Rezeptfreies Medikament – Wikipedia

Ein rezeptfreies Medikament oder rezeptfreies Arzneimittel (aufgrund der englischen Bezeichnung over-the-counter drug (wörtlich Über-den-Ladentisch-Arzneimittel) auch OTC-Arzneimittel genannt) ist ein Arzneimittel, das nicht verschreibungspflichtig ist; es kann also ohne ärztliche Verschreibung erworben werden.[1] Dabei kann es sich sowohl um apothekenpflichtige als auch freiverkäufliche (nicht apothekenpflichtige) Arzneimittel handeln.

Kennzeichnend für rezeptfreie Arzneimittel ist, dass ihre Anwendung in der Bevölkerung auch dann als wirksam und sicher gilt, wenn keine Behandlung durch einen Heilberufler in Anspruch genommen wird.[2]

Rezeptfreie Arzneimittel spielen eine große Rolle im Rahmen der Selbstmedikation. Für die gesetzliche Krankenversicherung haben sie aufgrund des weitgehenden Ausschlusses der Kostenübernahme nur noch eine geringe Bedeutung. Ihr Umsatzanteil am gesamten GKV-Arzneimittelmarkt liegt nur noch bei etwa 3 Prozent. In der privaten Krankenversicherung entfallen 14,1 Prozent aller Umsätze und 35,8 Prozent aller Verordnungen auf rezeptfreie Arzneimittel (Stand: 2009).[3]

Nach § 48 des deutschen Arzneimittelgesetzes kann das Bundesgesundheitsministerium Medikamente unter anderem dann als nicht verschreibungspflichtig einstufen, wenn sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die Gesundheit des Anwenders nicht gefährden, auch wenn sie ohne ärztliche Überwachung angewendet werden. Ein Sachverständigenausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erarbeitet Vorschläge, welche Stoffe aus der Verschreibungspflicht entlassen werden können oder ihr zu unterstellen sind.

Als OTX-Arzneimittel werden rezeptfreie Arzneimittel bezeichnet, die von einem Arzt verordnet werden. Die Verordnung kann auf einem Privatrezept, GKV-Rezept oder „Grünem Rezept“ erfolgen, losgelöst von einer möglichen Erstattungsfähigkeit.[4]

Rezeptfreie Arzneimittel machen in der Apotheke ungefähr die Hälfte des Absatzes (in Packungseinheiten) aus. Der weitaus größte Umsatzanteil jedoch entfällt auf die Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln.

Arzneimittelmarkt in Deutschland: Absatz in Mio. Packungseinheiten (PE)[5]
Bereich 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Selbstmedikation 566 559 556 588 583 613 619 619
OTX 121 120 116 121 117 122 122 120
OTC, gesamt (Summe Selbstmedikation + OTX) 689 679 672 709 700 735 741 739
Rx (1) 690 692 692 710 727 734 741 738
Apothekenmarkt, gesamt 1379 1371 1364 1419 1427 1469 1481 1478
Außerhalb der Apotheke (2) 69 66 62 60 59 62 62 59

(1) Angaben 2010–2013 ohne, ab 2014 inkl. Versandhandel, (2) Angaben 2010–2011 ohne, ab 2012 inkl. Discounter

Arzneimittelmarkt in Deutschland: Umsatz in Mrd. Euro[5]
Bereich 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Selbstmedikation 4,42 4,39 4,44 4,73 4,83 5,16 5,32 5,45
OTX 1,23 1,21 1,19 1,23 1,20 1,25 1,26 1,28
OTC, gesamt (Summe Selbstmedikation + OTX) 5,66 5,61 5,63 5,98 6,03 6,41 6,58 6,23
Rx (1) 33,31 33,53 34,02 35,97 41,85 43,81 45,08 46,82
Apothekenmarkt, gesamt 38,97 39,14 39,65 41,95 47,87 50,22 51,66 53,55
Außerhalb der Apotheke (2) 0,22 0,21 0,19 0,19 0,19 0,20 0,21 0,19

(1) Angaben 2010–2013 ohne, ab 2014 inkl. Versandhandel, (2) Angaben 2010–2011 ohne, ab 2012 inkl. Discounter

