Johann-Georg Richert – Wikipedia

Johann-Georg Richert (* 14. April 1890 in Liebau in Schlesien; † 30. Januar 1946 in Minsk) war ein deutscher Generalleutnant der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Richert trat im Herbst 1909 als Fahnenjunker in das Infanterie-Regiment „Graf Dönhoff“ (7. Ostpreußisches) Nr. 44 der Preußischen Armee ein und avancierte im März 1911 zum Leutnant.[1] Er nahm am Ersten Weltkrieg teil, wurde mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet und nach dem Krieg in die Reichswehr übernommen.

Bis Mitte 1938 stieg Richert zum Oberst auf und war im November 1938 im Stab des Infanterie-Regiments 50 in Landsberg an der Warthe tätig. 1939 wurde er Kommandeur des Infanterie-Regiments 23 bei der 11. Infanterie-Division. Mit dem Regiment kämpfte er nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs in Nordrussland an der Wolchow. Am 1. Dezember 1941 wurde ihm das Deutsche Kreuz in Gold verliehen.[2] Im April 1942 erhielt er die Beförderung zum Generalmajor und war anschließend von Juni 1942 bis November 1943 als Nachfolger von Kurt Müller Kommandeur der 286. Sicherungs-Division.[3] In dieser Position wurde er am 1. März 1943 zum Generalleutnant befördert.[3] Anschließend diente er mit Unterbrechung von April bis Mai 1944, vertreten durch Gustav Gihr, bis Kriegsende als Kommandeur der 35. Infanterie-Division.[4] Die Division kämpfte unter seiner Führung in der Sowjetunion und war in die Operation Bagration eingebunden. Für seine Divisionsführung im Raum Mogilew erhielt er Ende 1944 das Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes (623. Verleihung) verliehen. Zu Kriegsende nahm er mit der Division an der Schlacht um Ostpreußen teil.

Richert nahm 1942/43 als Kommandeur der 286. Sicherungs-Division an mehreren Operation gegen Partisanen teil, bei denen Zivilisten ermordet wurden.[5] Anfang März 1944 trieb Richerts der 9. Armee des Generals der Panzertruppe Josef Harpe unterstellte 35. Infanterie-Division zusammen mit dem Sonderkommando 7a der SS-Einsatzgruppe B mindestens 40.000 weißrussische Zivilisten in die improvisierten Lager des Todeslagers Osaritschi. Nachdem er bei Kriegsende in sowjetische Gefangenschaft geraten war, wurde Richert im Januar 1946 mit weiteren Angeklagten im Minsker Prozess durch ein sowjetisches Militärtribunal aufgrund von Kriegsverbrechen zum Tode durch den Strang verurteilt. Gerade weil die sowjetischen Kriegsverbrecherprozesse als Teile der sowjetischen Rechtsprechung nicht liberalen westlichen Rechtsauffassungen entsprachen, erscheint es – so der Osteuropahistoriker Hans-Heinrich Nolte – bemerkenswert, dass Richert ausschließlich wegen seiner Mitverantwortung für den Tod Tausender Menschen in den Lagern von Osaritschi verurteilt wurde, während die von der Anklage erhobenen Vorwürfe der Mitverantwortung für „bewusst biologische Kriegführung“ mittels systematischer herbeigeführter Typhusansteckungen im Urteil nicht bestätigt wurden.[6]

Richert wurde wie 13 andere Verurteilte, wie der Generalmajor Gottfried von Erdmannsdorff, am 30. Januar 1946 vor mehr als 100 000 Menschen auf der Pferde-Rennbahn von Minsk gehängt.[4][7]

  • Klaus-Dieter Müller, Thomas Schaarschmidt, Mike Schmeitzner, Andreas Weigelt: Todesurteile sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche (1944–1947). Eine historisch-biographische Studie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-36968-5, Kurzbiographien auf beiliegender CD, dort S. 552.
  • Wolf Keilig: Das deutsche Heer 1939–1945. Gliederung, Einsatz, Stellenbesetzung. 3 Bände (Loseblattwerk), Podzun-Verlag, Bad Nauheim 1956, S. 269.

Einzelnachweise

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  1. Militär-Wochenblatt. E.S. Mittler., 1911, S. 870 (google.com [abgerufen am 30. August 2020]).
  2. Veit Scherzer: Ritterkreuzträger 1939–1945. Die Inhaber des Eisernen Kreuzes von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündete Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchivs. 2. Auflage, Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2.
  3. a b Samuel W. Mitcham: German Order of Battle: 1st-290th Infantry divisions in World War II. Stackpole Books, 2007, ISBN 978-0-8117-3416-5, S. 336 (google.de [abgerufen am 2. Mai 2019]).
  4. a b Samuel W. Mitcham: German Order of Battle: 1st-290th Infantry divisions in World War II. Stackpole Books, 2007, ISBN 978-0-8117-3416-5, S. 84 (google.de [abgerufen am 2. Mai 2019]).
  5. Klaus-Dieter Müller, Thomas Schaarschmidt, Mike Schmeitzner, Andreas Weigelt: Todesurteile sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche (1944–1947). Eine historisch-biographische Studie. Göttingen 2015, S. 552
  6. Hans Heinrich Nolte: Osarici 1944. In: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Orte des Grauens. Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Primus-Verlag, Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-232-0, S. 187–194, hier S. 188–190
  7. Manfred Messerschmidt: Der Minsker Prozeß 1946. In: Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944. Hrsg.: Heer und Naumann, Zweitausendeins 1997, ISBN 3-86150-198-8, S. 551–568.