Sozialdemokratische Partei Deutschlands – Wikipedia

Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Partei­vorsitzende Saskia Esken
Lars Klingbeil
General­sekretär Matthias Miersch (kommissarisch)
Stell­vertretende Vorsitzende Klara Geywitz
Hubertus Heil
Achim Post
Serpil Midyatli
Anke Rehlinger
Bundes­geschäfts­führerin Jessika Wischmeier
Bundes­schatz­meister Dietmar Nietan
Gründung 23. Mai 1863 (ADAV)
8. August 1869 (SDAP)
27. Mai 1875 (Vereinigung)
12. – 18. Oktober 1890 (SPD)
Gründungs­ort Leipzig (ADAV)
Eisenach (SDAP)
Gotha (Vereinigung)
Halle (Saale) (SPD)
Haupt­sitz Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 140
10963 Berlin
Jugend­organisation Jusos
Zeitung Vorwärts
Parteinahe Stiftung Friedrich-Ebert-Stiftung
Aus­richtung Sozialdemokratie
Progressivismus
Europäischer Föderalismus[2]
Farbe(n) Rot (HKS 14)[3]
Bundestagssitze
207/733
Sitze in Landtagen
458/1893
Staatliche Zuschüsse 47.752.553,17 Euro (2022)[4]
Mitglieder­zahl 365.190
(Stand: 31. Dezember 2023)[1]
Mindest­alter 14 Jahre
Durch­schnitts­alter 61 Jahre
(Stand: 31. Dezember 2021)[5]
Frauen­anteil 32,6 Prozent
(Stand: 31. Dezember 2018)[6]
Internationale Verbindungen Progressive Allianz (Vollmitglied)
Sozialistische Internationale (Beobachterstatus)
Europaabgeordnete
14/96
Europapartei Sozialdemokratische Partei Europas (SPE)
EP-Fraktion Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D)
Website www.spd.de

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ist eine politische Partei in Deutschland.

Als erste Vorläufer der Partei gelten der 1863 gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein und die 1869 gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die sich 1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands zusammenschlossen. Ihren heutigen Namen gab sich die Partei 1890. Sie gilt als älteste noch bestehende Partei Deutschlands. Von 1890 bis 1930 wurde sie bei allen Reichstagswahlen die stimmenstärkste Partei und stellte in der Weimarer Republik mit Friedrich Ebert das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt der deutschen Geschichte und neben Ebert auch mit Philipp Scheidemann, Gustav Bauer und Hermann Müller vier Regierungschefs. Sie war Gründungsmitglied der Zweiten Internationalen und der Sozialistischen Arbeiterinternationale.

Während der nationalsozialistischen Diktatur war die SPD, die zuvor als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, verboten und operierte daraufhin im Exil unter der Bezeichnung Sopade. Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Oktober 1945 wiedergegründet, wurde die SPD in der Sowjetischen Besatzungszone mit der KPD zur SED zwangsvereinigt. In Westdeutschland und damit später in der wiedervereinigten Republik konnte sie sich mit dem Godesberger Programm, mit dem die SPD ihr Bekenntnis zum Marxismus aufgab, als eine von zwei großen Volksparteien neben der CDU etablieren. Die SPD ist seit Bestehen sowohl in der Bundesrepublik bis 1990 als auch im wiedervereinigten Deutschland bis 2008 die mitgliederstärkste Partei gewesen. Seit 2016 ist sie wieder die mitgliederstärkste Partei in Deutschland.

Sie war von 1966 bis 1982, von 1998 bis 2009 und ist seit 2013 erneut an der Bundesregierung beteiligt. Sie war dabei entweder im Rahmen einer Großen Koalition Juniorpartner der CDU oder stellte mit Willy Brandt, Helmut Schmidt, Gerhard Schröder oder Olaf Scholz selbst den Regierungschef. Nachdem sie bei der Bundestagswahl 2021 zum vierten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg stärkste Partei geworden war, bildete sie eine Ampelkoalition mit Bündnis 90/Die Grünen und der FDP. Seit dem 8. Dezember 2021 ist Olaf Scholz (Kabinett Scholz) der vierte sozialdemokratische und der neunte Bundeskanzler. Parteivorsitzende sind seit 2019 Saskia Esken und seit 2021 Lars Klingbeil.

Auf Länderebene ist sie als einzige Partei in allen Landesparlamenten in Fraktionsstärke vertreten. Aktuell (Januar 2024) ist sie in zwölf Ländern an der Regierung beteiligt, in sieben stellt sie den Regierungschef. In einem Land regiert die SPD allein, ansonsten bildet sie Koalitionsregierungen mit Bündnis 90/Die Grünen (rot-grüne Koalition), der CDU (rot-schwarze Koalition) und der Linken (rot-rote Koalition) sowie Koalitionen mit zwei weiteren Parteien (rot-rot-grüne Koalition, Ampelkoalition, Kenia-Koalition, schwarz-rot-gelbe Koalition). Im Gegensatz zu früheren Jahren gibt es zurzeit keine Koalition nur mit der FDP (sozialliberale Koalition).

Die SPD ist Bestandteil der Sozialdemokratischen Partei Europas und sitzt als Teil der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, wo sie mit sechzehn Mitgliedern die drittgrößte Partei ist. Sie ist Mitglied bei der Progressiven Allianz und hat einen Beobachterstatus in der Sozialistischen Internationalen (SI) inne, deren Gründungsmitglied sie war.

