Zeitungssterben – Wikipedia

Zeitungskrise oder Zeitungssterben sind Schlagwörter für verschiedene Phänomene in der Pressegeschichte. Manchmal wird ein teilweiser Ausstieg der Verlage für Zeitungen und Zeitschriften aus dem Markt der Printmedien, andererseits aber auch eine zunehmende Monopolisierung der Presse insbesondere bei Tageszeitungen verstanden.

Faktoren bei den Printmedien sind sinkende Verkaufszahlen und sinkende Werbeeinnahmen. Die Zahl der e-Paper-Nutzer hat dagegen durch den Siegeszug des Internet seit etwa 2005 zugenommen. In diesem Zusammenhang wird auch eine Theorie diskutiert, die als Rieplsches Gesetz bezeichnet wird.[1]

Situation in Deutschland

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Betrug die Gesamtauflage der Tageszeitungen (tägliche Stückzahl) im Jahr 1983 ein Hoch von 30,1 Millionen (akkumuliert für die BRD und die DDR), im Jahr 1991 27,3 Millionen Exemplare, so betrug sie 2023 10,9 Millionen.[2] Die Verluste zeigten sich sowohl beim Abonnement als auch beim Einzelverkauf. Eine Steigerung erfahren die Auflagen der e-Paper.[3] Insbesondere verlieren die Tageszeitungen bei den jüngeren Käufergruppen ihre Anteile.[4] Der Zuwachs im Geschäft mit digitalen Medien überdeckt jedoch den Rückgang bei den Papierausgaben.[5] Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) will sich auch nach 2021 um eine Zustellförderung des Staates bemühen, da aufgrund von gesunkenen Auflagen und des Mindestlohns die Zustellkosten gestiegen sind. Die letzte Merkel-Regierung prüfte mehrere Optionen, kam aber zu keiner Entscheidung.[6]

Situation in der Schweiz

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Seit 2004 sind in der Schweiz rund siebzig Zeitungen verschwunden. Die meisten waren Regional- und Lokalzeitungen, wie etwa das „Obwaldner Tagblatt“, die „Luzerner Nachrichten“ oder das Schaffhauser „Heimatblatt.“ Seit die Gewinne der Medienhäuser in den nuller Jahren zurückgingen, wurde insbesondere bei den regionalen Titeln gespart. Der Prozess setzt sich fort. Dies, da die Leserschaft der Regionalzeitungen von Jahr zu Jahr abnimmt. Auch das Zürcher Medienhaus „Tamedia“ streicht 290 von insgesamt 1400 Stellen (Stand 2024). Mit dieser Tendenz zu „News deserts“ (Landschaften ohne unabhängige Medien) droht ein Verlust an Öffentlichkeit und an Transparenz.[7]

Begriffsgeschichte

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Viele Kommentare und Berichte nehmen einzelne Ereignisse, aber auch Thesen zur wirtschaftlichen Entwicklung zum Anlass, das Zeitungssterben bzw. die Zeitungskrise und die Probleme von Printmedien vor dem Hintergrund der schnellen Verbreitung des Internet zu betrachten.

Die Verkaufsentscheidungen der Treuhandanstalt im April 1991 führten bis Anfang 1992 zum „Leipziger Zeitungssterben“.[8]

Das Jahr 2009 war in vielen Industrieländern von einer starken Rezession geprägt. Die Finanzkrise 2007 wirkte sich langfristig auf die Realwirtschaft aus. Diese Rezession bekamen auch Zeitungsverlage zu spüren. Während der Wirtschaftskrise zwischen 2007 und 2009 brach der weltweite Markt für Werbung um 44 Milliarden Euro ein.[9]

Im September 2010 beschloss die Deutsche Bischofskonferenz als Mitgesellschafter die Einstellung der Wochenzeitung Rheinischer Merkur als eigenständiger Zeitung und die Liquidation der Rheinischer Merkur GmbH (Geschäftsführer: Bert G. Wegener). Zuletzt habe die Zeitung jedes Jahr einen Verlust im einstelligen Millionenbereich eingefahren.[10][11]

Im November 2012 meldete die Frankfurter Rundschau die Insolvenz an.[12] Es erfolgte die Übernahme durch den Verlag Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Societät und Karl-Gerold-Stiftung, um den Weiterbetrieb zu gewährleisten.

