Juli Gudehus – Wikipedia

Porträtfoto von Juli Gudehus, 2019
Juli Gudehus, 2019

Juli Gudehus (* 15. Januar 1968 in Hamburg[1]) ist eine deutsche Künstlerin.

Gudehus wurde als Tochter des Managers und Logistikers Timm Gudehus und der Künstlerin Sö Gudehus in Hamburg geboren.[2] Nach der Ausbildung zur Verlagsbuchhändlerin im Kölner Kunstbuchverlag Wienand studierte Juli Gudehus von 1990 bis 1996 visuelle Kommunikation in Düsseldorf. Während ihres Studiums entstand 1992 in einer Lehrveranstaltung bei Professor Roland Henß-Dewald Die Schöpfung, eine aus Piktogrammen, Markenzeichen, Bedienungszeichen, Logos, Hinweiszeichen und Verkehrszeichen montierte und collagierte „Erzählung“ der biblischen Schöpfungsgeschichte.[3] Seit 1996 ist sie freischaffend tätig. Sie arbeitete u. a. für das Bundesministerium der Finanzen, den Deutschen Bundesrat, den Zeit-Verlag, das Kunstmuseum Stuttgart und verschiedene Referate des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2010 gestaltete sie die Kommunikationsmittel der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages auf Basis des von ihr entwickelten Corporate Designs. Seit 1997 gibt sie Workshops und Seminare und lehrt an verschiedenen Hochschulen, u. a. als Gastprofessorin an der Hochschule Anhalt in Dessau.[4][5] Ihre Arbeit erhielt mehrere Auszeichnungen, etwa vom Art Directors Club Deutschland (Gold)[6], Art Directors Club of Europe (Gold), Designpreis der Bundesrepublik Deutschland (Nominierung), Designpreis Rheinland-Pfalz (Auszeichnung), Kalenderschau Stuttgart (Gold), Preis der Stiftung Buchkunst, Type Directors Club New York (Award for Typographic Excellence).[7]

Gudehus ist mit dem Informatiker Jörg Gudehus verheiratet und lebt in Berlin.[8]

Juli Gudehus’ freie Arbeit basiert auf Sammeln, Sortieren und Collagieren. Sie stellt Verbindungen zwischen Phänomenen, Menschen und Dingen her. Sprache und Alltagskultur sind Inspirationsquellen ihrer Arbeit.[9]

„Juli Gudehus is probably the purest conceptual designer I know.“

Stefan Sagmeister: 100 graphic designers, 10 curators, 10 classics.[10]

Juli Gudehus’ Die Schöpfung erschien erstmals am 1. Januar 1993 in der Wochenzeitung Die Zeit, danach als Plakat-Edition und in Buchform in unterschiedlichen Ausgaben bei verschiedenen Verlagen.[11]

„Dafür verbindet sie in ihren Arbeiten elegant Ironie und Verspieltheit mit klassischer Nüchternheit in der Gestaltung.“

Peter Laudenbach: brandeins Ausgabe 03/2011[12]

1998 erschien der Abreißkalender mindestens haltbar bis, in dem alle 365 Blätter Verfallsdaten von Lebensmitteln zeigen, etwa von Milch, Keksen, Essig oder Mehl. Der Kalender ist eingeschweißt in eine Styrofoam-Schale, wie sie üblicherweise für den Verkauf von Fleisch und Obst eingesetzt wird.[13][14][15] Matthias Kamann schrieb im Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Einer der geistreichsten und weisesten Beiträge zum Übergang ins Jahr 2000.“

„Eine Idee von klassischer Schlichtheit. Man musste nur darauf kommen.“

Reinhard Krause: taz vom 2. Januar 1999[16]

2006 erregt Gudehus Aufmerksamkeit[17] mit ihrer Kritik am Designpreis der Bundesrepublik Deutschland.[18] Sie selbst war für diesen nominiert und kritisierte, dass sie als Nominierte für die Teilnahme eine Gebühr bezahlen müsse. 2012 rief sie als Reaktion den Ehrenpreis für Gestaltung[19][20] ins Leben. Er orientiert sich am Bundesverdienstkreuz, ist für sämtliche gestalterischen Disziplinen offen und verlangt weder von den Nominierenden noch den Nominierten Gebühren. Eine Preisverleihung fand noch nicht statt.

