Kunstforum Ostdeutsche Galerie – Wikipedia
Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) ist eine Kunstsammlung von Werken deutscher Künstler aus den ehemals deutschen Ostgebieten und den deutschen Siedlungsgebieten in Ost- und Südosteuropa. Bis zur Wiedervereinigung wurden auch Werke von Künstlern aus der DDR gesammelt. Der Sitz in Regensburg ist auch im Zusammenhang mit der Schirmherrschaft der Stadt für die Belange der Sudetendeutschen zu sehen.[1]
Das Museum wird nach § 96 BVFG gefördert, und zwar zu 50 % vom Bund, zu 20 % vom Freistaat Bayern und zu 30 % von der Stadt Regensburg getragen. Es vergibt alle zwei Jahre den Lovis-Corinth-Preis.[2] Seit 2010 ist der Preis gelegentlich mit 10.000 Euro dotiert.[3]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Standort
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits 1652 wurde auf dem heutigen Gelände des Museums ein Schützenhaus für die städtische Schießstätte gebaut. Dieses denkmalgeschützte Haus befindet sich gegenüber dem später errichteten Museumsgebäude. Es ist das älteste Bauwerk des Ensembles und dient jetzt dem Museum als Verwaltungsgebäude. Das Hauptgebäude des Museums im Stadtpark stammt aus dem Jahr 1871 und wurde ursprünglich als städtische Turnhalle errichtet. Ab 1906 wurde es zu einem Ausstellungsgebäude umgebaut und in das Gelände der Oberpfälzischen Kreisausstellung einbezogen, die 1910 anlässlich der 100-jährigen Zugehörigkeit der ehemaligen Reichsstadt zum Bayern veranstaltet wurde. 1942, während des Zweiten Weltkriegs, wurde in der Halle eine Luftschutzschule eingerichtet. Nach dem Krieg nutzte die Stadt Regensburg das Gebäude für Kulturzwecke, erst als Kunsthandlung, dann für die städtische „Galerie Zeitgenössische Kunst Ostbayerns“. Nachdem Regensburg die Patenschaft für die Sudetendeutschen übernommen hatte, gab es gezielt Ausstellungen sudetendeutscher Künstler.[4] Die Sammlung „Sudetendeutsche Galerie“ des Adalbert Stifter Verein fand 1957 hier eine Bleibe. „1970: „Die Bestände des Adalbert Stifter Vereins und der Künstlergilde werden hier vereint.“[5][6]
Um 1960 wurden kleinere Anbauten an den Seitenflügeln sowie ein Erweiterungsbau auf der Parkseite errichtet. Dazu musste der Eingang mit dem Portikus auf die Straßenseite verlegt werden. Da die Figur der Pallas Athene auf der Spitze der Kuppel nicht gedreht wurde, wendet sie seitdem dem Besucher beim Betreten ihren Rücken zu.[7] Nach einer Umbenennung in „Museum Ostdeutsche Galerie“ erhielt das Museum 2003 seinen heutigen Namen „Kunstforum Ostdeutsche Galerie“.[4]
Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie befindet sich in der nach Johann Maier benannten Straße, der wenige Tage vor der Kapitulation am Morgen des 24. April 1945 um 3:25 Uhr auf dem Moltkeplatz, heute Dachauplatz, in Regensburg von fanatischen Nationalsozialisten hingerichtet wurde.[8]
Gründung / Stiftung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1966 wurde die Stiftung Bürgerlichen Rechts als allgemeine nicht-kommunale Stiftung „Ostdeutsche Galerie“ gegründet, die bis heute Trägerin des Museums ist. Gründer war der Kulturdezernent der Stadt Regensburg Walter Boll.[9][10][11] Die Museumseröffnung erfolgte 1970.[12] Als heute faktisch durch die öffentliche Hand finanziertes Museum wird die Stiftung durch zwei Gremien repräsentiert, durch den Stiftungsrat unter dem Vorsitz der Regensburger Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und durch den Stiftungsvorstand bestehend aus dem Stadtrat und Rechtsreferenten der Stadt Regensburg, Walter Boeckh und der Direktorin des KOG, Agnes Tieze.[13]
Stiftungsrat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorsitzende: Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg sowie Vertreter
- der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
- des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration der Länder
- der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin
- des Adalbert-Stifter-Vereins e. V., München
- des Bundes der Vertriebenen
- der KünstlerGilde Esslingen e. V.