El País musste im Oktober 2012 ein Drittel der Belegschaft entlassen.[12][13]

Der Aufsichtsrat der Financial Times Deutschland – sie machte in den etwa 12 Jahren seit ihrer Gründung insgesamt etwa 250 Millionen Euro Verluste – entschied, die Ausgabe einzustellen.[14] Die letzte Ausgabe erschien am 7. Dezember 2012.[12]

Das US-amerikanische politische Wochenmagazin Newsweek stellte im Dezember 2012 seine Printausgabe ein und erscheint seitdem nur noch online.[12]

Im Januar 2013 kündigte die WAZ-Mediengruppe an, die Redaktion der Westfälischen Rundschau zum 1. Februar 2013 komplett zu schließen.[15]

Die Washington Post wurde Anfang August 2013 für 250 Millionen US-Dollar an Amazon-Gründer Jeff Bezos verkauft. Das öffentliche Echo war groß; viele Kommentare nahmen die Transaktion zum Anlass, das Zeitungssterben bzw. die Zeitungskrise und die Probleme von Printmedien vor dem Hintergrund der schnellen Verbreitung von Internet und mobilem Internet (Smartphones) zu betrachten.[16]

Im August 2013 wurde bekannt: Die Axel Springer AG verkaufte die Berliner Morgenpost, das Hamburger Abendblatt, die Hörzu und andere Medien für 920 Millionen Euro an die Funke Mediengruppe in Essen.[17] Die Übergabe erfolgte zum 1. Januar 2014.

Im März 2014 stellte die Abendzeitung aus München einen Insolvenzantrag.[18] Sie wurde im Juli 2014 von der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung übernommen und wird seitdem in Straubing gedruckt.[19][20]

2019 verkaufte die DuMont Mediengruppe den Berliner Verlag, der u. a. die Berliner Zeitung und den Berliner Kurier verlegt.[21] Der Druck der Tageszeitung Die Welt Kompakt und des Hamburger Lokalteils der Tageszeitung Die Welt wurde vom Axel-Springer-Verlag zum 31. Dezember 2019 eingestellt.[22] Außerdem wurde das Sportressort der Welt Ende 2019 eingestellt.[23] Im November 2019 wurde bekannt, dass die Deutsche Bundesregierung Maßnahmen plant, um der fortschreitenden „Pressekonzentration“ zu begegnen.[24]

Am 14. September 2024 wurde auf der Versammlung der taz-Genossenschaft mitgeteilt, dass die taz als erste überregionale deutsche Tageszeitung den Druck ihrer Werktagsausgabe am 17. Oktober 2025 einstellt.[25]

Wiktionary: Zeitungssterben – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Urs Meier: 100 Jahre Riepl’sches Gesetz. Besichtigung einer originellen und langlebigen Hypothese. In: Journal 21. 23. Januar 2013.
  2. de.statista.com
  3. chrismon.evangelisch.de
  4. robertbasic.de
  5. Bezahlschranken drücken Springer-Gewinn, Bericht im Handelsblatt am 6. November 2013.
  6. dpa: Um Teilhabe ringen. Badische Zeitung, 29. September 2021, abgerufen am 30. September 2021.
  7. Thomas Ribi: Medien schaffen noch keine Demokratie. Tamedia baut ab, auch bei den Regionalzeitungen. Doch der Aufschrei über den "Raubau" ist verfehlt. Medien sind Unternehmen, nicht staatspolitische Institutionen. NZZ vom 3. Oktober 2024, S. 19
  8. Steffen Reichert: Transformationsprozesse: der Umbau der LVZ. (online)
  9. Zukunft der Zeitung | Wer sterben und wer überleben wird, auf zeit.de
  10. Alexander Krei: "Rheinischer Merkur" in seiner bisherigen Form am Ende. In: DWDL.de. 21. September 2010, abgerufen am 21. September 2010.
  11. Das Ende des „Rheinischen Merkur“. Das Siechtum währte Jahrzehnte. In: FAZ. 22. September 2010, abgerufen am 22. September 2010.
  12. a b c d 3sat (online)
  13. newsroom.de
  14. Der Spiegel: S.P.O.N. - Die Spur des Geldes Der Anfang vom Ende fürs bedruckte Papier
  15. Medienmagazin online
  16. Jan Friedmann: Besitzerwechsel bei "Washington Post": Internet kauft Papier. Der Spiegel (Onlineausgabe), 6. August 2013, abgerufen am 6. August 2013.
  17. Frankfurter Rundschau (online)
  18. Spiegel online: Zeitungskrise | Münchner "Abendzeitung" stellt Insolvenzantrag
  19. Jahresrückblick in eigener Sache: AZ nach Insolvenz: Auferstanden aus Ruinen, abendzeitung-muenchen.de, 27. Dezember 2019.
  20. Abendzeitung ist gerettet – Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung übernimmt Münchner AZ, idowa.de, 17. Juni 2014.
  21. Bleiben Zeitungs-Standorte Halle und Köln bei DuMont? Neue Gerüchte verunsichern die Belegschaft, meedia.de, 24. Oktober 2019.
  22. Eine „Welt“ ohne Hamburg, taz.de, 7. Oktober 2019.
  23. Sportressort dicht, Textkorrektur automatisiert: Wie Springer die “Welt”-Gruppe weiter umbaut, meedia.de, 28. November 2019.
  24. Bundesregierung erwägt Förderung der Zeitungszustellung
  25. In eigener Sache: taz verkündet „Seitenwende“. In: Die Tageszeitung: taz. 14. September 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 14. September 2024]).