Kamjanez-Podilskyj – Wikipedia

Kamjanez-Podilskyj
Кам'янець-Подільський
Wappen von Kamjanez-Podilskyj
Kamjanez-Podilskyj (Ukraine)
Kamjanez-Podilskyj (Ukraine)
Kamjanez-Podilskyj
Basisdaten
Oblast: Oblast Chmelnyzkyj
Rajon: Rajon Kamjanez-Podilskyj
Höhe: 360 m
Fläche: 26 km²
Einwohner: 96.896 (1. Januar 2022)
Bevölkerungsdichte: 3.727 Einwohner je km²
Postleitzahlen: 32318
Vorwahl: +380 3849
Geographische Lage: 48° 41′ N, 26° 35′ OKoordinaten: 48° 40′ 40″ N, 26° 35′ 14″ O
KATOTTH: UA68020110010097898
KOATUU: 6822400000
Verwaltungsgliederung: 1 Stadt, 12 Dörfer
Verwaltung
Bürgermeister: Mychajlo Possitko
Adresse: Майдан Відродження 1
32300 м. Кам’янець-Подільський
Website: http://kam-pod.gov.ua
Statistische Informationen
Kamjanez-Podilskyj (Oblast Chmelnyzkyj)
Kamjanez-Podilskyj (Oblast Chmelnyzkyj)
Kamjanez-Podilskyj
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Kamjanez-Podilskyj (ukrainisch Кам'янець-Подільський; russisch Каменец-Подольский Kamenez-Podolski, rumänisch Camenița, polnisch Kamieniec Podolski) ist eine Stadt in der westukrainischen Oblast Chmelnyzkyj mit 93.300 Einwohnern (2004). Die Stadt liegt in der historischen Region Podolien.

Französische Karte von 1691 mit Stadt und Festung. Gut zu erkennen ist, wie beide durch einen Seitenarm des Flusses Smotrytsch umflossen werden.

Kamjanez-Podilskyj liegt etwa 20 km nordöstlich von Chotyn in einer landschaftlich reizvollen und strategisch außergewöhnlichen Lage. Der Fluss Smotrytsch mäandert hier etwa 60 m tief eingeschnitten in den Kalkstein der podolischen Platte. Einer dieser Mäander umschließt einen ca. 700 × 500 m großen Umlaufberg, auf dem mit Unterstützung von Befestigungsmauern die Altstadt errichtet wurde. Der Zugang zu dieser strategisch so günstig liegenden Stadt wurde zusätzlich durch den Bau einer Festung gesichert. Heute verbindet eine moderne Brücke die Altstadt mit der im Osten nahezu im Schachbrettmuster errichteten Neustadt.

In der Festung begann am 20. Mai 1784 die erste Ballonfahrt in Osteuropa.

Kamjanez-Podilskyj ist eine der ältesten Städte der Ukraine. Das genaue Alter der Stadt lässt sich nicht angeben. In Chroniken wird der Ort schon im Jahr 1106 als Stadt erwähnt. Vom 14. bis zum 18. Jahrhundert erlebte Kamjanez eine Aufschwung- und Blütezeit. Ab 1373 stand sie unter polnischer Herrschaft als Sitz der Woiwodschaft Podolien; seit dem 14. Jahrhundert war Kamjanez eine der bedeutendsten polnischen Festungen in der Ukraine. Mönche vieler Orden zogen hierher: zuerst die Dominikaner, dann die Franziskaner, später die Jesuiten (1608), Barfüßige Karmeliter (1623), Dominikaner (1615). Doch von 1672 bis 1699 gehörte die Stadt zum Osmanischen Reich. Ein Minarett wurde später in die Peter-und-Paul-Kathedrale integriert. Bei der zweiten Teilung Polens kam Kamjanez 1793 zum Russischen Reich und war Hauptstadt des Gouvernements Podolien. Im Jahr 1897 hatte die Stadt 39.113 Einwohner (50 % Juden, 30 % Polen), 16 russisch-orthodoxe, vier römisch-katholische und eine armenische Kirche, eine Synagoge, zwei russisch-orthodoxe und drei römisch-katholische Klöster sowie zwei Gymnasien[1]. In Garnison lagen das 1.Kuban- und das 1. Wolga-Kosaken-Regiment.