2010 erschien das Lesikon der visuellen Kommunikation, eine 3000-seitige Textcollage.[21][22][23][24] Gudehus startete mit ihrer 9-jährigen Arbeit an diesem Werk im gleichen Jahr wie Wikipedia, 2001. Das Buch umfasst zahlreiche Bereiche der visuellen Kommunikation und versammelt Einträge von 3513 Personen aus über 3000 Jahren zu 9704 Fachbegriffen und Namen im Zusammenhang mit Fotografie, Illustration, Werbung, Typografie, Materialien, Effekten oder Originalität. Die Begriffe sind nicht alphabetisch geordnet, sondern nach Themen wie Gartenarbeit, Sex, Bergsteigen, Tod. Gudehus selbst, sowie 627 von ihr Eingeladene, verfassten Beiträge, darunter etwa Judith Schalansky, Gero von Randow oder Andreas Wiemers. Circa 70 Prozent der Texte sind Zitate und mit Quellen gekennzeichnet. Pro Begriff gibt es meist mehrere Einträge. Das Lesikon enthält keine einzige Abbildung.

„Das Schrillste und Skurrilste, was in diesem Jahr in Buchform erschienen ist. Ein absolutes Kunstwerk.“

Denis Scheck: Druckfrisch/ARD[25]

2011 organisierte Gudehus dazu eine große Autorenlesung im Museum der Dinge in Berlin. 112 ihrer Co-Autoren lasen 12 Stunden lang ohne Unterbrechung ihre Texte für das Lesikon vor.[26][27]

Anlässlich der gesteigerten Aufmerksamkeit für Toilettenpapier im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie startete Juli Gudehus 2020 auf YouTube eine Vorlesungsreihe über Gestaltung für den Arsch, in der sie Folge für Folge Einblick in ihre über 800 Blatt umfassende Toilettenpapiersammlung gibt und über diverse gestalterische, herstellerische und soziologische Aspekte spricht.[28][29][30][31][32]

Einzelausstellungen

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Gruppenausstellungen (Auswahl)

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Beiträge (Auswahl)

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  • Dagmar Schmauks: Neu-Schöpfung: Überlegungen zu einem Piktogrammposter von Juli Gudehus. In: Roland Posner, Stephan Debus (Hrsg.): Zeitschrift für Semiotik. Band 18, Nr. 1. Tübingen 1996, ISBN 3-86057-933-9, S. 35–40.
  • Phaidon Editors (Hrsg.): area. 100 graphic designers, 10 curators, 10 classics. A global up-to-the-minute overview of contemporary printed graphic design. Phaidon Press, London, ISBN 978-0-7148-4515-9 (englisch).
  • Crack World New Graphic Design. Dalian University of Technology Press, Dalian.
  • B. Brumnjak, M. Mischler, R. Klanten (Hrsg.): Introducing. Design for Making a First Impression. A collection of business cards and other self-promotion tools by designers from around the world. Die Gestalten Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89955-087-0 (englisch).
  • Katja M. Becker, Stephanie Podobinski (Hrsg.): Young German Design. Fresh Ideas in Graphic Design. Dom Publishers, Berlin 2008, ISBN 978-3-938666-28-9.

