Carl Theodor Welcker – Wikipedia
Karl Theodor Georg Philipp Welcker (* 29. März 1790 in Ober-Ofleiden bei Homberg (Ohm), Landgrafschaft Hessen-Darmstadt; † 10. März 1869 in Neuenheim, Großherzogtum Baden) war ein deutscher Rechtswissenschaftler und Politiker. Er saß im Verfassungsausschuss der Frankfurter Nationalversammlung.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Carl Theodor Welcker war eines von 17 Kindern des Pfarrers Philipp Christoph Welcker (1756–1829) und der Johanna Welcker, geb. Strack (1757–1829). Sein älterer Bruder Friedrich Gottlieb Welcker war ein berühmter Altphilologe.
Carl Theodor Welcker studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Gießen und Heidelberg. In Gießen war er seit dem 18. August 1806 immatrikuliert und seit 1807 Mitglied des Corps Franconia II.[1] Zusammen mit Friedrich Ludwig Weidig und Adolf Ludwig Follen war er an der unerlaubten Wiedergründung der Landsmannschaft Franconia am 8. Mai 1809 beteiligt. Diese wurde am 1. Juli desselben Jahres[2] von den Behörden aufgelöst, allerdings 1811 ein weiteres Mal gegründet. In Heidelberg ist Welcker als Angehöriger der Landsmannschaft der Oberrheiner nachgewiesen.[3]
Im Jahr seiner Habilitation 1813 veröffentlichte Welcker als Privatdozent seine Schrift Die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe. Die Universität Gießen berief ihn 1814 zum ordentlichen Professor der Rechtswissenschaften. 1814 hatte er in einer Rede über Deutschlands Freiheit ein starkes Deutschland mit einem wiederhergestellten Kaisertum und die Besinnung auf germanisch-christliche Traditionen bei scharfer Ablehnung aller französischen, überhaupt ausländischen Ideen gefordert, da er von der politischen Entwicklung enttäuscht war. Welcker nahm zusammen mit über 100 weiteren Gießener Studenten 1814 als Freiwilliger eines Jägerbataillons an den Befreiungskriegen teil.
Nach seiner Rückkehr lehrte Welcker als Professor Rechtswissenschaften an den Universitäten Kiel (1814–1816), Heidelberg (1816–1819), Bonn (1819–1822) und Freiburg im Breisgau (1822–1832, 1840/41). In Kiel war er zusammen mit Friedrich Christoph Dahlmann, August Twesten und Nikolaus Falck Herausgeber der frühliberalen Kieler Blätter, die von den deutschen Fürsten die Einhaltung ihres Verfassungsversprechens einforderten. Als führender Vertreter des süddeutschen Liberalismus war er von 1831 bis 1851 Mitglied der Zweiten Badischen Kammer und wurde bereits 1832 wegen seiner politischen Betätigung in den Ruhestand versetzt.
Weitere wichtige Lebensstationen Welckers waren 1847 die Teilnahme an der Heppenheimer Tagung und 1848/49 als Abgeordneter an der Frankfurter Nationalversammlung. 1848 war er Mitglied des Vorparlaments.[4] Er gehörte dort zuerst zur Casino-Fraktion und ab Dezember 1848 zur Fraktion Pariser Hof. Neben Friedrich Daniel Bassermann, Friedrich Christoph Dahlmann, Georg Waitz und Johann Gustav Droysen war er Mitglied des Verfassungsausschusses, dessen Aufgabe die Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung war. Er lieferte sich heftige Rededuelle mit dem Gießener Abgeordneten Carl Vogt. In dieser Zeit wurde er Ehrenmitglied der Freimaurerloge Zur Einigkeit in Frankfurt am Main.
Welcker wirkte von März bis Juli 1848 als badischer Bundestagsgesandter, von Mai bis Juli 1848 als badischer, später auch als lauenburgischer Bevollmächtigter bei der Provisorischen Zentralgewalt in Frankfurt, von August bis Oktober als außerordentlicher Gesandter der Provisorischen Zentralgewalt in Schweden sowie im Oktober und November 1848 als Reichskommissar in Österreich.
Welcker war ab März 1832 zusammen mit Karl von Rotteck in Freiburg im Breisgau Herausgeber und Redakteur der liberalen Zeitung Der Freisinnige, die mehrfach verboten wurde. Zusammen mit Rotteck gab er von 1834 bis 1843 die erste Auflage des Staats-Lexikons (Rotteck-Welckersches Staatslexikon) in 15 Bänden heraus, das zu seiner Zeit eine der Grundlagen liberaler Weltsicht bildete. Die zweite (12 Bde., 1845–1848) und dritte Auflage (14 Bde., 1856–1866) betreute er nach Rottecks Tod 1840 allein.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Hamburg wurde eine Straße in der Neustadt nach Welcker benannt und zu seinen Ehren ein zwischenzeitlich abgerissener Welcker-Brunnen des Architekten Georg Thielen vor dem Logenhaus der Vereinigten fünf Hamburgischen Logen errichtet. Auch in Karlsruhe gibt es eine Welckerstraße. In seinem Geburtsort Homberg-Ober-Ofleiden ist die Welckerstraße seit 2019 Teil des Welcker-Wiesen-Weges, der von der Kirche über die Ohmauen zur alten Ohmbrücke führt.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe. Philosophisch und nach den Gesetzen der merkwürdigsten Völker rechtshistorisch entwickelt, Gießen 1813.
- Jury, Schwur- oder Geschworenengericht als Rechtsanstalt und als politisches Institut. Die großen Gebrechen unserer deutschen Strafrechtspflege und das Schwurgericht als das einzige Mittel, ihnen gründlich abzuhelfen, Altona 1840.
