Schienenschmieranlage – Wikipedia

Stationäre Schienenschmieranlage im Rangierbahnhof Lausanne. Am linken Bildrand ist der Kasten mit dem Vorratsbehälter des Schmiermittels und der Steuerelektronik zu sehen, an den Schienen sind insgesamt vier Dosiereinrichtungen befestigt.

Eine Schienenschmieranlage, auch Schienenkonditionieranlage oder Schienenkopfkonditionierung, dient zur Dosierung von festen oder flüssigen Konditioniermitteln zur Veränderung des Reibwertes im Rad-Schiene-System eines schienengebundenen Verkehrsmittels. Ziel kann es dabei einerseits sein, Verschleiß und Lärm hauptsächlich bei Bogenfahrt zu reduzieren.[1][2] Andererseits kann der Kraftschluss auch erhöht werden, um beispielsweise Traktionsprobleme bei Laubfall zu beheben.[3][4]

Der Zweck einer Schienenkonditionieranlage besteht darin, das Konditionierungsmittel in den Kontaktbereich zwischen Rad und Schiene aufzutragen, um Reibungsbedingungen zu erreichen, die die Lebensdauer der Anlage optimieren, ohne den sicheren Eisenbahnbetrieb zu beeinträchtigen.[1] Hiermit kann folgendes reduziert werden:[1]

  • Schall- und Schwingungsemissionen
  • Verschleiß von Rad und Schiene
  • Anzahl der Rad- und Schienenschäden

In Abhängigkeit von der maßgeblichen, aktiven Kontaktfläche zwischen Rad und Schiene können Schienenkonditionieranlagen wie folgt klassifiziert werden:[1]

  • Spurkranzschmierung oder Schienenflankenschmierung zur Schmierung der Kontaktfläche zwischen Spurkranz und Schienenflanke
  • Radlenkerschmierung zur Schmierung der Kontaktfläche zwischen der Rückseite des Spurkranzes und des Radlenkers
  • Reibungsmanagement der Fahrfläche der Schiene zur Veränderung der Reibung an der Kontaktfläche zwischen der Fahrfläche der Schiene und Radlauffläche
  • Steigung der Kraftschlusses im Rad-Schiene-Kontakt

Stationäre Schienenschmieranlagen

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Schienenkonditioniersystem im Hauptbahnhof Köln

Eine stationäre oder ortsfeste Schienenschmieranlage eignet sich dafür, ein lokales Problem mit Schallemissionen oder Verschleiß zu adressieren.[5] Dabei wird durch eine mit der Schiene verbundene Apparatur das Konditioniermittel beispielsweise mittels Druckluft auf den Schienenkopf gesprüht.[6] Die Dosierung erfolgt üblicherweise immer nach einer bestimmten Anzahl an Radsätzen, welche das entsprechende Gleis passiert haben.

Mobile Schienenschmieranlagen

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Es ist ebenfalls möglich, den Schienenkopf von einem Schienenfahrzeug aus mit Konditioniermittel zu versehen.[6] Dabei werden vom Triebfahrzeug Schmier- bzw. Konditionierungsmittel wie Wasser, Sägemehl, Fette oder Öle seitwärts an den Schienenkopf gespritzt.[7] So können mehrere Gleisabschnitte mit nur einer installierten Anlage bearbeitet werden. Die Auslösung der Konditionierung auf dem Fahrzeug kann manuell,[8] mittels streckenseitig installierten Signalgebern oder über GPS-Sensoren geschehen.[9]

