Pharmazie – Wikipedia

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Apotheke im 14. Jahrhundert

Pharmazie (von altgriechisch φάρμακον pharmakon, deutsch Heilmittel, ‚Medikament‘, ‚Gift‘, ‚Zaubermittel‘, zurückgehend auf die Wurzel *φάρμα- phárma, deutsch ‚Zauber‘, ‚Blendwerk‘[1][2]) oder Pharmazeutik (von altgriechisch φαρμακευτική ‚Pharmakotherapie‘),[3] deutsch auch Arzneikunde, ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich mit der Beschaffenheit, Wirkung, Entwicklung, Prüfung, Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln befasst. Die Pharmazie vereint dabei Aspekte aus verschiedenen Naturwissenschaften, vor allem aus der Chemie, Biologie und Physik, mit medizinischen Themen.

Pharmazeuten sind Personen, die das zweite Staatsexamen des Pharmaziestudiums bestanden haben. Nach einem anschließenden Pharmaziepraktikum (Praktisches Jahr) und der Approbation dürfen sie den Beruf des Apothekers ausüben.

Pharmaforschung findet sowohl in Pharmaunternehmen als auch an Universitäten statt. Bevor neue Arzneimittel ihren Weg in die Apotheken und Krankenhausapotheken finden, müssen sie von Arzneimittelbehörden zugelassen werden (Arzneimittelzulassung).

Seit jeher beschäftigten sich die Menschen mit Bereichen der Pharmazie.[4][5] Gemäß Aulus Cornelius Celsus war die Pharmakotherapie (altgriechisch φαρμακεευτική) mit der Diätetik (Regelung der Lebensweise) und der Chirurgie eines der drei Teile der (antiken) Medizin.[6] Kritik am Apothekerstand (etwa in Bezug auf Medikamentenfälschungen[7]) wurde bereits im Mittelalter geübt.[8] (Bereits im Frühmittelalter existierte ein Drogenhandel,[9] der orientalische Arzneimittel auch in Europa verfügbar machte – allerdings zu entsprechend hohen Preisen[10]). Der Gegenstand des Faches gehört zwar zu den ältesten akademischen Lehrfächern (Materia medica), als eigenständige Disziplin (wofür vor allem das Werk Circa instans im 12. Jahrhundert eine Grundlage schuf)[11] ist die heutige Pharmazie aber eine relativ junge Wissenschaft, die erst im 17./18. Jahrhundert entstand.[12]

Erst im 18. Jahrhundert entstanden im Gefolge der Aufklärung private pharmazeutische Lehranstalten, die – zusätzlich zur traditionell handwerklichen – die wissenschaftliche Ausbildung der Apotheker übernahmen. Im 19. Jahrhundert wurde nach und nach in den deutschen Ländern das Pharmaziestudium[13] für Apotheker vorgeschrieben (seit 1875 reichseinheitlich). So erhielt beispielsweise die Universität Würzburg 1888 ein eigenständiges Pharmazeutisches Institut.[14] Seit den 1920er Jahren löste sich die Hochschulpharmazie von den chemischen Instituten und es wurden eigenständige Institute errichtet.

Der Stundenplan des Pharmaziestudiums ist in der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) festgelegt. Schwerpunkt ist die Chemie (ca. 40 %), die restlichen Fächer sind etwa zu gleichen Teilen gewichtet.

Der Äskulapstab, Symbol der Ärzteschaft

Die moderne Pharmazie gliedert sich in folgende Bereiche:

  • Die Pharmazeutische Technologie (früher Galenik oder Arzneiformenlehre) ist die Lehre von der Darreichungsform, d. h., sie beschäftigt sich mit der Herstellung von Tabletten, Kapseln, Zäpfchen, Säften usw. Hierbei ist die Interaktion des Wirkstoffes mit den verwendeten Hilfsstoffen, z. B. beim Pressen von Tabletten, von Bedeutung. Von großer Bedeutung sind dabei auch physikalische Gesetze, die den bei Herstellung, Stabilisierung und Prüfung von Arzneimitteln angewendeten Maßnahmen zugrunde liegen.
  • Die Pharmakologie und Toxikologie umfasst Physiologie und Pathophysiologie sowie die Wirkung von Arzneistoffen und Giften im menschlichen Körper.
  • Die Klinische Pharmazie (seit 2001 Prüfungsfach an deutschen Universitäten) soll eine Brücke zwischen Wissenschaft und pharmazeutischer Praxis knüpfen. Obwohl in den USA und Großbritannien schon seit Jahrzehnten etabliert, hatte es die Klinische Pharmazie in Deutschland sehr schwer, sich als pharmazeutische Disziplin zu etablieren. Bei der Klinischen Pharmazie steht im Gegensatz zur Pharmakologie nicht der Wirkstoff, sondern der Patient im Mittelpunkt.
  • Die Pharmakoepidemiologie und Pharmakoökonomie, welche die epidemiologischen und ökonomischen Aspekte der Arzneimittelanwendung zum Gegenstand haben. In den meisten Prüfungsordnungen der Universitäten mit Ausbildungsangeboten zum Pharmazeuten sind diese Fächer inzwischen obligatorisch, z. B. in der FU Berlin seit 2003.[17]
  • Die Notfall- und Katastrophenpharmazie beschäftigt sich mit der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in außergewöhnlichen Situationen.

