Henri d’Orléans (1908–1999) – Wikipedia

Henri d’Orléans (1987)

Henri d’Orleans (* 5. Juli 1908 auf Château Le Nouvion-en-Thiérache, Département Aisne; † 19. Juni 1999 in Cherisy, Eure-et-Loir) war seit 1940 Chef des Hauses Orléans und dessen Prätendent auf den französischen Thron.

Henri Robert Ferdinand Marie Louis Philippe d’Orleans war der einzige Sohn von Jean d’Orléans, duc de Guise, und Isabelle d’Orléans, duchesse de Guise. Nachdem sein Vater ab 1926 orléanistischer Thronprätendent geworden war, galt Henri als orléanistischer Dauphin. Nach dem Tod seines Vaters 1940 nahm er daher den Titel Graf von Paris, Herzog von Frankreich, an. Es handelt sich dabei um privatrechtlich benutzte Erstgeburtstitel nach dem historischen Hausgesetz des vormals regierenden französischen Königshauses der Kapetinger, die von heutigen französischen Gerichten als reine Höflichkeitstitel bezeichnet, jedoch als solche auch verwendet werden[1], und ebenso von Politik und Presse.

Im Jahr 1939 trat er, nachdem ihm die Aufnahme in die französische und die britische Armee verwehrt worden war, in die französische Fremdenlegion ein. Mit ihr kämpfte er bis zur Kapitulation im August 1940 gegen die Wehrmacht Nazideutschlands und unterstützte im Anschluss die Vichy-Regierung des Marschalls Philippe Pétain. Mit diesem und dessen Premierminister Pierre Laval traf er sich am 7. August 1942 zu einer Unterredung auf Schloss Charmeil bei Vichy. Aber noch im selben Jahr brach er mit Pétain und suchte die Nähe des freien Frankreich unter der Führung des General Charles de Gaulle, von dem er nach der Befreiung 1944 mit kritischen Untertönen bedacht wurde.

Am 24. Juni 1950 hob die Nationalversammlung das Exilgesetz von 1886 auf, was dem Haus Orléans die Rückkehr in die französische Heimat ermöglichte. Henri d’Orléans bezog ein Stadtpalais in Paris, das ihm ein Banker vermacht hatte, und suchte im ganzen Land möglichst viele Anhänger der Monarchie hinter sich zu sammeln. Familiäre Festivitäten wurden seither mit großer Aufmerksamkeit von den französischen Medien verfolgt. Bis in die 1960er Jahre hing er der Illusion an, de Gaulle werde ihn als Nachfolger für das Amt des Staatspräsidenten vorschlagen.

Da er elf Kinder hatte und aus seinem Besitz kein hohes Einkommen bezog, gründete er nach seiner Scheidung 1974 eine Familienstiftung, die Fondation Saint-Louis[2], um die wichtigsten Familiengüter zu bündeln und vor erneuter Erbteilung zu bewahren. Dazu gehören das als Familienmuseum genutzte Schloss Amboise, die Stammburg Bourbon-l’Archambault und der Wohnsitz Schloss Dreux mit der Grabkapelle der Orléans. Der jeweilige Graf von Paris ist Ehrenvorsitzender der Stiftung. Ferner verwaltete er die Fondation Condé, ein Altenzentrum in Chantilly. Mit seinen Söhnen geriet er jedoch anschließend wiederholt in Streit wegen seines Umgangs mit dem Familienvermögen, wogegen sich die Söhne erfolgreich auf dem Rechtsweg zur Wehr setzten. Gleichwohl starb er hochverschuldet.

Im Jahr 1984 schloss Henri d’Orléans seinen ältesten Sohn Henri Philippe von der Nachfolge als Thronprätendent aus, da dieser sich ohne seine Zustimmung von seiner Frau hatte scheiden lassen und eine außerkirchliche zweite Ehe einging. Er sprach ihm den Titel des Comte de Clermont ab und verlieh ihm den rangniedrigeren Titel des Comte de Mortain. Als Nachfolger präsentierte er dessen 22-jährigen Sohn Jean. Einige Jahre später setzte er seinen Sohn wieder in dessen alte Rechte ein und verlieh seiner Frau Micaela Cousiño Quinones de Leon den Titel der Prinzessin de Joinville. Seine Söhne Michel und Thibaut schloss er von der Thronfolge aus, da sie bürgerliche Frauen heirateten. Seine Entscheidung wurde später von Henri Philippe rückgängig gemacht. Diese unterschiedlichen Entscheidungen wurden von den französischen Royalisten sehr unterschiedlich aufgenommen und beurteilt.

Nach seinem Tod wurde Henri d’Orléans am 19. Juni 1999 in der Familiengrablege in der Chapelle royale Saint-Louis in Dreux bestattet.

Er heiratete am 8. April 1931 in Palermo Isabelle d’Orléans-Bragance (1911–2003), mit der er elf Kinder hatte. Im Jahr 1986 trennten sie sich[3].

  • Klaus Malettke: Die Bourbonen. Band 3: Von Ludwig XVIII. bis zu Louis Philippe. 1814–1848. W. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020584-0, S. 214–215.
  • Bruno Goyet: Henri d’Orléans, comte de Paris (1908–1999). Le prince impossible. Jacob, Paris 2001, ISBN 2-7381-0934-9.
Commons: Henri d’Orléans – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Tribunal de grande instance de Paris (1re Ch.), 21. Dezember 1988
  2. Website der Fondation Saint-Louis (französisch)
  3. Angelika Heinick, Paris: Schmuck und Memorabilia: Familienzwist im Hause Orléans. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 28. Oktober 2018]).
VorgängerAmtNachfolger
Jean d’Orléans
Chef des Hauses Orléans
orléanistischer Thronprätendent Frankreichs

1940–1999
Henri d’Orléans