Zheng Xiaoying – Wikipedia

Zheng Xiaoying (1948)

Zheng Xiaoying (chinesisch 郑小瑛, Pinyin Zhèng Xiǎo Yīng, W.-G. Cheng Hsiao Ying; * 28. September 1929 in Yongding, Provinz Fujian) ist eine chinesische Dirigentin. Sie gilt als Chinas erste Frau in diesem Beruf.[1]

Zheng Xiaoying wuchs in einer Familie auf, die zur Bevölkerungsgruppe der Hakka gehört.[2] Mit sechs Jahren erhielt sie ersten Klavierunterricht von ihrer Mutter[1] und trat mit 14 erstmals öffentlich auf.[3] 1947 besuchte sie das Ginling Women's College der Universität Nanking.[4] Obwohl sie nach eigenen Angaben kein Parteimitglied war, wirkte sie danach auf Seiten der Revolution und war ab 1948 in der Provinz Henan als Leiterin einer 60-köpfigen Song and Dance Troupe tätig,[1] mit der sie chinesische Opern einstudierte und erste Erfahrungen als Dirigentin machte.[5] Ab 1952 studierte sie Komposition am Zentralen Musikkonservatorium Peking. Dort konnte sie 1955 einen Spezialkurs belegen, der von sowjetischen Dirigenten geleitet wurde.[6]

Ab 1956 war sie selbst als Dozentin am Konservatorium tätig.[6] 1960 bis 1963 setzte sie ihre Ausbildung am Moskauer Konservatorium fort, wo sie Dirigieren bei Nikolai Anossow, dem Vater von Gennadi Roschdestwenski, studierte.[5] 1961 leitete sie dort ein Orchesterkonzert, das dem 12. Gründungsjahr der Volksrepublik China gewidmet war.[6] 1962 dirigierte sie, als erste Chinesin am Pult eines auswärtigen Opernhauses, Puccinis Tosca am Moskauer Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater.[7] Zurück in China, arbeitete sie 1963 weiter als Dozentin am Konservatorium Peking.[6] Es folgten die Jahre der Kulturrevolution (1966–1976), in denen „klassische westliche Musik“ verfemt war.[5] Danach konnte sie ihre Lehrtätigkeit wieder aufnehmen und wirkte später als Dekanin des Fachbereichs Dirigieren am Konservatorium.[8]

1977 wurde Zheng Xiaoying außerdem Chefdirigentin am China National Opera House (CNOH).[9] Dort leitete sie einflussreiche Produktionen, u. a. Le nozze di Figaro, La traviata, Carmen und Madama Butterfly.[10] Sie erweiterte das Repertoire des Hauses und wirkte dort bis 1991.[5] In diesen Jahren erhielt sie einige Auszeichnungen, 1981 wurde sie als Dirigentin vom Chinesischen Ministerium für Kultur geehrt, und 1985 bekam sie den Ordre des Arts et des Lettres verliehen.[11] Nach ihrem Abschied von der Nationaloper gründete sie 1993 das Ai Yue Nu Orchestra, das erste Frauen-Sinfonieorchester in China, das sowohl westliche wie auch chinesische Musik spielte. Mit diesem Ensemble gastierte sie bei der United Nations Fourth World Conference on Women im September 1995 in Peking.[4]

1997 zog sie nach Xiamen und rief dort ein nichtstaatliches Orchester ins Leben, das Xiamen Philharmonic Orchestra (XPO), das ab 1998 konzertierte. Aus einem Ensemble von anfänglich 30 Musikern schuf sie ein 80-köpfiges Orchester, mit dem sie bald auch außerhalb Chinas auftrat.[12] 2006 war sie Künstlerische Leiterin der 4. World Choir Games. Mit dem XPO tourte sie 2007 durch Frankreich, Deutschland, Österreich und Italien.[13] Dabei gastierte sie u. a. in der Berliner Philharmonie und führt dort als chinesischen Beitrag The Echoes of Tulou auf, eine Komposition für Orchester und Gesang von Liu Yuan über die von den Hakka errichteten Tulou-Rundbauten, die 2008 von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen wurden.[2] Als Fackelträgerin nahm sie an den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking teil.[14]

Mit dem XPO unternahm sie auch Tourneen nach Japan, Kanada, USA und Russland, als Chefdirigentin und künstlerische Leiterin dieses Orchesters wirkte sie bis 2013.[8] Die Chinesische Nationaloper verlieh ihr 2014 den Titel Ehrendirigentin auf Lebenszeit.[6] Zheng Xiaoying ist auch im Bereich der Musikvermittlung tätig, hält Werkeinführungen und gibt Kurse über die Benimmregeln bei klassischen Konzerten.[15]