Einzelnachweise

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  1. Das A bis Z der Visuellen Kommunikation mit Juli Gudehus. fh-muenster.de, abgerufen am 4. Juni 2020.
  2. Klaus-Peter Staudinger: Im Gespräch mit: Juli Gudehus. 15. März 2011, abgerufen am 29. Juni 2020 (deutsch).
  3. Literatur von und über Juli Gudehus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  4. Vortrag über Einige Gedanken zum Thema Redesign, schöne Beine und ein Versuch, gehalten auf der Typo Berlin
  5. Interview von Michael Gerharz mit Juli Gudehus über Kreativität [1]
  6. ADC GOLD. (PDF) Art Directors Club, 1999, abgerufen am 4. Juni 2020.
  7. Auszeichnungen. juligudehus.net, abgerufen am 4. Juni 2020.
  8. Der neue Goldstandard einer denkwürdigen Ära. sueddeutsche.de, 31. März 2020, abgerufen am 4. Juni 2020.
  9. ARD/Tagesschau über den Adventskalender Warten auf’s Christkind
  10. ISBN=978-0-7148-4515-9 100 graphic designers, 10 curators, 10 classics.
  11. Kurzfilm Am Anfang war das … Zeichen aus der gleichnamigen Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich (deutsch mit englischen Untertiteln)
  12. brandeins Die tun was, Ausgabe 03/2011 (Link geprüft am 2. Juni 2020)
  13. Beitrag auf arte | Metropolis auf Vimeo
  14. SAT1_Live_aus_Dortmund_mhd. Abgerufen am 18. April 2023.
  15. Julia Siepmann: Geduldiges Warten will gelernt sein - WELT. In: welt.de. 20. November 2005, abgerufen am 18. April 2023.
  16. Reinhard Krause: Wer nicht zählt, hat alle Zeit der Welt. In: taz. 2. Januar 1999, abgerufen am 3. Juni 2020.
  17. ZDF/wiso über Juli Gudehus’ Kritik am Designpreis der Bundesrepublik Deutschland
  18. Juli Gudehus’ offener Brief an Wirtschaftsminister Glos
  19. 40 min Interview von Michael Gerharz mit Juli Gudehus über den Ehrenpreis für Gestaltung [2]
  20. Vorbild des Ehrenpreises für Gestaltung ist das Bundesverdienstkreuz
  21. Website Lesikon der visuellen Gestaltung
  22. Rezension des Lesikon der visuellen Kommunikation von Jürgen Kaube in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
  23. Rezension des Lesikon der visuellen Kommunikation von Ulrich Stock in der ZEIT
  24. Rezension des Lesikon der visuellen Kommunikation von Andrea Eschbach in der Neuen Zürcher Zeitung
  25. Druckfrisch Ausgabe zur Buchmesse 2010
  26. Die größte Autorenlesung der Welt aus dem Lesikon der visuellen Kommunikation im Museum der Dinge in Berlin
  27. Die größte Autorenlesung der Welt aus dem Lesikon der visuellen Kommunikation im Museum der Dinge in Berlin
  28. "Der neue Goldstandard einer denkwürdigen Ära" Süddeutsche Zeitung, 31. März 2010, Gerhard Matzig über Juli Gudehus’ Klopapiersammlung und YouTubevideos [3]
  29. arte/Journal über Klopapier – Gestaltung für den Arsch
  30. live nach neun ARD Frühstücksfernsehen 15. April 2020 [4]
  31. SR2 Kulturradio 19. Mai 2020 [5]
  32. YouTube-Vortragsreihe über Klopapier Gestaltung für den Arsch
  33. die Natur der Sache. In: registration.flowerpowermuc.de. Abgerufen am 11. Februar 2023.
  34. Klopapier – Gestaltung für den Arsch • eine Ausstellung • Juli Gudehus. In: juligudehus.net. Abgerufen am 11. Februar 2023.
  35. Aktueller Termin von "Museum für Druckkunst". museum.de, abgerufen am 4. Juni 2020.
  36. Juli Gudehus. museum-gestaltung.ch, abgerufen am 4. Juni 2020.
  37. Claude Closky: Offset. In: cdla.info. 18. Januar 2023, abgerufen am 13. Februar 2023 (französisch).
  38. Städtische Museen: Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis: Die Gesellschaft der Zeichen - freiburg.de/museen. In: freiburg.de. Abgerufen am 11. Februar 2023.
  39. Leopold-Hoesch-Museum — Piktogramme, Lebenszeichen, Emojis:. In: leopoldhoeschmuseum.de. Abgerufen am 11. Februar 2023.