Rückraumspieler – Wikipedia
Ein Rückraumspieler (in Österreich und der Schweiz auch Aufbau genannt) ist eine Spielposition beziehungsweise ein Spieler im Handball. In einem Handballspiel hat eine vollzählige angreifende Mannschaft in der Regel drei Rückraumspieler: je einen Spieler auf den Positionen Rückraum links (RL), Rückraum mitte (RM) und Rückraum rechts (RR). Die Bezeichnung der Spielpositionen ergibt sich aus der Sichtweise des eigenen Torwarts und dem normalen Aufenthaltsbereich der Spieler vor der 9-Meter-Linie, dem sogenannten Rückraum.
Aufgaben der Rückraumspieler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während sich die Aufgaben der beiden äußeren Rückraumpositionen gleichen, hat der Spieler auf der Position Rückraum Mitte eine deutlich andere Funktion zu erfüllen.
Rückraum Mitte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Spieler auf der Position Rückraum Mitte wird häufig auch Spielmacher genannt. Seine Aufgabe ist es unter anderem Spielzüge, das heißt im Training einstudierte Spielabläufe, beispielsweise mit Kreuzen, Sperren, Einlaufen oder auch Kempa-Tricks, anzusagen beziehungsweise einzuleiten. Die Spielzüge haben oft Nummern, die gerufen oder mit den Fingern angezeigt werden. Manchmal haben die Spielzüge auch Codenamen oder es kann auch eine bestimmte, zuvor vereinbarte, Geste sein. Beispielsweise sagte Markus Baur, der Spielmacher der deutschen Nationalmannschaft, mit einem Griff an seine Nase, im Halbfinalspiel Deutschland – Frankreich bei der WM 2007 einen spektakulären Kempa-Trick an, den Dominik Klein schließlich zum 23:23 Ausgleichstreffer verwandelte.[1]
Im Gegensatz zu seinen beiden Mitspielern im linken sowie rechten Rückraum sind Torerfolge aus dem Rückraum, das heißt im Bereich der 9-Meter-Linie, bei vielen Spielmachern eher selten. Das Verteilen der Bälle, Anspiele an den Kreisläufer und das Einbrechen in Deckungslücken an den Kreis, das ist meist das Spiel auf dieser Position. Während gerade im Männerhandball die äußeren Rückraumpositionen meist mit sehr groß gewachsenen Spielern besetzt sind, kann die Position Rückraum Mitte – selbst auf höchstem internationalen Niveau – auch von „normal gewachsenen“ Spielern sehr gut ausgefüllt werden. Beispiele hierfür sind Talant Dujshebaev mit 1,80 m oder gar Ljubomir Vranjes mit 1,68 m Körperlänge.
Die Aufgaben in der Deckung können sehr unterschiedlich sein. Meist wird eine der beiden Halbpositionen besetzt. Kleinere Spieler werden dagegen eher auf den Außenpositionen eingesetzt. Deckungsschwächere Spielmacher, wie beispielsweise Ivano Balić, werden in der Abwehr oft ausgewechselt.
Rückraum links und Rückraum rechts
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die beiden Rückraumpositionen werden im Leistungshandball in aller Regel mit sehr hochgewachsenen Spielern besetzt, die eine hohe Wurfkraft haben. Um aus dem Rückraum mit Würfen erfolgreich zu sein, bedarf es in vielen Fällen einer entsprechend hohen Wurfposition, um über den gegnerischen Abwehrblock werfen zu können. In einigen Fällen kann dies aber auch durch eine außergewöhnliche Wurfkraft kompensiert werden. Neben den Würfen aus der zweiten Reihe wird von diesen Spielposition aus auch oft versucht in entsprechende Deckungslücken zu stoßen, um aus deutlich kürzerer Distanz zum Torwurf zu kommen. Dabei besteht die Gefahr eines Offensivfouls, auch Stürmerfoul genannt.
Neben diesen rein auf das Torewerfen beschränkten Aufgaben (die Shooter-Positionen), spielen die beiden äußeren Rückraumspieler auch den Kreisläufer, beziehungsweise ihre jeweiligen Außenspieler an, damit über diese Positionen Torerfolge gelingen. Dazu wird in der Regel versucht möglichst zwei Gegenspieler durch eine – häufig nur angetäuschte – Aktion zu binden, um dann an den freien Mitspieler zu passen.
In der Deckung bilden die hochgewachsenen Rückraumspieler meist den sogenannten Mittelblock. Abwehrschwächere Spieler, wie beispielsweise Pascal Hens, gehen dann meist auf die Außenpositionen oder werden ausgewechselt.
Zwischen beiden Spielpositionen besteht ein kleiner Unterschied. Auf Rückraum links spielen Rechtshänder, während auf Rückraum rechts bei allen Spitzenmannschaften in der Regel Linkshänder eingesetzt werden. Die Ballführung mit der linken Hand bietet auf dieser Position den Vorteil eines günstigeren Wurfwinkels zum Tor.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Trefferquoten von Rückraumspielern sind, im Vergleich zu den Außenspielern oder dem Kreisläufer, deutlich niedriger. Der höhere Abstand zum Tor – aus dem Rückraum 9 m gegenüber 6 m bei den anderen Spielpositionen – gibt dem gegnerischen Torwart mehr Reaktionszeit. Außerdem hat die Deckung auch die Möglichkeit zum Blocken eines Wurfes.
Bekannte Rückraumspieler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rückraum Mitte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alina Grijseels
- Ivano Balić
- Daniel Narcisse
- Markus Baur
- Talant Dujshebaev
- Anita Görbicz
- Gro Hammerseng-Edin
- Michael Kraus
- Stefan Lövgren
- Magnus Wislander
- Iker Romero
- Grzegorz Tkaczyk
- Martin Strobel
- Aron Pálmarsson
- Domagoj Duvnjak
- Andy Schmid
- Michael Haaß
- Viktor Szilágyi
- Thomas Mogensen
- Nikola Bilyk
- Petar Nenadić
- Máté Lékai
Rückraum links
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Karol Bielecki
- Joachim Deckarm
- Filip Jícha
- Pascal Hens
- Daniel Stephan
- Nikola Karabatić
- Lars Kaufmann
- Nadine Krause
- Blaženko Lacković
- Momir Ilić
- Siarhei Rutenka
- Erhard Wunderlich
- Jérôme Fernandez
- William Accambray
- Mikkel Hansen
- Klemen Cehte
- Nikola Bilyk
- Alexander Hermann
- Philipp Weber
- Paul Drux
- Sander Sagosen
- Frank-Michael Wahl
Rückraum rechts
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kim Andersson
- Holger Glandorf
- Grit Jurack
- Jerzy Klempel
- Mariusz Jurasik
- Yoon Kyung-shin
- Kiril Lazarov
- Ólafur Stefánsson
- Christian Zeitz
- Volker Zerbe
- Michael Müller
- Marcin Lijewski
- Krzysztof Lijewski
- Oscar Carlén
- Steffen Weinhold
- Maximilian Hermann
- Marko Vujin
- Zsolt Balogh
- Rüdiger Borchardt
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bernhard Kempa – Der Fritz Walter des deutschen Handballs Frankfurter Allgemeine Zeitung 19. November 2010
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Finger N, Taktische Angriffsmaßnahmen im Handball, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, 2001