In einigen Ländern außerhalb des deutschen Sprachraums ist auch die Sozialpharmazie verankert. Sie setzt sich damit auseinander, wie Patienten, Verbraucher, Ärzte, Apotheker, andere Heilberufe, Politiker, Organisationen und Verbände sowie die Gesellschaft als Ganzes mit Arzneimitteln umgehen, welche wechselseitigen Beziehungen sie untereinander eingehen und wie sich dies in soziale, kulturelle und ökonomische Zusammenhänge einordnen lässt.

Pharmazeutische Präparate

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Der Begriff pharmazeutische Präparate wird synonym zu Arzneimittel, Fertigarzneimittel (Arzneispezialität) oder auch für Zubereitungsformen von Arzneistoffen verwendet. Pharmazeutische Präparate werden häufig industriell von Pharmaunternehmen hergestellt.

Beispiele für arzneiliche Zubereitungen sind Tabletten, Dragees, Salben, Cremes, Lotionen, Tinkturen, Infusionslösungen und viele andere (siehe auch Arzneiformen).

  • Alfred Adlung, Georg Urdang: Grundriß der Geschichte der deutschen Pharmazie. J. Springer, Berlin 1935.
  • Julius Berendes: Das Apothekenwesen. Seine Entstehung und geschichtliche Entwicklung bis zum XX. Jahrhundert. Stuttgart 1907 (Nachdruck mit Vorwort von Rudolf Schmitz, Hildesheim 1967).
  • Peter Dilg, Guido Jüttner: Pharmazeutische Terminologie. Die Fachsprache des Apothekers. Frankfurt am Main 1972.
  • Heidrun Eckner, Juliane Gruner, Adriane Jorek: Studienführer Pharmazie. Wiss. Verlagsges., Stuttgart 2002, ISBN 3-8047-1904-X.
  • Dagmar Fischer, Jörg Breitenbach, Jörg (Hrsg.): Die Pharmaindustrie. Einblick, Durchblick, Perspektiven. 2003, ISBN 3-8274-1374-5.
  • Hager: Handbuch der pharmazeutischen Praxis. 3 Bände. Springer, Berlin 1949.
  • Curt Hunnius, Hermann P. T. Ammon: Hunnius – Pharmazeutisches Wörterbuch. De Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-017475-8.
  • Josef Moeller, Hermann Thoms (Hrsg.): Realencyclopaedie der gesamten Pharmazie. 13 Bände. Berlin/Wien 1904–1912.
  • Sarah Wessinger, Bettina Mecking: Vademecum für Pharmazeuten. 19. Auflage. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7692-6344-2.
  • Hermann Schelenz: Geschichte der Pharmazie (Reprographischer Nachdruck der Ausgabe Berlin 1904), Verlagsbuchhandlung Georg Olms, Hildesheim 1962
  • Rudolf Schmitz: Pharmazie und angewandte Naturwissenschaften in ihrer Beziehung zum Renaissance-Humanismus. In: Humanismusforschung seit 1945. Ein Bericht aus interdisziplinärer Sicht. Bonn 1975 (= Kommission für Humanismusforschung der DFG. Mitteilung 2), S. 185–191.
  • Rudolf Schmitz: Geschichte der Pharmazie. Unter Mitarb. von Franz-Josef Kuhlen. Bd I: Von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters. Govi-Verlag, Eschborn 1998, ISBN 3-7741-0706-8.
  • Rudolf Schmitz: Geschichte der Pharmazie. Fortgef. von Christoph Friedrich und Wolf-Dieter Müller-Jahncke. Bd. II: Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Govi-Verlag, Eschborn 2005, ISBN 978-3-7741-1027-4.
  • Wolfgang Schneider: Paracelsus und die Entwicklung der pharmazeutischen Chemie. In: Arch. Pharm. 299, 1966, Nr. 9, S. 737–746.
  • Wolfgang Schneider: Geschichte der Pharmazie (= Wörterbuch der Pharmazie. IV). Stuttgart 1985.
  • Gerd Ulrich: Wirkungen, die an Wunder grenzen. Arzneimittelwerbung in Deutschland (1830-1930). Books on Demand, Norderstedt 2007, ISBN 978-3-8334-6718-9.