- Johann Ludwig Klüber: Wichtige Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation. Mit eigenhändigen Anmerkungen. Aus seinen Papieren mitgeteilt und erläutert von Karl Theodor Welcker, 2. Aufl., Mannheim 1845.
- Hermann Klenner (Hrsg.): Rechtsphilosophie bei Rotteck/Welcker. Texte aus dem Staatslexikon 1834–1847, Rudolf Haufe Verlag, Freiburg/Br. u. a. 1994 (= Haufe-Schriftenreihe zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung, 6), ISBN 3-448-02940-8.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Georg Christoph Berger Waldenegg: Karl Theodor Welcker. In: Frank Engehausen, Armin Kohnle (Hrsg.): Gelehrte in der Revolution. Heidelberger Abgeordnete in der deutschen Nationalversammlung 1848/49. Georg Gottfried Gervinus, Robert von Mohl, Gustav Höfken, Karl Mittermaier, Karl Theodor Welcker, Karl Hagen, Christian Kapp, Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1998, S. 121–154.
- Heinrich Best, Wilhelm Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Droste, Düsseldorf 1996, S. 353–354.
- Ewald Grothe, Hans-Peter Becht (Hrsg.): Karl von Rotteck und Karl Theodor Welcker. Liberale Professoren, Politiker und Publizisten. Nomos, Baden-Baden 2018, ISBN 3-8487-4551-8 (= Staatsverständnisse. Bd. 108).
- Karl Theodor Welcker (= Meyer's Groschen-Bibliothek der deutschen Classiker für alle Stände. 360. Bändchen, ZDB-ID 1423064-1). Mit Biographie und Portrait. Hermann J. Meyer, New York NY 1850.
- Peter Moraw: Kleine Geschichte der Universität Gießen von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Aufl., Ferber, Gießen 1990, ISBN 3-927835-00-5.
- Heinz Müller-Dietz: Das Leben des Rechtslehrers und Politikers Karl Theodor Welcker (= Beiträge zur Freiburger Wissenschafts- und Universitätsgeschichte, Bd. 34). Albert, Freiburg 1968.
- Rainer Schöttle: Politische Freiheit für die deutsche Nation. Carl Theodor Welckers politische Theorie. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Frühliberalismus. Nomos-Verlags-Gesellschaft, Baden-Baden 1985 (= Schriften der Friedrich-Naumann-Stiftung. Wissenschaftliche Reihe), ISBN 3-7890-1066-9.
- Rainer Schöttle: Staatsorganismus und Gesellschaftsvertrag – die Staatstheorie Carl Theodor Welckers. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 135 (1987), S. 207–215.
- Rainer Schöttle: Politische Theorien des süddeutschen Liberalismus im Vormärz. Studien zu Rotteck, Welcker, Pfizer, Murhard. Nomos-Verlags-Gesellschaft, Baden-Baden 1994 (= Nomos-Universitätsschriften – Politik. Bd. 49) (Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1993), ISBN 3-7890-3192-5.
- Johanna Schultze: Carl Theodor Welckers Versuch einer entwicklungsgeschichtlichen Grundlegung der Geschichtswissenschaft. In: Geist und Gesellschaft. Kurt Breysig zu seinem sechzigsten Geburtstage. Bd. 3: Vom Denken über Geschichte. Marcus, Breslau 1928, S. 147–174.
- Klaus Anselm Vogel: Der Kreis um die Kieler Blätter (1815–1821). Politische Positionen einer frühen liberalen Gruppierung in Schleswig-Holstein. Lang, Frankfurt/M. 1989 (= Kieler Schriften zur politischen Wissenschaft. Bd. 3), ISBN 3-631-41495-1.
- Friedrich von Weech: Welcker, Karl Theodor. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 660–665.
- Andreas Thier: Welcker, Carl Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 27, Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-11208-1, S. 721–723 (Digitalisat).
- Egbert Weiß: Corpsstudenten in der Paulskirche (= Einst und Jetzt. Sonderheft 1990, ZDB-ID 300218-4). N. Streng u. a., Fürth u. a. 1990, S. 45.
- Karl Wild: Karl Theodor Welcker. Ein Vorkämpfer des älteren Liberalismus. Carl Winter, Heidelberg 1913.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Carl Theodor Welcker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Carl Theodor Welcker in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Welcker, Karl Theodor. Hessische Biografie. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Biographie Carl Theodor Welcker Stiftung
- Carl Theodor Welcker, BSB München
- 225. Geburtstag von Carl Theodor Welcker ( vom 24. September 2015 im Internet Archive) Liberaler Stichtag des Archivs des Liberalismus der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Einst und Jetzt, Bd. 7 (1962), S. 69.
- ↑ Biographie Carl Theodor Welcker Stiftung e. V.
- ↑ Ludwig R. Scheffer: Die Heidelberger Oberrheiner (Rhenania II). In: Deutsche Corpszeitung, Nr. 5/6, 1919, S. 21.
- ↑ Bundesarchiv: Mitglieder des Vorparlaments und des Fünfzigerausschusses (PDF-Datei; 79 kB).
Personendaten | |
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NAME | Welcker, Carl Theodor |
ALTERNATIVNAMEN | Welcker, Carl Theodor Georg Philipp |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Gelehrter und liberaler Politiker |
GEBURTSDATUM | 29. März 1790 |
GEBURTSORT | Ober-Ofleiden |
STERBEDATUM | 10. März 1869 |
STERBEORT | Neuenheim bei Heidelberg |