Lindener Ohe – Wikipedia

Der nach Wolfgang Besemer benannte Fuß- und Radweg unter hohen Bäumen entlang der eingedeichten Ihme in Hannover

Die Lindener Ohe in Hannover ist ein niedrig gelegenes ehemaliges Wiesengelände[1] an der Ihme[2] in den heute hannoverschen Stadtteilen der ehemaligen Industriestadt Linden.[3] Der Name Ohe leitet sich ab von der auch als Aue bezeichneten Niederung, nach der auch die Auestraße in Linden-Süd benannt wurde.[4][5]

Ähnlich wie das angrenzende, von der Leine geprägte Gebiet Hannoversche Ohe[1] mit der Glocksee in der Calenberger Neustadt war die zur historischen Feldmark Lindens zählende Fläche[3] seit Menschengedenken beinahe jährlich von Überschwemmungen betroffen.[1] Nach umfangreichen Deichbauarbeiten[6] wurde das Gebiet zwischen der Brücke am Ohedamm und dem Schwarzen Bären mit Fuß- und Radwegen etwa am Walter-Wülfing-Ufer und bis zur Einmündung in die Leine[7] zu einem Sport-, Freizeit- und Erholungsgebiet wie beispielsweise dem Stadtteilpark Linden-Süd umgestaltet.[8]

Um 1895: Die Lindener Ohe mit der noch unbegradigten Ihme gegenüber der Altstädter Ohe
hannoverscher Stadtplan (Ausschnitt) aus Meyers Konversations-Lexikon, 5. Auflage, Band 8

Während des Dreißigjährigen Krieges ließ Johann Ernst der Jüngere, Herzog von Sachsen-Weimar, im Februar 1625 vom Steintor aus kommend dänische Soldaten in der Lindener Ohe auf, um den kaiserlichen Truppen von Tilly Widerstand zu leisten.[9]

Schröder’s Fluss-Bade-Anstalt bot zwei hölzerne Brücken über die Ihme;Vielfarbig lithografierte Mehrbildkarte (Ausschnitt) Nummer 234 der „Lith. Kunst-Anstalt Willy Hoehl

Im Zuge der Industrialisierung wurde im 19. Jahrhundert Schröder’s Fluss-Bade-Anstalt an der Ihme mit angeschlossener Restauration errichtet.[10] Während zuvor jahrhundertelang lediglich die am Schwarzen Bären errichtete Brücke eine sichere Flussüberquerung zwischen Linden und Hannover zugelassen hatte,[11] konnten Spaziergänger nun auch bei Schröder über hölzerne Brücken die Ihme passieren.[12]

In den 1890er Jahren wohnte der spätere Schriftsteller Moritz Jahn in seiner Kindheit mit seinen Eltern in einem Haus am Schwarzen Bär, von dessen Rückseite er einen „prächtigen Ausblick [... auf den] wildromantischen Bürgerpark“ in der Lindener Ohe mit seinen dichten Baumgruppen an der Ihme hatte.[13]

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde 1937[14] die Ihme vom Schnellen Graben bis zum Waterlooplatz begradigt,[3] um in ihrem zugeschütteten Verlauf in Verbindung mit der Anlage des Maschsees den Schützenplatz auf 11 Hektar[15] zu vergrößern.[16] Dabei verschwand auch der Lindener Bürgerpark.[13]

Die militärische Absicht der Schützenplatz-Vergrößerung wurde durch die Namensgebung der etwa zeitgleich errichteten Legionsbrücke über die Ihme[17] und durch den nahegelegenen, während des Zweiten Weltkrieges unterhaltenen sogenannten „Gaubefehlsstand“ deutlich.[15]

In der frühen Nachkriegszeit[6] führte nicht zuletzt die in den 1930er Jahren vorgenommene Flussbegradigung in der Lindener Ohe[3] noch während der Besatzung durch die britischen Militärs zu Beginn des Jahres 1946 zu der „größten Hochwasserkatastrophe in der Stadtgeschichte“. Daraufhin wurden in den 1950er Jahren umfangreiche deichbauliche und andere Sicherungsmaßnahmen entlang der Ihme vorgenommen.[18]

Als eine der jüngeren Umgestaltungsmaßnahmen mit Erlebniswert für die Bürger wurde 2018 der Stadtteilpark Linden-Süd eröffnet.[8]