  • Josef Moeller, Ewald Geissler (Hrsg.): Real-Encyclopädie der gesammten Pharmacie. Handwörterbuch für Apotheker, Ärzte und Medicinalbeamte. Urban & Schwarzenberg, Wien 1886, urn:nbn:de:hbz:061:2-17408 (10 Bände, Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf).
  • Rudolf Schmidt-Wetter (Begründer), Sarah Wessinger, Bettina Mecking: Vademecum für Pharmazeuten. 18. Auflage. Deutscher Apotheker-Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7692-5307-8.
Commons: Pharmazie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Pharmazie – Quellen und Volltexte
Wiktionary: Pharmazie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Hjalmar Frisk: Griechisches etymologisches Wörterbuch. I–III, Heidelberg (1954) 1960–1972 (= Indogermanische Bibliothek, II: Wörterbücher.), Band II (1970), S. 992.
  2. Rudolf Schmitz: Der Arzneimittelbegriff der Renaissance. In: Rudolf Schmitz, Gundolf Keil: Humanismus und Medizin. Acta humaniora, Weinheim 1984 (= Deutsche Forschungsgemeinschaft: Mitteilungen der Kommission für Humanismusforschung. Band 11), ISBN 3-527-17011-1, S. 1–21, hier: S. 4.
  3. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 41.
  4. Julius Berendes: Die Pharmacie bei den alten Culturvölkern, I-II, Halle an der Saale 1891, Neudruck Hildesheim 1989.
  5. Ch. J. S. Thompson: The dawn of medicine. A chapter in the history of pharmacy from the earliest times to the tenth century. In: Janus 28, 1924, S. 425–450.
  6. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. 1989, S. 41.
  7. Konrad Goehl: Beobachtungen und Ergänzungen zum ‘Circa instans’. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 69–77, hier: S. 69–73.
  8. Konrad Goehl, Gundolf Keil: „apothecarii nostri temporis“ – Eine Kritik am Apothekerstand aus der Frühzeit der Pharmazie. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 14, 1996, S. 261–267.
  9. John M. Riddle: The introduction and use of eastern drugs in the early middle ages. In: Sudhoffs Archiv. Band 49, 1965, S. 185–198.
  10. Gundolf Keil: Einleitung. In: Gundolf Keil (Hrsg.): Das Lorscher Arzneibuch. (Handschrift Msc. Med. 1 der Staatsbibliothek Bamberg); Band 2: Übersetzung von Ulrich Stoll und Gundolf Keil unter Mitwirkung von Altabt Albert Ohlmeyer. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1989, S. 7–14, hier: S. 9.
  11. Vgl. auch Rudolf Schmitz: Die hochmittelalterliche Rezeption antiken und arabischen naturkundlichen Wissens in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Pharmazie. In: Deutsche Apotheker-Zeitung. Band 102, 1962, S. 923–926.
  12. vgl. auch Syed Mahdihassan: Alchemy and its connection with astrology, pharmacy, magic and metallurgy, Janus 46 (1957), S. 81–103.
  13. Berthold Beyerlein: Die Entwicklung der Pharmazie zur Hochschuldisziplin (1750–1875). Ein Beitrag zu Universitäts- und Sozialgeschichte. Stuttgart 1991 (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie. Band 59).
  14. Sybille Grübel: Zeittafel zur Geschichte der Stadt von 1814–2006. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2, Theiss, Stuttgart 2001–2007; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. Band 2, 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9, S. 1225–1247; hier: S. 1232.
  15. Duden: Phytopharmazie.
  16. Ernst Steinegger, Rudolf Hänsel: Lehrbuch der Pharmakognosie und Phytopharmazie. 4. Auflage. Berlin/Heidelberg/New York 1988.
  17. Studienordnung für den Studiengang Pharmazie der Freien Universität Berlin, Stand 2003 (PDF, 24,55 kB).