1918 wurde hier die Nationale Iwan-Ohijenko-Universität als erste ukrainische Universität gegründet und 1919 war die Stadt Interimssitz der Ukrainischen Nationalregierung. Seit Ende 1922 gehörte die Ukrainische SSR zur Sowjetunion. Am 19. November 1990 unterzeichneten Leonid Krawtschuk und Boris Jelzin einen Freundschaftsvertrag und damit die gegenseitige Anerkennung der staatlichen Souveränität.[2][3]

Verlassener deutscher Panzer und Fahrzeuge Kamenez-Podolsk, 1944.

Am 30. Juni 1941, acht Tage nach dem Beginn des deutsch-sowjetischer Krieges und einen Tag nach dem Ende der Panzerschlacht bei Dubno-Luzk-Riwne, griffen Sturzkampfbomber der Luftwaffe Kamenez-Podolsk an und verursachten schwere Zerstörungen.[4]

Ende August 1941 ermordeten SS-Einsatzgruppen beim Massaker von Kamenez-Podolsk mehr als 23.000 Juden. 1944 litt die Stadt in der Kesselschlacht von Kamenez-Podolski. Bei der Einkreisung der deutschen 1. Panzerarmee hatte die Rote Armee die Stadt erobert; sie wurde dann aber von den Deutschen zurückerobert, bevor der Kessel nach Westen „wanderte“. Der Entlastungsstoß des aus Frankreich herangeführten II. SS-Panzerkorps (9. SS-Panzer-Division „Hohenstaufen“ und 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“) kam aus dem Raum Stanislau, das noch bis Juni 1944 von den Deutschen gehalten wurde.[5]

Erst nach Kriegsende konnte der Wiederaufbau der Stadt beginnen. Die Stadt trug bis dahin den russischen Namen Kamenez-Podolsk/Каменец-Подольск, am 9. August 1944 wurde sie dann per Ukas in Kamenez-Podolski/Kamjanez-Podilskyj umbenannt.[6]

Die Einwohnerschaft von Kamjanez wurde im Wesentlichen von vier Bevölkerungsgruppen bestimmt: Polen, Ukrainern, Armeniern und Juden. Jede Bevölkerungsgruppe hatte bestimmte Wohnquartiere und hinterließ Spuren in der gesamten Stadtarchitektur. In der Blütezeit der Stadt soll es über 30 Kirchen und Klöster gegeben haben. Viele sind oder werden restauriert.

Am 16. Januar 1991 stellte Papst Johannes Paul II. die römisch-katholische Diözese Kamjanez-Podilskyj wieder her, die unter sowjetischer Herrschaft aufgelöst wurde.

Seit dem 24. August 1991 gehört Kamjanez-Podilskyj zur unabhängigen Ukraine und ist ein bedeutendes Wirtschafts-, Kultur-, Bildungs- und Tourismuszentrum des Staates.

Sehenswürdigkeiten

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Verwaltungsgliederung

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Am 12. Juni 2020 wurde die Stadt zum Zentrum der neugegründeten Stadtgemeinde Kamjanez-Podilskyj (Кам'янець-Подільська міська громада/Kamjanez-Podilska miska hromada). Zu dieser zählen auch die 12 in der untenstehenden Tabelle aufgelisteten Dörfer[7], bis dahin bildete sie die gleichnamige Stadtratsgemeinde Kamjanez-Podilskyj (Кам'янець-Подільська міська рада/Kamjanez-Podilska miska rada) im Zentrum des Rajons Kamjanez-Podilskyj.