Commons: Lindener Ohe (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Zeitschrift für Namenforschung, Bd. 19 (1943), S. 143; Vorschau über Google-Bücher.
  2. Ludwig Hoerner: Badeanstalten, sowie Badhalter, in ders.: Agenten, Bader und Copisten. Hannoversches Gewerbe-ABC 1800–1900. Hrsg.: Hannoversche Volksbank, Reichold, Hannover 1995, ISBN 3-930459-09-4, S. 24, 25–28; v. a. auch S. 27–28
  3. a b c d Ilse Rüttgerodt-Riechmann: Ortskarte 8, 33–35 Linden, erläuternder Text und Übersichtskarte in: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 2, Bd. 10.2, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt – Institut für Denkmalpflege, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1985, ISBN 3-528-06208-8, S. 50, 51; Digitalisat mit Volltextrecherche-Möglichkeit über die Seite der Universität Heidelberg
  4. Helmut Zimmermann: Auestraße. In ders.: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 29
  5. Auestraße, in: Adressbuch der Stadt Hannover 1943, 141. Ausgabe, Teil II: Haushaltungsvorstände, handelsgerichtlich eingetragene Firmen und Gewerbetreibende, nach Straßen geordnet. Mit Stadtplan von Hannover und Straßenverzeichnis, Hannover: Verlag August Scherl Nachfolger, 1943, S. 11–12; Digitalisat der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek über den DFG-Viewer der Deutschen Forschungsgemeinschaft
  6. a b Waldemar R. Röhrbein: Hochwasser, in Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.), Dirk Böttcher, Hugo Thielen (Mitarb.), Peter Schulze (Red.): Stadtlexikon Hannover, Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 301
  7. Antrag Nr. 15-0410/2002 N1: Benennung von Fuß- und Radwegen entlang von Ihme, Leine und Leine-Verbindungskanal, Interfraktioneller Antrag vom Stadtbezirksrat Linden-Limmer vom 20. März 2002 auf der Seite e-government.hannover-stadt.de
  8. a b Bernd Haase: Erlebnisparcours am Ihme-Ufer ..., in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 1. Februar 2018, S. 20
  9. Friedrich Wilhelm Andreae: Chronik der Residenzstadt Hannover von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Nach den besten Quellen bearbeitet von Fried. Wilh. Andreae, Dr. phil. und Inhaber einer höhern Privat-Töchterschule, Hildesheim: Finkesche Buchhandlung (G. F. Schmidt), 1859; Google-Books
  10. Mehrbildkarte der Flussbadeanstalt um 1898
  11. Arnold Nöldeke: Ihmebrücke. In: Die Kunstdenkmale der Stadt Hannover. Band 1, H. 2, Teil 1: Denkmäler des "alten" Stadtgebietes Hannover. Selbstverlag der Provinzialver/ref>waltung, Schulzes Buchhandlung, Hannover 1932, S. 724ff. (Neudruck: Verlag Wenner, Osnabrück 1979, ISBN 3-87898-151-1)
  12. Ausschnitt aus einer Ansichtskarte Schröders
  13. a b Henning Rischbieter: Eine Lindener Jugend in den neunziger Jahren, in ders.: Hannoversches Lesebuch, oder: Was in und über Hannover geschrieben, gedruckt und gelesen wurde, Band 2: 1850 – 1950, 2. Auflage, Hannover: Schlütersche, 1991, ISBN 3-87706-359-4, S. 146–155; hier: S. 149; Vorschau über Google-Bücher
  14. Helmut Knocke, Hugo Thielen: Bruchmeisterallee 200, in Dirk Böttcher, Klaus Mlynek (Hrsg.): Hannover. Kunst- und Kultur-Lexikon, Neuausgabe, 4., aktualisierte und erweiterte Auflage, zu Klampen, Springe 2007, ISBN 978-3-934920-53-8, S. 95
  15. a b Eva Benz-Rababah: Schützenplatz, in: Stadtlexikon Hannover, S. 552–553
  16. Helmut Zimmermann: Schützenplatz, in ders.: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 2223
  17. Helmut Zimmermann: Legionsbrücke. In ders.: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 157.
  18. Archivgeschichte des Stadtarchivs Hannover auf der Seite hannover.de; zuletzt abgerufen am 23. September 2022

Koordinaten: 52° 21′ 38″ N, 9° 43′ 33,5″ O