Quendel-Seide – Wikipedia

Quendel-Seide

Quendel-Seide (Cuscuta epithymum)

Systematik
Asteriden
Euasteriden I
Ordnung: Nachtschattenartige (Solanales)
Familie: Windengewächse (Convolvulaceae)
Gattung: Seide (Cuscuta)
Art: Quendel-Seide
Wissenschaftlicher Name
Cuscuta epithymum
(L.) L.

Die Quendel-Seide (Cuscuta epithymum) ist ein Vollschmarotzer aus der Gattung Seide (Cuscuta) in der Familie der Windengewächse (Convolvulaceae). Das Artepitheton epithymum (von griechisch epi, „auf“, und thymon, „Thymian, Quendel“) bezieht sich auf das Wachsen bzw. Schmarotzen der Pflanze auf den Wurzeln von Thymian-Arten (insbesondere von Thymus serpyllum).[1][2]

Illustration

Vegetative Merkmale

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Die Quendel-Seide Pflanze ist eine einjährige krautige Pflanze und wird 20 bis 60 Zentimeter lang. Die dünnen, verzweigten, rötlichen Stängel der Quendel-Seide tragen kaum erkennbare Blätterreste.

Generative Merkmale

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Die Blütezeit reicht von Juli bis September. Die kurzgestielten bis sitzenden Blüten stehen in unscheinbaren rosafarbenen Blütenknäueln zusammen. Die Knäuel sind 8- bis 18-blütig.[3] Sie haben einen Durchmesser von 5 bis 12 Millimeter und stehen in den Achseln einzelner rötlicher Hochblätter.[3] Der Kelch ist 5-teilig und etwa halb so lang wie die Kronröhre.[3] Die Blütenkronen sind glockig bis walzlich.[3] Die 5 Kronzipfel sind etwa so lang wie die Kronröhre; ihre Spitzen sind zurückgeschlagen.[3] Die Krone besitzt Schlundschuppen, die nach innen zusammenneigen und die Kronröhre verschließen.[3] Die zwei bis vier Griffel sind aufrecht und länger als der Fruchtknoten.[3] Die Narbe ist blass braunrot, vertrocknet dunkelrot, selten gelb.[3] Die Kapselfrucht enthält vier Samen.[3] Sie springt regelmäßig quer auf, immer auf oder kurz unter dem Scheitel. Die Blütenkrone bleibt an der Frucht erhalten.[3] Die Samen sind rundlich, 0,3 bis 1,3 Millimeter lang und wiegen im Mittel 0,3 bis 0,35 mg.[3]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14.[4]

Habitus im Habitat
Die Quendel-Seide am Heidekraut

Wie bei allen Cuscuta-Arten sucht sich schon der Keimling eine Wirtspflanze, indem sich der fadenförmige Stängel in kreisenden Bewegungen so lange dreht, bis er eine geeignete Pflanze findet, an der er sich emporwinden kann. Im Falle der Quendel-Seide geschieht dies linkswindend. Mit ihren Saugfortsätzen (Haustorien) dringt die Seide in das Leitungsgewebe (Phloem) der Wirtspflanze (insbesondere bestimmte Thymianarten und Klee) ein und entzieht ihr die zum Wachstum nötige Nährlösung.

Das Verbreitungsgebiet der Quendel-Seide reicht in Europa vom westlichen England und südlichen Norwegen, Lettland und Estland bis in den Süden ins nördliche Spanien, Italien (einschließlich Sizilien) und Griechenland. Außerhalb Europas kommt sie ursprünglich in Nordafrika und von der Türkei bis China vor.[5] In Australien, Neuseeland, Nord- und Südamerika ist sie ein Neophyt.[5] Die Klee-Seide kommt in Mitteleuropa in Gesellschaften des Verbands Violion caninae, Genistion pilosae, auch des Unterverbands Sarothamnenion, seltener im Mesobromion vor. Sie ist eine Charakterart der Klasse der Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden (Nardo-Callunetea).[4] In den Allgäuer Alpen steigt die Unterart Cuscuta epithymum subsp. epithymum im Tiroler Teil an der Wildmahdspitze bis in eine Höhenlage von 2120 Metern auf.[6] In der Schweiz wurde Cuscuta epithymum im Oberengadin in 2200 Meter Meereshöhe beobachtet.[3]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+w+ (frisch aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[7]

