Vinzenz Lachner – Wikipedia
Vinzenz Lachner (* 19. Juli 1811 in Rain am Lech; † 22. Januar 1893 in Karlsruhe) war ein deutscher Komponist, Dirigent und Musikpädagoge.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vinzenz Lachner wurde in eine musikalische Familie geboren. Er war das achte und jüngste überlebende von zehn Kindern des Uhrmachers und Organisten Anton Lachner (1756–1820) und dessen zweiter Ehefrau Maria Anna Kunz (1774–1846). Ersten Musikunterricht erhielt er von seinem Vater, der in Rain als Stadtpfarrorganist wirkte. Seine älteren Brüder Franz und Ignaz sowie sein Halbbruder Theodor wurden ebenfalls Komponisten, die beiden Schwestern Thekla (1801–1869) und Christina (1805–1858) waren als Organistinnen tätig.
Er besuchte ab 1822 das Gymnasium zu Augsburg, das er jedoch aus unbekannten Gründen nicht beendete. Ab 1830 war er nach Intervention seines Bruders Franz in Chocieszewice bei Kröben als Musiklehrer für die Töchter des Grafen Theodor Mycielski tätig. Vinzenz Lachner erhielt 1834 die Stelle seines Bruders Ignaz an der reformierten Kirche und am Kärntnertortheater in Wien. 1836 ging er – nun in Nachfolge seines Bruders Franz – als Kapellmeister ans Nationaltheater nach Mannheim und blieb dort mit kurzen Unterbrechungen bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung im Jahre 1873. So war er im Jahre 1842 als Dirigent der Deutschen Operngesellschaft in London tätig, 1848 übernahm er für kurze Zeit die Stelle des Musikdirektors in Frankfurt am Main. Nach seinem Rückzug aus dem Amt des Dirigenten in Mannheim übersiedelte Lachner nach Karlsruhe. Hier wirkte er zunächst als Privatlehrer, ab 1884 als Musikpädagoge am Großherzoglich Badischen Konservatorium.
Unter seinen Zeitgenossen wurde er etwa von Johannes Brahms und Clara Schumann geschätzt. Zu seinen Schülern in Mannheim zählte der Dirigent Hermann Levi, in Karlsruhe der Pianist Max von Pauer.
In Mannheim war Vinzenz Lachner aber nicht nur im musikalischen Bereich aktiv. 1851 war er Mitgründer der dort ansässigen Rheinischen Gasgesellschaft, die das Gaswerk in Heidelberg betrieb, und gehörte zeitweise deren Aufsichtsrat an.[1]
Vinzenz Lachner war seit 1837 mit Antonia Brand (1820–1871), Tochter des Mannheimer Chorleiters und Theaterkorrepetitors Franz Brand, verheiratet. Die beiden bekamen drei Kinder, die alle vor ihrem Vater starben:
- Peter Vinzenz (1838–1876), Musiklehrer und Fotograf
- Rosina Anna Antonia (1839–1860)
- Karl Friedrich Franz (1856–1885), Ingenieur
Der Sohn Peter Vinzenz wanderte nach Costa Rica aus, wo seine Nachkommen bis heute leben. Der costa-ricanische Arzt und Pädagoge Vicente Lachner Sandoval war Vinzenz Lachners Enkel.
Seine Geburtsstadt Rain würdigt Vinzenz Lachner mit einem Straßennamen, dem Gebrüder-Lachner-Museum, das im Geburtshaus untergebracht ist, sowie der Benennung der Gebrüder-Lachner-Mittelschule. In Karlsruhe und Mannheim wurden ebenfalls Straßen nach Vinzenz Lachner benannt.
Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das kompositorische Schaffen Vinzenz Lachners, der der Neudeutschen Schule ablehnend gegenüberstand, umfasst hauptsächlich Vokalwerke, vor allem Lieder, jedoch auch zwei Sinfonien sowie Ouvertüren und Kammermusik. Er schrieb außerdem eine Schauspielmusik zu Schillers Turandot. Eine Festouvertüre und ein Klavierquartett wurden mit Preisen ausgezeichnet. Er erwarb sich darüber hinaus den Ruf eines herausragenden Dirigenten. Seine Werke sind – mit Ausnahme seiner komischen Männerchöre – heute weitgehend in Vergessenheit geraten.
Werkauswahl
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Klavier-Quartett in g-Moll op. 10
- 6 Pièces caractéristiques op. 16 für Violoncello und Klavier
- Fest-Ouvertüre für Orchester op. 30
- 42 Variationen über die C-Dur-Tonleiter op. 42 für Klavier
- Kinderlieder-Duette für Sopran, Bariton und Klavier op. 25
- Sechs deutsche Tanzweisen für Violoncello und Klavier op. 65
- Zwölf Ländler mit Intermezzo und Finale für Pianoforte G-Dur (1878)
- Zyklus „Scherz im Ernst und Ernst im Scherz“ op. 33
- Lob des Frankenlandes (Wohlauf, die Luft geht frisch und rein) op. 33 Nr. 12
- Lied fahrender Schüler (Pfarrherr du kühler, öffne dein Tor) op. 33 Nr. 13
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Constantin von Wurzbach: Lachner, Vincenz (Im Artikel des Vaters). In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 13. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1865, S. 462 f. (Digitalisat).
- Carl Krebs: Lachner, Vinzenz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 531.
- Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 1. Auflage. Band 8, 1: Laaff – Liturgie. Bärenreiter, Kassel u. a. 1960, S. 33 f. (digitale Ausgabe).
- Bärbel Pelker: Art. Lachner, 3. Vinzenz, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil 10, hg. von Ludwig Finscher, 2. Aufl., Kassel u. a. 2003, Sp. 982–984.
- Friedrich Walter (Hg.): Briefe von Vinzenz Lachner an Hermann Levi, Mannheim 1931.
- Harald Johannes Mann: Die Musikerfamilie Lachner und die Stadt Rain, Rain am Lech 1989.
- Reinhold Brinkmann: »Die ›heitre Sinfonie‹ und der ›schwer melancholische Mensch‹. Johannes Brahms antwortet Vincenz Lachner«, in: Archiv für Musikwissenschaft 46 (1989), S. 294–306.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werke von und über Vinzenz Lachner in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werkeverzeichnis von Vinzenz Lachner auf Klassika.info
- Noten und Audiodateien von Vinzenz Lachner im International Music Score Library Project
- Die Musikerbrüder Lachner auf der Website der Stadt Rain
- Nachlass von Vinzenz Lachner auf der Website der Badischen Landesbibliothek
- Caro Maestro! Zum 200. Geburtstag des Kapellmeisters und Komponisten Vinzenz Lachner (1811-1893) - Ausstellung in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe
- Digitalisierte Lachner-Briefe der Badischen Landesbibliothek
- Leben und Werk Lachners (www.gmg-bw.de)
- Lied-Portal
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vgl. Sebastian Parzer, Die "Rheinische Gasgesellschaft", in: Unser Land 2024, S. 116–120
Personendaten | |
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NAME | Lachner, Vinzenz |
ALTERNATIVNAMEN | Lachner, Vincenz |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Komponist und Dirigent |
GEBURTSDATUM | 19. Juli 1811 |
GEBURTSORT | Rain (Lech) |
STERBEDATUM | 22. Januar 1893 |
STERBEORT | Karlsruhe |