Die Spurkranzschmierung für Eisenbahnfahrzeuge der Normalspur ist bereits heute in Normen und Regelwerken geregelt. Im Gegensatz zu Normalspurbahnen wollen Meterspurbahnen nicht den Kraftschluss erhöhen, sondern Verschleiß und Lärm vermindern.[10] Für Meterspurbahnen und Straßenbahnen fehlen vergleichbare Normen und Regelwerke. 21 Schweizer Schmalspurbahnen arbeiten jedoch im Bereich des Rad-Schiene-Systems eng zusammen und werden vom Bundesamt für Verkehr (BAV) unterstützt.[10] Bei den Straßenbahnen steht vor allem das Vermeiden des Kurvenkreischens im Vordergrund. Auch der Betrieb der Schmalspurbahnen ist wegen den geringen Bogenradien anspruchsvoll. Die Lärmemmisionen beim Befahren von engen Bögen können bis zu 100 dB betragen.[10] Während die Spurkranzschmierung schon längere Zeit weltweit zur Anwendung gelangt, ist die Konditionierung des Fahrflächenkontakts heute noch nicht weit verbreitet und wird derzeit selten angewendet. Das Interesse der Schmalspurbahnen an dieser Technologie ist größer als bei Normalspurbahnen. Da sie mit ihren Fahrzeugen in der Regel das eigene Schienennetz befahren, sind sie an einem geringen Verschleiß des Gesamtsystems Rad-Schiene interessiert. Die Laufleistung pro Millimeter Raddurchmesser lag jedoch teilweise bei 2500 km statt den erwarteten 16 000 km. Achslasten von 16 Tonnen tragen nicht dazu bei, den Verschleiß bei Meterspurbahnen zu verringern.[10] An einer Tagung am 11. März 2019 zu diesem Thema in Bern war kein einziger Vertreter einer Regelspurbahn anwesend,[7] wohl auch, weil bei Normalspurbahnen Laufleistungen von 60 000 km/mm üblich sind.[10]

Schallminderung und Verschleiß

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Schienenschmieranlagen werden teilweise als Mittel zur Schallminderung bei Kurvenquietschen eingesetzt.[11][12] Verschiedene Untersuchungen in Deutschland,[13] Österreich[14] und der Schweiz[15] zeigen eine Reduktion der gemessener Mittelungspegel um einige Dezibel. Von Anwohnern oder sonstigen Lärmbetroffenen wird diese Reduktion vielfach nicht als nachhaltige Lärmminderungsmaßnahme empfunden, weil die auftretenden Schallpegelspitzen auch nach der Installation einer Schmieranlage zwar deutlich kürzere Zeitdauern haben, aber in etwa immer noch die gleiche Höhe haben.

Lärmemmisionen sind immer auch mit Verschleiß verbunden.[10] Deshalb ist die Anwendung von Konditioniermitteln zur Reduktion von Verschleiß im Rad-Schiene-System ist ebenfalls möglich.[16] Dabei ist sicherzustellen, dass durch die Schienenkopfkonditionierung die Bremsleistung der Schienenfahrzeuge nicht in unzulässigem Mass reduziert wird.

Kraftschlussverbesserung

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Die Anwendung von Schienenkopfkonditionierung zur Verbesserung des Kraftschlusses zwischen Rad und Schiene ist im deutschsprachigen Raum nicht verbreitet. Hier lassen sich punktuelle Probleme aufgrund mangelnder Kraftschluss zwischen Rad und Schiene mit der Sandstreueinrichtung ausreichend beheben. In Großbritannien[17] und den Niederlanden[18] ist der Einsatz von Konditioniermitteln im Herbst beim Laubfall üblich, da sonst der Sandverbrauch auf den Triebfahrzeugen zu hoch wäre. Die Triebfahrzeuge haben durch Laubfall Probleme beim Beschleunigen und beim Bremsen. Dabei kann es vorkommen, dass beispielsweise das Bremsen für einen Halt an einer Haltestelle aufgrund mangelnden Kraftschluss so stark beeinflusst wird, dass der Zug nicht am Bahnsteig zum Stillstand kommt.[19]