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 als Varietät Cuscuta europaea var. epithymum durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus 1, S. 129. Den Rang einer Art Cuscuta epithymum (L.) L. hat Carl von Linné 1759 in Amoenitates Academici seu dissertationes variae physicae, medicae..., ed. 4, S. 478 (1759) veröffentlicht. Synonyme sind Cuscuta alba C. Presl, Cuscuta stenoloba Bornm. & O. Schwarz.[8]

Je nach Autor gibt es von Cuscuta epithymum mehrere Unterarten und Varietäten:[5]

  • Cuscuta epithymum (L.) L. subsp. epithymum
  • Cuscuta epithymum subsp. kotschyi (Des Moul.) Arcang.: Sie ist von Südeuropa bis zum Iran verbreitet.[5]
  • Cuscuta epithymum var. alba (J.Presl & C.Presl) Trab. (Syn.: Cuscuta alba C. Presl): Sie kommt vom Mittelmeerraum bis Turkmenistan vor.[5]
  • Cuscuta epithymum var. angustissima (Engelm.) Yunck.: Sie kommt im westlichen und im zentralen Mittelmeerraum vor.[5]
  • Cuscuta epithymum var. macranthera (Heldr. & Sart. ex Boiss.) Engelm.: Sie kommt im Mittelmeerraum vor.[5]
  • Cuscuta epithymum var. rubella (Engelm.) Trab.: Sie kommt im zentralen Mittelmeerraum vor.[5]
  • Cuscuta epithymum var. sagittanthera Engelm.: Sie kommt in Tunesien vor.[5]
  • Cuscuta epithymum var. scabrella (Engelm.) Yunck.: Sie kommt von Südosteuropa bis zur Türkei vor.[5]
  • Die Klee-Seide (Cuscuta epithymum subsp. trifolii (Bab. & Gibson) Berher) wird manchmal als eigene Art angesehen, andererseits von einigen Autoren nicht einmal als Unterart anerkannt, sondern zur „Echten Quendelseide“ Cuscuta epithymum (L.) L. subsp. epithymum gestellt.[5] Die Klee-Seide schmarotzt auf Klee-Arten (Trifolium) und auf Luzerne (Medicago sativa).[4]

Die Quendel-Seide fand früher auch Anwendung in der Heilkunde.[9]

Für die Quendel-Seide (lateinisch früher auch epithymum, epithimum[10] und epitimum[11]) bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen wie Quendelflachsseide, Fasen auf dem Cleen (bereits 1485 erwähnt), Filzkraut, Quendelwolle, Kleine Seide, Thymdotterkraut, (kleine) Thymseide,[12] Thymseiden und Kretisches Thymseidenkraut.[13]

Commons: Quendel-Seide (Cuscuta epithymum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel/Stuttgart 1976, ISBN 3-7643-0755-2, S. 157.
  2. Vgl. auch Walther Ryff: Confect Büchlin und Hausz Apoteck. Frankfurt am Main 1544, c<1> recto (übersetzt „Zugewächs des edlen wohlriechenden Thymians oder Welschen Quendels; bei den Alten Quendelblüte oder Thymianblüte“).
  3. a b c d e f g h i j k l Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 3. Verlag Carl Hanser, München 1966. S. 2094–2098.
  4. a b c Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 773.
  5. a b c d e f g h i j k Cuscuta epithymum. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 22. November 2017.
  6. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 361.
  7. Cuscuta epithymum (L.) L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 30. Dezember 2022.
  8. Datenblatt Cuscuta bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  9. Vagn J. Brøndegaard. Ethnobotanik. Pflanzen im Brauchtum, in der Geschichte und Volksmedizin. Mensch und Leben, Berlin 1985, S. 256–264.
  10. Vgl. auch Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 142 (Epithymus).
  11. Vgl. Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 31 (Epitimum „die fasen au[…]“).
  12. B. Lagrange: Vollständige Apothekerwissenschaft. Zweiter Theil: Materia medica. Aus dem Französischen übersetzt. Friedrich Gotthelf Baumgärtner, Leipzig 1796, S. 92.
  13. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 123 (online).