Johannes de Sacrobosco – Wikipedia

Eine Seite eines mathematischen Lehrbuchs des Johannes de Sacrobosco in der Handschrift Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1400, fol. 12r (Ende des 13. Jahrhunderts)
Seite einer Druckausgabe des Tractatus de Sphaera mit typischen zahlreichen Anmerkungen

Johannes de Sacrobosco (auch Joannis de Sacro Bosco, englisch John of Holywood oder John of Holybush; * um 1195 wahrscheinlich in Nithsdale, Dumfriesshire, Schottland; † 1256 in Paris) war ein englischer Mathematiker und Astronom, der an der Universität Paris lehrte.

Sacrobosco verfasste vier Lehrschriften zum Quadrivium:

  • In seinem Tractatus de algorismo, das bis in das 16. Jahrhundert als Lehrbuch verwendet wurde, zeigte Sacrobosco die Grundlagen der Arithmetik mit ganzen Zahlen von den Grundrechenarten bis zum Wurzelziehen auf und entwickelte als erster eine Multiplikationstabelle auf der Basis von zehn natürlichen Zahlen.
  • Sein Tractatus de quadrante von 1239 beschreibt den Aufbau und die Nutzung des Quadrans vetus (Auf der Rückseite von Astrolabien befindet sich oftmals eine Skala zur Bestimmung der Temporalstunden, genannt Stundenquadrant oder quadrans vetus). Dieses Werk wurde indes bereits in den 1260er Jahren von Arbeiten des Johannes Anglicus abgelöst.
  • Um 1230 verfasste Sacrobosco sein bekanntestes Werk Tractatus de Sphaera, ein nach didaktischen Prinzipien bearbeitetes Elementarlehrbuch der sphärischen Astronomie. Darin fußt er auf dem erst etwa 50 Jahre zuvor wieder in lateinischer Sprache verfügbaren Almagest des Claudius Ptolemäus sowie Werken islamischer Gelehrter. Johannes de Sacrobosco diskutiert den Platz der Erde im Universum, die Kugelgestalt der Erde, einschließlich der Erdmessung, die Klimazonen der Erde, die Entstehung der Finsternisse usw. Dieses Werk kursierte vor Erfindung des Buchdrucks in Handschriften, erschien erstmals 1472 im Druck und wurde bis um 1650 in etwa 240 Auflagen gedruckt. Es wurde europaweit an den Universitäten als verbindliches Elementarlehrbuch der Astronomie bis weit in das 17. Jahrhundert verwendet.

Schon um 1250 wurde das Werk in die altisländische Sprache sowie 1350 durch Konrad von Megenberg in die deutsche Sprache übersetzt. Einige Jahrzehnte später folgte eine weitere deutsche Übersetzung, das Püchlein von der Spera. Im Jahre 1516 erschien in Nürnberg erstmals die deutsche Übersetzung des Werkes von Konrad Heinfogel, weiterhin 1519, 1533 und 1536.[1]

Sacrobosco zeigte sich als Vorkämpfer für die arabischen Methoden in der Mathematik und war einer der Ersten in Westeuropa, der die arabischen Ziffern verwendete.

  • In seinem im Jahre 1235 erschienenen Buch De Anni Ratione (frei übersetzt etwa „Die Jahres-Systematik“) kritisierte Sacrobosco den Julianischen Kalender und schlug eine verbesserte Schaltjahrs-Regelung vor, wie sie 350 Jahre später von Papst Gregor XIII. in der Gregorianischen Kalender-Reform (1582) verwirklicht wurde.

Die Grabstätte Sacroboscos befindet sich im Kloster der Mathurins in Paris. Der Mondkrater Sacrobosco wurde 1935 und der Asteroid (14541) Sacrobosco 2021 nach ihm benannt.

  • Tractatus de Sphæra, um 1230
    • Digitalisat der Ausgabe Mittelhus, Paris 1493 (UB München)
    • deutsche Übersetzung: Das Puechlein von der Spera, hrsg. von Francis B. Brévart. Göppingen: Verlag Kümmerle, 1979. ISBN 3-87452-441-8
  • Tractatus de quadrante, um 1232
  • Textus de sphera Johannis de Sacrobosco : cum additione (quantum necessarium est) adiecta / novo commentario nuper editus (per Jacobum Fabrum Stapulensem.) - Parisiis : Stephanus, 1511. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Tractatus de algorismo oder De Arte Numerandi, Florenz um 1490 sowie Wien 1517 durch Hieronymus Vietor; Krakau 1521 oder 1522 und Venedig 1523
  • De Anni Ratione oder De Computo Ecclesiastico, Paris 1235,[1538?], 1550, 1572
  • Thorndike, Lynn: The sphere of Sacrobosco and its commentators. - Chicago, Ill. : Univ. Pr., 1949
  • Hamel, Jürgen: Johannes de Sacroboscos Handbuch der Astronomie. Kommentierte Bibliographie der Drucke der „Sphaera“, 1472 bis 1656. In: Wege der Erkenntnis. Festschrift für Dieter B. Herrmann zum 65. Geburtstag. Frankfurt a. M. 2004 (Acta Historica Astronomiae; 21), S. 115–170
  • Hamel, Jürgen: Studien zur „Sphaera“ des Johannes de Sacrobosco. Leipzig 2014 (Acta Historica Astronomiae; 51)
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  1. Rudolf Simek: Altnordische Kosmographie, Walter de Gruyter 1990, S. 114 f.