Rigidität (Psychologie) – Wikipedia

Rigidität (lateinisch rigiditas „Starre, Härte“) ist ein Begriff aus der Medizin und der Verhaltenspsychologie. Er bezeichnet eine Charakterstruktur, die Starrheit in der Einstellung, der Zielsetzung oder der Meinung, Unbeweglichkeit und geringe Umstellungsbereitschaft als Verhaltenstendenzen zeigt. In der Medizin wird er für die Steifigkeit eines Gewebes verwendet.

Diese Verhaltenstendenzen werden v. a. als Kernsymptome der zwanghaften Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.5) gesehen. Der Nachweis gelingt auch mit Hilfe einiger psychologischer Tests, die spezielle Rigiditätsskalen enthalten.

Rigidität als menschliche Verhaltenstendenz

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Die Entscheidungspsychologie zeigt, dass rigide Verhaltens- und Entscheidungstendenzen bei Menschen häufig zu beobachten sind, was in der Konsequenz häufig zu Fehlentscheidungen führt.

Rigidität in der Berufswelt und in Unternehmen

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Die Rigidität ist der Untergang eines auf Veränderung angewiesenen sozialen Systems und hat damit direkt Relevanz für Unternehmen. Gefährdet sind insbesondere Unternehmen, die auf Erfolge in der Vergangenheit zurückblicken und an ihrer Erfolgsstrategie festhalten.[1] Natürlich kann eine Organisation nicht rigide genannt werden, es sind die Menschen, die diese Organisation führen. Die Gefährdung von Führungskräften folgt aus der Kehrseite ihrer Stärken: Fokussierung auf das Wichtige, Eigenständigkeit gegenüber Mitarbeitern und das meist stark ausgeprägte Erfolgsbewusstsein. Hinzu kommen Zeit- und Leistungsdruck, die durch die Stressreaktion zu Wahrnehmungsverengungen und oberflächlichem Aktionismus verleiten.[2]

Kennzeichen rigider Strukturen sind Vornehmheit, Rituale, mit denen sich selbst gefeiert wird, und die Vermeidung unstatthafter, kritischer Infragestellungen. Die Auswirkungen sind schnell Stillstand, eine Verteidigungshaltung gegenüber dem Markt und ein meist unaufhaltsamer Rückgang der Ergebnisse. Bis zuletzt dominiert die Selbsttäuschung, die Hoffnung auf eine Veränderung der Umstände beispielsweise oder den durchbrechenden Erfolg eines neuen Wundermittels, sei es der neue Großkunde oder das neue Produkt. Wenn die so verzögerte Veränderung dann aber schließlich von außen aufgezwungen wird, ist der Substanzverlust für eine erfolgreiche Sanierung in der Regel bereits zu groß.

Vorbeugende Maßnahmen liegen auf Unternehmensebene in den grundlegenden Orientierungen gegenüber Veränderung, Unsicherheit, Kritik und Fehlern. Wer verändern will, muss die Angst vor Fehlern nehmen, muss Unsicherheit positiv als Zeichen des Vorangehens werten und muss vor allem einen kritisch-kontroversen Dialog als Voraussetzung für jede Entscheidungsfindung selbstverständlich machen. Führungskräfte dürfen nicht verlernen, Emotionen zu sehen und für die Motivation zu berücksichtigen, und das heißt insbesondere, Ziele als „zukünftige, geplante Erfolgserlebnisse“ zu verstehen und aufzubereiten.

Rigidität ist die Selbsttäuschung von Sicherheit. Sie funktioniert durch ein mentales Verschließen der Augen vor der Realität. Kurzfristig schafft das ein gutes Gefühl, welches jedoch illusorisch ist, und beruhigt. Ein wirklich gutes Gefühl schaffen jedoch nur Zielerreichungen, die über das Bestehende hinausgehen und damit den eigenen Fingerabdruck erhalten.

Eine Untersuchung von Paul C. Nutt zu Managemententscheidungen[3] lieferte beispielsweise folgenden Befund:

400 Entscheidungen nahm der Forscher exemplarisch unter die Lupe; dabei spielte die Größe der Unternehmen keine Rolle. Demnach

  • entschieden die Chefs 130-mal in nahezu diktatorischer Weise, indem sie sich über die Meinung ihrer Teams hinwegsetzten; 42-mal änderten sie ihre eigene Meinung doch noch selbst und ließen das Projekt fallen, nachdem bereits erhebliche Kosten entstanden waren;
  • änderten zwei Drittel aller Vorstandsvorsitzenden ihre selbst gesetzten Ziele auch dann nicht, wenn sich diese im Marktumfeld als absolut unrealistisch erwiesen;
  • entschieden 81 % der Manager aus Überzeugung von der eigenen Unfehlbarkeit, woraufhin 53 % solcher Projekte zum wirtschaftlichen Fiasko gerieten;
  • gaben lediglich 7 % aller befragten Manager an, langfristige Aspekte berücksichtigt und sich mit den Fachabteilungen ausreichend ausgetauscht zu haben.

Rigidität in der Medizin

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Die Rigidität bezeichnet außerdem in der Medizin die Steifigkeit eines Gewebes, vor allem benutzt in Bezug auf Muskeln (synonym Rigor). So kann es zum Beispiel bei Gabe des Opioids Fentanyl zu thorakaler Muskelrigidität (Verhärtung der Muskulatur des Brustkorbes) kommen, die die Beatmung unter Narkose erschweren kann. Auch bei Schwellkörpern, wie dem Penis, wird der Begriff bei der Phallografie verwendet.

  • Max H. Bazerman, Don A. Moore: Judgment in Managerial Decision Making. 7. Auflage. Wiley, Hoboken NJ 2009, ISBN 978-0-470-04945-7.
  • Günter Krampen: TBR-Fragebogen zur behavioralen Rigidität. Deutsche Übersetzung, Reliabilität, Validität, revidierte Version (= Trierer Psychologische Berichte. Jg. 4, Heft 9, ISSN 1619-3970). Universität, Trier 1977.
  • Brigitte Konradt: Über den Zusammenhang zwischen Rigidität und Impulsivität. In: Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 1999, archiviert vom Original am 31. Januar 2012; abgerufen am 25. Juni 2020 (Diplomarbeit).

Einzelnachweise

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  1. Jim Collins: Der Weg zu den Besten, Campus-Verlag 2011.
  2. Heiner Reinke-Dieker: Vorsicht! Rigidität. literatur-vsm, Wien Herbst 2014, ISBN 978-3-902155-19-1.
  3. Paul C. Nutt: Why Decisions Fail. Avoiding the Blunders and Traps That Lead to Debacles. Berrett-Koehler Publishers, San Francisco CA 2002, ISBN 1-576-75150-3.