Ursula Herking – Wikipedia

Ruhestätte in Dessau

Ursula Herking (* 28. Januar 1912 in Dessau; † 17. November 1974 in München; eigentlich: Ursula Natalia Klein) war eine deutsche Schauspielerin und Kabarettistin.

Ursula Herking war die Tochter der Theaterschauspielerin und Sängerin Lily Herking, die beim Brand des Hoftheaters (heute: Altes Theater) in Dessau am 25./26. Januar 1922 ums Leben kam. Nach ersten Auftritten in Dessau ging sie 1928 nach Berlin, bestand aber die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Schauspielschule nicht. Daraufhin nahm sie bis 1930 Unterricht an der Schauspielschule von Leopold Jessner.

Sie begann anschließend ihre Karriere am Friedrich-Theater ihrer Heimatstadt Dessau, wo sie die Seeräuber-Jenny in Die Dreigroschenoper und die Großmutter in Emil und die Detektive darstellte. 1933/34 spielte sie am Staatstheater Berlin und wirkte bis zur Schließung 1935 in Werner Fincks Kabarett Die Katakombe mit.

Außer beim Boulevardtheater erhielt sie ab 1933 zahlreiche Filmrollen. In ihren oft nur kurzen, aber prägnanten Auftritten verkörperte sie kumpelhafte, schlagfertige Frauen aus dem Volk. Nach der Theaterschließung im Herbst 1944 arbeitete sie zwangsverpflichtet in einem Rüstungsbetrieb. Sie stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[1]

Nach dem Krieg ging sie nach München und war ab 1946 der Star in Rudolf Schündlers Münchner Nachkriegskabarett Die Schaubude, wo Erich Kästner, Axel von Ambesser und Herbert Witt zu den Hausautoren zählten. Berühmtheit erlangte sie unter anderem mit ihrer Interpretation von Kästners Marschlied 1945 (… |Meine Schuh’ sind ohne Sohlen, | und mein Rucksack ist mein Schrank, | meine Möbel ham die Polen | und mein Geld die Dresdner Bank.| …)

1948 war sie Mitbegründerin des Theaters Die Kleine Freiheit, und 1956 gehörte sie zur ersten Generation der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Weitere Stationen waren unter anderem das Kom(m)ödchen in Düsseldorf und die Berliner Kabarette Der Rauchfang und Die Hinterbliebenen. Nicht nur im Kabarett, sondern auch als Diseuse machte sie sich einen Namen. Unter anderem ist sie auf der Schallplatte Frivolitäten – 10 Diseusen – 10 Chansons von Polydor zu hören. Mit Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller gründete sie 1951 in West-Berlin das Kabarett Nürnberger Trichter.

Daneben ging ihre Filmarbeit mit Chargenrollen vor allem als resolute, oft etwas schrullige Dame weiter; die einzige bedeutende Rolle erhielt sie 1955 in dem Antikriegsfilm Kinder, Mütter und ein General als beherzte Mutter, die 1945 ihren kriegsbegeisterten halbwüchsigen Sohn retten will.

Beim Theater spielte sie an der Kleinen Freiheit 1966 die Präsidentin in Jacques Devals Eine Venus für Milo und 1967 June Buckridge in Frank MarcusSchwester George muß sterben. Beim Westfälischen Landestheater in Castrop-Rauxel übernahm sie 1968 die Titelrolle in Die Mutter und am Jungen Theater Hamburg 1972 in Rolf Hochhuths Die Hebamme. In Bern verkörperte sie 1973/74 die Winnie in Samuel Becketts Glückliche Tage. Weitere Auftritte hatte sie an der Komödie Berlin und seit Anfang der 1970er Jahre am Landestheater Tübingen, am Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg und am Volkstheater Millowitsch in Köln. Auch in der im Fernsehen erfolgreichen Rudi Carrell Show trat sie auf.

1967 erhielt sie den Schwabinger Kunstpreis.[2] Auch wurde ihr ein Stern im Walk of Fame des Kabaretts gewidmet.

In erster Ehe war Ursula Herking mit dem Industriemanager und späteren CSU-Mitbegründer Johannes Semler verheiratet. Dieser Ehe entstammen die beiden Kinder Susanne Hess (1937–2020) und Christian Semler (1938–2013).

Die Schauspielerin starb am 17. November 1974 an den Folgen eines Herzinfarktes.[3] Sie wurde auf dem Münchner Westfriedhof beerdigt. Im Jahr 2012 wurde die Urne aus dem in München aufgelassenen Grab auf Betreiben ihres Sohnes Christian in das Grab ihrer Eltern Lily Herking und Willy Klein auf den Friedhof III in Dessau umgebettet.[4]

  • Ursula Herking, Danke für die Blumen. Erinnerungen. Heyne, München 1973, ISBN 3-453-00473-6 (Heyne-Buch 5135).
  • Gwendolyn von Ambesser: Schaubudenzauber. Geschichte und Geschichten eines legendären Kabaretts. Verlag Edition AV, Lich/Hessen 2006, ISBN 3-936049-68-8.
  • Edmund Nick: Das literarische Kabarett. Die „Schaubude“ 1945–1948. Seine Geschichte in Briefen und Songs. Herausgegeben und kommentiert von Dagmar Nick. Allitera Verlag, München 2004, ISBN 3-86520-026-5 (edition monacensia).
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 289 f.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 643 f.
Commons: Ursula Herking – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Herking, Ursula. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 380f.
  2. Schwabinger Kunstpreis auf München.de (abgerufen am 26. Juli 2011)
  3. Ursula Herking. Abgerufen am 30. Januar 2023.
  4. Fotografien beider Grabstätten von Ursula Herking auf knerger.de