- des Vereins der Freunde und Förderer des Kunstforums Ostdeutsche Galerie in Regensburg e. V.
§ 96 BVFG-Förderung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Förderer im Rahmen des § 96 BVFG sind von Anfang an die Bundesrepublik Deutschland, die Bundesländer und die Stadt Regensburg.
„Die Stiftung Kunstforum Ostdeutsche Galerie wird rund zur Hälfte vom Bund unterstützt – 2015 und 2016 mit 647.000 Euro. Darüber hinaus fördern der Freistaat Bayern und die Stadt Regensburg. Letztere stellt zudem den Museumskomplex mietfrei zur Verfügung.“
Sammlung/Bestände
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Museum verfügt inzwischen über eine Sammlung von 2.000 Gemälden, 500 dreidimensionalen Werken und 30.000 Grafiken, Radierungen, Zeichnungen etc. Sie deckt Kunst zwischen etwa 1800 und der Gegenwart ab und setzt den Schwerpunkt auf die Klassische Moderne zwischen Impressionismus und Neuer Sachlichkeit.
Neben Werken bisher noch weniger bekannter Künstler, etwa Clara Siewert, Irma Lang-Scheer[14] oder Willi Ulfig, sind auch solche international hochgeschätzter wie Gerhard Richter, Carl Gustav Carus, Lovis Corinth, Käthe Kollwitz, Otto Müller, Adolf Hölzel und Bernard Schultze, Otto Freundlich, Ludwig Meidner, Sigmar Polke, Katharina Sieverding, Dan Flavin, Peter Weibel, Gerhard Swoboda oder Oskar Kokoschka vorhanden.
Die graphische Sammlung umfasst Werke von Heinrich Wolff, August Brömse, Carl Thiemann, Hugo Steiner-Prag, Ingrid Wagner-Andersson, Irma Lang-Scheer, Emil Orlik, Willy Jaeckel, Ernst Marow, Daniel Chodowiecki, Adolph von Menzel, Wenzel Hablik, Josef Hegenbarth, Alfred Kubin, Paul Holz, Hans Fronius, Rudolf Jakubek und Markus Lüpertz.
Seit 2009 verfügt das Museum über ein Konvolut von über 160 Werken von Ben Muthofer, darunter neun Skulpturen und Reliefs, etwa 150 Grafiken sowie drei Gemälde. Diese Stiftung stellt einen repräsentativen Querschnitt des Werks des konstruktiv-konkreten Künstlers dar.[15]
- Friedrich Preller d. Ä.: Hünengrab auf Rügen (1843)
- Georg Müller-Breslau: Riesengebirgslandschaft mit Fernblick (1884)
- Adolf Hölzel: Capodistria (1905)
- Lovis Corinth: Das Große Martyrium (1907)
Museumsdirektoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Walter Boll: 1966–1978
- Werner Timm: 1979–1992 (Museum teilweise geschlossen)
- Lutz Tittel: 1993–1996[16]
- Pavel Liška: 2001–2004[17]
- Ulrike Lorenz: 2004–2008[18][19]
- Andrea Madesta: 2009–März 2012
- Agnes Tieze seit April 2012
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ulrike Lorenz und Gerhard Leistner: Erinnerung & Vision, 100 Meisterwerke aus der Sammlung. Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg 2005, ISBN 3-89188-110-X.