Kostenübernahme in der gesetzlichen Krankenversicherung

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Seit dem GKV-Modernisierungsgesetz im Jahr 2004 werden die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel im Grundsatz nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Gemäß den Ausnahmeregelungen in § 34 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfolgt weiterhin eine Kostenübernahme bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und bei Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, sofern diese Entwicklungsstörungen aufweisen. Zudem kann der Gemeinsame Bundesausschuss nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, auf eine Ausnahmeliste setzen.[6] Seit dem Jahr 2012 dürfen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zudem rezeptfreie Arzneimittel im Rahmen von Satzungsleistungen anbieten. Voraussetzung ist allerdings die ärztliche Verordnung. Derzeit machen etwa 70 Krankenkassen hiervon Gebrauch.[7]

Erstattung in der privaten Krankenversicherung

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Die private Krankenversicherung (PKV) erstattet ihren Versicherten die Kosten der Medikamente, die von der Evidenzbasierten Medizin anerkannt wurden oder die sich als Alternativmedizin in der Praxis bewährt haben. Damit werden auch die Kosten von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten übernommen. Voraussetzung ist, dass der Einreichung beim Versicherungsunternehmen auch eine entsprechende ärztliche Verordnung beiliegt und die Erstattung vertraglich vereinbart wurde.

Daten aus pharmakoepidemiologischen Untersuchungen

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Aus bevölkerungsrepräsentativen pharmakoepidemiologischen Studien wurden umfangreiche Daten zu Art und Umfang des Gebrauchs von rezeptfreien Arzneimitteln in Deutschland vom Robert Koch-Institut vorgelegt.[8][9]

Nicht verschreibungspflichtig, also rezeptfrei, sind Arzneimittel der Abgabekategorien D und E. Die Festlegung der Verschreibungspflicht erfolgt durch die Swissmedic.

In Österreich dürfen auch rezeptfreie Arzneimittel nur in Apotheken verkauft werden, eine Abgabe in Drogerien sowie Selbstbedienung sind nicht zulässig.[10] Der Versand über Online-Apotheken ist hingegen möglich.[11]

Wiktionary: rezeptfrei – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. BfArM: Glossar OTC. 13. August 2013, abgerufen am 18. Mai 2015.
  2. U.S. Food & Drug Administration (FDA): Drug Applications for Over-the-Counter (OTC) Drugs. Abgerufen am 23. Februar 2018 (englisch).
  3. F. Wild: Arzneimittelversorgung von Privatversicherten 2009: Zahlen, Analysen, PKV-GKV-Vergleich. (Memento vom 19. April 2011 im Internet Archive). (PDF; 783 kB).
  4. Glossar-Verzeichnis des BAH, abgerufen am 11. März 2019.
  5. a b BAH-Zahlenbroschüren 2010 bis 2017
  6. Gemeinsamer Bundesausschuss: Gemeinsamer Bundesausschuss beschließt Ausnahme-Liste. 16. März 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Januar 2011; abgerufen am 18. August 2010.
  7. OTC-Arznei als Satzungsleistung. In: Ärzte Zeitung. 17. März 2015, abgerufen am 18. Mai 2015.
  8. R. Beitz, M. Dören, H. Knopf, H. U. Melchert: Self-medication with over-the-counter (OTC) preparations in Germany. In: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 47(11), Nov 2004, S. 1043–1050. PMID 15549197.
  9. H. U. Melchert, H. Knopf, E. Pabel, M. Braemer-Hauth, Y. Du: Co- and multimedication in users of ASA and vitamin E drugs in the Federal Republic of Germany. Results of the Federal Health Surveys 1984–1999. In: Int J Clin Pharmacol Ther. 39(11), Nov 2001, S. 488–491, PMID 11727969.
  10. Rezeptfreie Arzneimittel weiter nur in Apotheken erhältlich. In: Vienna.at. 23. März 2021, abgerufen am 21. August 2021.
  11. Medikamente aus dem Internet. In: gesundheit.gv.at. 11. Juli 2019, abgerufen am 21. August 2021.