1951. Rütten & Loening, Potsdam Januar 1951, S. 133–163.
  4. a b c O.E.H. Becker: „Sympathisierend“ in Rumänien. In: Der Tagesspiegel. Berlin 22. November 1952.
  5. Dora Fehling: Vom Wesen junger Frauen. In: Telegraf. Berlin 20. Februar 1955.
  6. Sylke Kirschnik: Literatur unterm SED-Diktat. In „Erinnerung als Aufgabe? “ Informiert Carsten Gansel über Kulturökonomie im geteilten Deutschland. In: literaturkritik.de. 2. April 2009, abgerufen am 11. Februar 2017.
  7. Ost-Dichter. Mut, hierher zu kommen. In: Der Spiegel. Nr. 23, 1952 (online – Falschschreibung: Irma Lohs).
  8. Irma Loos an Johannes R. Becher. Stiftung Archiv der Akademie der Künste; Johannes R. Becher-Korrespondenz. In: kalliope.staatsbibliothek-berlin.de. Kalliope-Verbund, 24. Januar 2007, abgerufen am 11. Februar 2017.
  9. Irma Hain: Ausgerechnet Globke. In: Die Zeit. Nr. 41, 1963 (zeit.de).
  10. Lukas Redlich: Irmas rote Gartenlaube. In: Die Zeit. Nr. 36, 1952 (zeit.de).
  11. Stefan Wolle: Der große Plan. Alltag und Herrschaft in der DDR 1949–1961 (= Die heile Welt der Diktatur. Band 1). Ch. Links Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-86153-738-0, Zweiter Teil: Signaturen der Zeit, Kapitel 1: Die Diktatur des Herzens. Das Zeitalter des totalitären Kitsches, S. 138–141.
  12. Klaus Peter Schulz: Inge Scholl. Die Weisse Rose. Irma Loos. Rumänisches Tagebuch 1951. (PDF; 51,6 kB) In: library.fes.de. 16. August 2006, S. 3–4, abgerufen am 11. Februar 2017.
  13. William Totok: Spione des Vatikans. Der Bischof, Hitler und die Securitate. Der stalinistische Schauprozess gegen die so genannten „Spione des Vatikans“, 1951 in Bukarest. In: banaterra.eu. Abgerufen am 11. Februar 2017.
  14. Paul Hühnerfeld: Deutsche Schriftsteller im Engagement. In: Die Zeit. Nr. 18, 1951 (zeit.de).