- Peter Becher: Von der sudetendeutschen Galerie zum Kunstforum Ostdeutsche Galerie. In: Sudetenland. Europäische Kulturzeitschrift, 56. Jahrgang, Heft 3, Adalbert Stifter Verein, München 2014, S. 371–374.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ostdeutsche Galerie in Regensburg. Archiviert vom ; abgerufen am 21. Juni 2024.
- ↑ Lovis Corinth-Preis für Bildende Kunst. Künstlergilde e. V. Esslingen, archiviert vom am 28. Oktober 2017; abgerufen am 27. Oktober 2017.
- ↑ Lovis Corinth-Preis. Kulturpreise.de, abgerufen am 27. Oktober 2017.
- ↑ a b Geschichte auf der Site des Kunstforums Ostdeutsche Galerie (Seite dauerhaft nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven), abgerufen am 19. November 2020. (PDF)
- ↑ Presseinformation: Archivierte Kopie ( vom 19. März 2018 im Internet Archive)
- ↑ Das heutige Kunstforum Ostdeutsche Galerie. Abgerufen am 21. Juni 2024.
- ↑ Die Geschichte beruht auf: Agnes Tieze: Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie. Geschichte, Sammlung, Ausblick. In: HDO-Journal, herausgegeben vom Haus des Deutschen Ostens, München, Nr. 13 / 2014, Seiten 23–28
- ↑ Instrumentalisierung eines Justizmordopfers. 16. April 2017, abgerufen am 21. Juni 2024 (deutsch).
- ↑ Universitätsbibliothek Regensburg: Bosls bayerische Biographie. Ergänzungsband : 1000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hrsg. von Karl Bosl. Pustet, Regensburg 1988. http://bosl.uni-regensburg.de/?seite=32&band=2
- ↑ Dr . Walte r Boll i n memoriam. Abgerufen am 21. Juni 2024.
- ↑ StiftungsVerzeichnis – Stiftung Kunstforum Ostdeutsche Galerie http://stiftungen.bayern.de/stiftung/1877 Bay. Landesamt für Statistik: „Die Einträge der privaten (nicht öffentlichen) Stiftungen sind jedoch u.U. nicht in allen Fällen vollständig und aktuell, da diese Stiftungen keiner staatlichen Aufsicht unterstehen und somit keine Meldepflichten bestehen.“ Anders als in einem Unternehmensregister keine Transparenz zu Veränderungen in den letzten Jahrzehnten im Stiftungsregister bei der Regierung der Oberpfalz.
- ↑ Archivierte Kopie ( vom 18. Februar 2017 im Internet Archive)
- ↑ Stiftung Kunstforum Ostdeutsche Galerie. Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, abgerufen am 12. November 2020.
- ↑ Offizielle Internetseite von Irma Lang-Scheer: https://www.irmalangscheer.net/provenienz-der-bilder-im-kunstforum-ostdeutsche-galerie-regensburg.html?page-id=554
- ↑ Stiftung Ben Muthofer ( vom 1. März 2010 im Internet Archive) – Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg, 30. Juli 2009
- ↑ Otto Koehler: Auf zum Jagen. In: Die Zeit. Nr. 28/1996 (online).
- ↑ Nachruf zu Pavel Liška in der Mittelbayerischen Zeitung: Der lächelnde Böhme: Grenzgänger der Kunst vom 27. Oktober 2021, Jg. 77, Nr. 249, S. 29.
- ↑ Dr. Ulrike Lorenz Direktorin der Kunsthalle Mannheim in den Vorstand des Deutschen Museumsbundes gewaehlt - freundederkuenste.de. 14. Februar 2016, abgerufen am 21. Juni 2024.
- ↑ Direktorin Kunsthalle Mannheim Archivierte Kopie ( vom 10. März 2018 im Internet Archive)
Koordinaten: 49° 1′ 11,4″ N, 12° 4′ 56″ O