Militärprostitution – Wikipedia
Militärprostitution ist Prostitution im Kontext mit dem Militärwesen in Friedenszeiten und im Krieg.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Militärgeschichte erstreckt sich die Prostitution über Tross- und Lagerhuren des Mittelalters bis hin zu den Militärbordellen der Neuzeit.
20. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit den militärischen Expansionen Japans von 1904 bis 1920 wurden für die dort stationierten japanischen Soldaten der Kaiserlich Japanischen Armee japanische Frauen als Prostituierte ins Ausland verkauft; man geht von etwa 100.000 betroffenen Frauen aus.[1]
Frankreich betrieb vom Ersten Weltkrieg bis zum Indochinakrieg regelmäßig militärische Bordelle, die Bordel militaire de campagne, danach nur mehr an ausgewählten Standorten der Fremdenlegion.
Auch die Frontsoldaten der Streitkräfte von Österreich-Ungarn und die des Deutschen Heeres nahmen die gewerbliche Prostitution in Anspruch.[2][3][4] Der käufliche Sex an der Front erfolgte auf österreichisch-deutscher Seite in für Soldaten und Offiziere getrennten Bordellen, die von Militärärzten kontrolliert und teilweise vom Militär selbst betrieben wurden.[3][4]
Während des Zweiten Weltkriegs richtete die deutsche Wehrmacht unter Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch ab Sommer 1940 in den besetzten Gebieten rund 500 Wehrmachtsbordelle ein, unter anderem in Frankreich, Polen, Italien und Norwegen.[5] Lothar-Günther Buchheim beschrieb seine Eindrücke aus Brest:[6] „Wenn ein Dickschiff eingelaufen war, blieben die Nutten zwischen den Nummern einfach liegen.“ Für die deutschen Soldaten gab es eine Desinfektionsspritze in die Harnröhre. Es galt: „Nur das von der Truppenführung freigegebene Bordell darfst Du besuchen. Benutze stets ein Kondom (Gummischutz) und lasse Dich nach dem Geschlechtsverkehr sanieren.“ Es gab auch Zwangsprostitution durch die deutsche Wehrmacht.[7][8]
Das japanische Militär verschleppte etwa 200.000 Mädchen und Frauen im Alter von 11 bis 29 Jahren während des Zweiten Weltkriegs von 1937 bis 1945 aus ehemaligen Kolonien Japans, wie Korea und Taiwan und aus elf besetzten Ländern, wie China, den Philippinen und Indonesien, um sie als „Trostfrauen“ arbeiten zu lassen.[9]
Während des Vietnamkriegs (1955 bis 1975) bestand Militärprostitution in den US-amerikanischen Stützpunkten auf den Philippinen und in Thailand.
Das letzte französische Militärbordell im Mutterland wurde 1978 in Calvi auf Korsika geschlossen. Das letzte Militärbordell auf französischem Territorium wurde 1995 in Kourou in Französisch-Guayana aufgelöst, nachdem sich ein lokaler brasilianischer Zuhälter über die staatliche Konkurrenz beschwert hatte.[10] Im Fremdenlegionsstandort Dschibuti existierte ein vergleichbares Etablissement bis ins 21. Jahrhundert.
Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Militärprostitution ist in erster Linie darauf gerichtet, die Kampfmoral der Soldaten zu festigen und zu steigern. Durch den regulierten, institutionalisierten Zugang zu Geschlechtsverkehr in Militärbordellen sollen Desertionen, unkontrollierte sexuelle Feindkontakte, die Ansteckung der Soldaten mit Geschlechtskrankheiten, Homosexualität sowie die psychische Dekompensation verhindert werden.[11]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Antje Hilbig, Claudia Kajatin, Ingrid Miethe: Frauen und Gewalt: interdisziplinäre Untersuchungen zu geschlechtsgebundener Gewalt in Theorie und Praxis. Königshausen & Neumann, 2003.
- ↑ Berthold Seewald: Wie der Erste Weltkrieg den Sex veränderte. In: DIE WELT. 4. Juli 2014 (welt.de [abgerufen am 14. März 2021]).
- ↑ a b Michaela Sehorz: Sex an der Front: Bordelle der k.u.k. Armee | fernetzt. 15. November 2017, abgerufen am 14. März 2021 (deutsch).
- ↑ a b Zur sexuellen Entspannung der Soldaten. Abgerufen am 15. März 2021.
- ↑ Angaben nach: Helke Sander/Barbara Johr (Hrsg.): Befreier und Befreite – Krieg – Vergewaltigung – Kinder. Frankfurt a. M. 2005, S. 65.
- ↑ Fortlaufende Nummer. Der Spiegel, 31. Oktober 1977
- ↑ Katharina Schiederig: Die Sexsklaverei der Achsenmächte. In: WeltTrends: Zeitschrift für internationale Politik, Jg. 14, H. 52, 2006, S. 119–131. ISSN 0944-8101.
- ↑ Thomas Gaevert, Martin Hilber: Frauen als Beute. Wehrmacht und Prostitution. (Beschreibung ( vom 8. Februar 2007 im Internet Archive)).
- ↑ Barbara Drinck (Hrsg.): Zwangsprostitution in Kriegs- und Friedenszeiten. Tagungsdokumentation, 2004 (online ( vom 17. Dezember 2013 im Internet Archive)).
- ↑ Christian Benoit: "L’armée a fermé son dernier bordel en 1995", In: Guerres & Histoire, Ausgabe Nr. 13, Juni 2013 (französisch).
- ↑ Udo Gerheim: Die Produktion des Freiers: Macht im Feld der Prostitution. Eine soziologische Studie. transcript Verlag, 2012.