  • Emily Freeman Brown: A Dictionary for the Modern Conductor. Rowman & Littlefield, Lanham, Maryland 2015, ISBN 978-0-8108-8400-7 (englisch, Volltext in der Google-Buchsuche [abgerufen am 1. November 2020]).
  • Li Yang: Ai yue: Zheng Xiaoying zhuan. Wen hua yi shu chu ban she, Beijing 2007, ISBN 978-7-5039-3034-8 (chinesisch, 444 S., Biographie).
  • Ge Congmin: Zheng Yiaoying. In: Edward L. Davis (Hrsg.): Encyclopedia of Contemporary Chinese Culture. Routledge, London, New York 2005, ISBN 0-203-64506-5 (englisch, Volltext in der Google-Buchsuche [abgerufen am 1. November 2020]).
  • Xiaoying Zheng, Kurzvita und Diskographie. In: Naxos. (englisch).
  • Zheng Xiao-Ying bei Discogs
  • Чжэн Сяоин – Zheng Xiaoying. In: persons-info.com. 2014; (russisch).
  • Zheng Xiaoying, conductor of Xiamen Philharmonic Orchestra ‘unstoppable’. In: China Daily. 30. März 2010, archiviert vom Original am 1. April 2010; (englisch).

Einzelnachweise

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  1. a b c He Fei: China’s First Female Conductor Zheng Xiaoying. In: Radio China International. 22. April 2010, archiviert vom Original am 30. April 2013; (englisch).
  2. a b Cheng Ye: Zheng Xiaoying: Cultural symphony. In: Confuzius Institute Magazine, Nr. 29, Bd. 6. Dezember 2013, archiviert vom Original am 4. Oktober 2015; (englisch).
  3. Cheng Jingjing: Zheng Xiaoying – China’s Top Woman Conductor. In: The Creative Woman. Women of China. Band 7, Nr. 4. Governors State University, 1986, ISSN 0736-4733, S. 27–28 (englisch, archive.org [abgerufen am 1. November 2020] Vorschau, Login erforderlich).
  4. a b Xiamen Philharmonic Orchestra founder – Zheng Xiaoying. In: Xiamen News. 20. Juli 2008, archiviert vom Original am 14. Oktober 2013; (englisch).
  5. a b c d Emily Freeman Brown: A Dictionary for the Modern Conductor. Rowman & Littlefield, Lanham, Maryland 2015, ISBN 978-0-8108-8400-7 (englisch, Volltext in der Google-Buchsuche [abgerufen am 1. November 2020]).
  6. a b c d e Sylvia Liu: CNOH Confers Zheng Xiaoying ‘Honorary Conductor for Life’. In: Women of China. 10. April 2014, archiviert vom Original am 5. März 2016; (englisch).
  7. Chinaview People – Zheng Xiaoying. In: Xinhua News Agency. 2003, archiviert vom Original am 28. Dezember 2006; (englisch).
  8. a b Maestro Zheng Xiaoying. In: melbournerecital.com. 2016; (englisch).
  9. Zeng Xiaoying (1929–). In: Dictionary of Women Worldwide: 25,000 Women Through the Ages. 13. Oktober 2020; (englisch).
  10. Ge Congmin: Zheng Yiaoying. In: Edward L. Davis (Hrsg.): Encyclopedia of Contemporary Chinese Culture. Routledge, London, New York 2005, ISBN 0-203-64506-5 (englisch, Volltext in der Google-Buchsuche [abgerufen am 1. November 2020]).
  11. Unbreakable Spirits. Women Breaking Down Barriers in China. In: Asia Society. 24. Juni 2006, archiviert vom Original am 24. Juni 2006; (englisch).
  12. Zheng Xiaoying: Gifted Woman Who Gives Music to the Public. In: Xinhua News Agency. 1. August 2002; (englisch).
  13. Conductor Zheng Xiaoying. In: National Centre for the Performing Arts. 2016; (englisch).
  14. Zheng Xiaoying 2008 Olympics. In: Confucius Institute Magazine. 12. Juni 2015, archiviert vom Original am 29. Januar 2016; (englisch).
  15. Off notes: lessons in etiquette for China’s classical music concertgoers. In: South China Morning Post. 2015; (englisch).