Folgende Orte sind neben dem Hauptort Kamjanez-Podilskyj Teil der Gemeinde:

Name
ukrainisch transkribiert ukrainisch russisch
Chodoriwzi Ходорівці Ходоровцы (Chodorowzy)
Dowschok Довжок Должок (Dolschok)
Knjahynyn Княгинин Княгинин (Knjaginin)
Kolybajiwka Колибаївка Колыбаевка (Kolybajewka)
Liskiwzi Лісківці Лесковцы (Leskowzy)
Nahorjany Нагоряни Нагоряны (Nagorjany)
Ostriwtschany Острівчани Островчаны (Ostrowtschany)
Rychta Рихта Рыхта
Sinkiwzi Зіньківці Зиньковцы (Sinkowzy)
Smotrytsch Смотрич Смотрич (Smotritsch)
Tscherwona Tschahariwka Червона Чагарівка Червоная Чагаровка (Tscherwonaja Tschagarowka)
Wilchowez Вільховець Ольховец (Olchowez)

Städtepartnerschaften

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Kamjanez listet folgende Partnerstädte auf:[8]

Stadt Land seit
Athens Vereinigte Staaten Georgia, Vereinigte Staaten
Brantford Kanada Ontario, Kanada
Cihanbeyli Turkei Konya, Türkei
Częstochowa Polen Schlesien, Polen
Dolný Kubín Slowakei Žilinský Kraj, Slowakei
Edineț Moldau Republik Republik Moldau
Esslingen am Neckar Deutschland Baden-Württemberg, Deutschland 2023
Głogów Polen Niederschlesien, Polen
Gorzyce Polen Schlesien, Polen
Hautmont Frankreich Hauts-de-France, Frankreich
Herrljunga Schweden Västergötland, Schweden
Hrubieszów Polen Lublin, Polen
Kalisz Polen Wielkopolskie, Polen
Kispest , Budapest Ungarn Közép-Magyarország, Ungarn
Krakau Polen Małopolskie, Polen
Kutná Hora Tschechien Čechy, Tschechien 2008
Līvāni Lettland Lettland
Lublin Polen Polen 2016
Mariestad Schweden Västergötland, Schweden
Ponte Lambro Italien Lombardei, Italien 2006
Przemyśl Polen Podkarpackie, Polen 1997
Radoviš Nordmazedonien Jugoistočen, Nordmazedonien
Roman Rumänien Moldova, Rumänien
Sanok Polen Podkarpackie, Polen
Siret Rumänien Bukowina, Rumänien
Targówek , Warschau Polen Masowien, Polen
Tarnowo Podgórne Polen Wielkopolskie, Polen 2018
Teruel Spanien Aragón, Spanien
Ukmergė Litauen Vilnius, Litauen
Valle de Mena Spanien Castilla y León, Spanien
Wiesbaden Deutschland Hessen, Deutschland 2023
Włodawa Polen Lublin, Polen
Zalău Rumänien Crișana, Rumänien 2003
Zawiercie Polen Schlesien, Polen

Söhne und Töchter der Stadt

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Commons: Kamjanez-Podilskyj – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Meyers Konversationslexikon, 6. Auflage Leipzig - Wien 1908, Band 2, Stichwort „Kamenez-Podolsk“
  2. Crimea and the Black Sea Fleet in Russian- Ukrainian Relations (Memento vom 6. März 2014 im Internet Archive), Belfer Center, September 1995
  3. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-67019-0, S. 252
  4. Klaus Wiegrefe 26. Juni 2016 (Der Spiegel)
  5. Militärgeschichtliches Forschungsamt, Freiburg im Breisgau
  6. УКАЗ от 9 августа 1944 года Об уточнении наименований городов: Тарнополь, Черновицы, Каменец-Подольск, Владимир-Волынск, Чертков Украинской ССР in der russischsprachigen Wikisource
  7. Кабінет Міністрів України Розпорядження від 12 червня 2020 р. № 727-р "Про визначення адміністративних центрів та затвердження територій територіальних громад Хмельницької області"
  8. Міста-партнери (Partnerstädte). Stadtrat von Kamianets-Podilskyi, abgerufen am 23. August 2024 (ukrainisch).