Umweltverträglichkeit

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Bei den eingesetzten Schmiermitteln muss sichergestellt werden, dass sie keine umweltschädliche Wirkung haben, da sie durch Niederschläge aus dem Gleisbett ausgewaschen werden können.[20]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Norm DIN EN 15427-1-2:2022-06 Bahnanwendungen — Reibungsmanagement zwischen Rad und Schiene - Teil 1-1: Vorrichtungen und Anwendung — Spurkranzschmierstoffe
  2. DIN EN 15427-2-2:2022-07 Bahnanwendungen — Reibungsmanagement zwischen Rad und Schiene - Teil 2-1: Eigenschaften und Merkmale — Spurkranzschmierstoffe
  3. CEN/TS 15427-1-3 Bahnanwendungen — Reibungsmanagement zwischen Rad und Schiene - Teil 1-3: Vorrichtungen und Anwendung — Kraftschlusserhöhende Materialien, CEN, Brüssel 2019.
  4. CEN/TS 15427-2-3 Bahnanwendungen — Reibungsmanagement zwischen Rad und Schiene - Teil 2-3: Eigenschaften und Merkmale — Kraftschlusserhöhende Materialien, CEN, Brüssel 2019.
  5. Jürg D. Lüthard: Schienenschmieranlagen für weniger Lärm im Zürcher Tramnetz. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 10, 2011, S. 508–510 (bahn-journalist.ch [PDF; 1,1 MB]).
  6. a b André Kofmehl: Kurvengeräusche - Vermeidung durch Friction Modifier. In: Friedrich Krüger (Hrsg.): Kurvengeräusche. Messung, Bewertung und Minderungsmaßnahmen (= Schriftenreihe für Verkehr und Technik. Band 97). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-503-14416-7, S. 183–188.
  7. a b Roland Müller, Armin Zach, Ruedi Beutler: Leitfaden Schmierung und Konditionierung im Kontakt Rad - Schiene. Auf der Webseite des Vereins Instandhaltung Rad und Schiene (IHRUS), 23. September 2019.
  8. Gerhard Züger, Volkmar Walz: Schienenkopfkonditionierung SKK - Abschlussbericht. Die Zentralbahn, Stans 29. November 2016 (aramis.admin.ch Online [abgerufen am 31. August 2022]).
  9. David Zurflüh, Felix Hofer, Michael Ryf: Massnahmen gegen das Kurvenkreischen beim Regionalverkehr Bern - Solothurn. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 12, 2016, S. 612–614.
  10. a b c d e f Markus Barth, Roland Müller: Rad-Schiene-Stress im Gleis am Beispiel von Meterspurbahnen. In: Schweizer Eisenbahn-Revue, 8–9/2024, S. 376–379.
  11. Schmieren gegen Zug-Kreischen. In: Die Rheinpfalz. 13. August 2018, abgerufen am 5. September 2022.
  12. Marco Morosoli: Zug: Auf den Schienen soll es endlich leiser werden. Luzerner Zeitung, 24. Januar 2015, abgerufen am 5. September 2022.
  13. Strategien zur effektiven Minderung des Schienengüterverkehrslärms. (PDF) Umweltbundesamt, März 2017, abgerufen am 10. September 2022.
  14. Einflüsse auf Schallemissionen in Bögen (ESB). Ein Projekt finanziert im Rahmen der Verkehrsinfrastrukturforschung (VIF 2014). Technische Universität Wien, Wien 2019 (Online [abgerufen am 31. August 2022]).
  15. Jakob Oertli, Enzo Scossa-Romano: Erfahrungen der SBB mit Kurvenkreischen. In: Friedrich Krüger (Hrsg.): Kurvengeräusche. Messung, Bewertung und Minderungsmaßnahmen (= Schriftenreihe für Verkehr und Technik. Band 97). Erich Schmidt Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-503-14416-7, S. 129–134.
  16. Franziska Zbinden, Roman Zoller, Daniel Leibundgut: Beeinflussung des Fahrzeugverhaltens durch Einsatz der Schienenkopfkonditionierung. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Band 69, Nr. 5, Mai 2020, S. 52–55.
  17. Leaves on the line. Network Rail, abgerufen am 10. September 2022 (Englisch).
  18. Weg met die smurrie op spoor. ProRail, 29. September 2017, abgerufen am 10. September 2022 (Niederländisch).
  19. Ben White, Mike Watson, Roger Lewis: A year-round analysis of railway station overruns due to low adhesion conditions. In: Journal of Rail and Rapid Transit. 2022, doi:10.1177/09544097221117314 (englisch).
  20. Andreas Trausmuth, Astrid Lebel, Bettina Ronai, Nicole Dörr: SafeRail. Beurteilungsverfahren Schienenkopfkonditioniermittel. Hrsg.: AC2T research GmbH. Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Dezember 2022 (192 S., ffg.at [PDF; 6,4 MB; abgerufen am 12. April 2024]).