Profil

Tradition

Die SPD sieht „ihre Wurzeln in Judentum und Christentum, Humanismus und Aufklärung, marxistischer Gesellschaftsanalyse und den Erfahrungen der Arbeiterbewegung“ und sich selbst als „linke Volkspartei“.[7]

Grundsätze

Das Selbstverständnis der SPD, das sie auch in ihren Parteiprogrammen zu tradieren versucht, beinhaltet eine Konzentration auf politische Inhalte und langfristige Ziele, die nicht zu Gunsten einer kurzfristigen Personenwirkung aufgegeben werden wollen. Ihr Grundsatzprogramm begreift sie als „moralische Rechtfertigung für ihre Politik“.[8]

August Bebel (1863)
Ferdinand Lassalle (1860)

Folgende Grundsatzprogramme wurden beschlossen:

Zunächst war die SPD eine sozialistische Arbeiterpartei. Zunehmend wandelt sie sich bis zum Godesberger Programm zu einer sozialdemokratischen Volkspartei.

Das derzeitige Parteiprogramm der SPD, das „Hamburger Programm“, wurde im Jahr 2007 beschlossen. In ihm wird das Ziel festgeschrieben, mit Hilfe der „solidarischen Mehrheit“ zu regieren. Der demokratische Sozialismus wird beschrieben als „eine Ordnung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, in der die bürgerlichen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Grundrechte für alle Menschen garantiert sind, alle Menschen ein Leben ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt, also in sozialer und menschlicher Sicherheit führen können“ sowie als „Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft“, deren „Verwirklichung“ als „dauernde Aufgabe“ hervorgehoben wird. Die „soziale Demokratie“ diene dabei als das „Prinzip des Handelns“.

Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind nach dem Hamburger Programm für die SPD die Grundwerte des Demokratischen Sozialismus. So ist die soziale Gerechtigkeit einer ihrer vorrangigen politischen Leitwerte. Die koordinierte soziale Marktwirtschaft soll gestärkt werden, ihre Erträge dabei fair verteilt werden, da dies als notwendig für den Wohlstand der Gesamtbevölkerung angesehen wird. Die SPD erachtet auch in der Zukunft einen starken Staat und einen handlungsfähigen Sozialstaat für notwendig, um schwächere Bevölkerungsgruppen schützen zu können. Dazu legt sie Wert auf eine Finanzpolitik, die „nicht auf Kosten zukünftiger Generationen“ ausgestaltet ist und langfristig die Staatsverschuldung beendet bzw. zurückführt. Unter dem Stichwort vorsorgender Sozialstaat werden Änderungen am Sozialsystem begrüßt, die die Eigenverantwortung stärken sollen und im Rahmen der Agenda 2010 realisiert wurden.

Gesellschaftspolitisch tritt die SPD nach ihrem Programm für Bürgerrechte, Öffnung der Gesellschaft und Bürgerbeteiligung ein. Außenpolitisch will sie durch den Ausgleich der Interessen den Frieden in der Welt stärken. Die Globalisierung soll „durch eine demokratische Politik“ gestaltet werden. Sie ist bemüht, die Europäische Einigung zu erweitern und zu vertiefen.

Programmatik

Außenpolitik sowie Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Die SPD sieht die Friedenssicherung und Völkerverständigung im Zentrum ihrer Außenpolitik. Dabei baut sie auf Dialog und zivile Konfliktregelung auf.[10] Sie möchte Menschenrechte sichern. Dabei sieht sie sich selbst als Partner des Westens und der NATO. Militäreinsätze der Bundeswehr befürwortet die SPD nur, wenn alle Mittel der Diplomatie ausreichend genutzt wurden und keine Lösung erzielt worden ist. Rüstungsexporte an Diktaturen lehnt sie ab.

Bildungspolitik

Bildung wird von der SPD als Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe und Wohlstand gesehen. Zentrales Ziel ist die Bildungsgerechtigkeit und die Aufstiegschance für Kinder aus bildungsfernen Schichten. Dem Kooperationsverbot von Bund und Ländern steht sie kritisch gegenüber. Als Möglichkeit, das Bildungssystem durchlässiger zu machen, sieht sie den Ausbau von Gesamtschulen an. Die SPD lehnt Studiengebühren strikt ab und hat diese in den von ihr regierten Bundesländern abgeschafft, beziehungsweise gar nicht eingeführt. Frühkindliche Bildung hat einen hohen Stellenwert innerhalb sozialdemokratischer Bildungspolitik. Dabei möchte sie gerade Kinder aus Migrantenfamilien in die Gesellschaft integrieren.

Energiepolitik

Die SPD lehnt Atomkraft ab. Daraus resultierend hat sie unter der rot-grünen Bundesregierung die Energiewende beschlossen und möchte den Wechsel von begrenzt verfügbaren Energiequellen zu unerschöpflichen und von schadstoffhaltigen zu schadstoffarmen Ressourcen. Arbeitsplätze in Industrie, Handwerk und Dienstleistungsberufen sowie in der Land- und Forstwirtschaft sollen dadurch entstehen. Kohle- und Gaskraftwerke sieht die SPD als Brückenenergiemöglichkeit an, um einen weiteren Anstieg der Energiekosten zu vermeiden. Sie steht somit für eine klimafreundliche Energiepolitik, die möglichst kostengünstig sein soll. Die Kosten sollten laut der SPD von allen gerecht bezahlt werden.

Europapolitik

Die SPD versteht sich als progressive Europapartei. Die europäische Integration soll vorangetrieben werden und nationale Souveränitäten an die Europäische Union abgegeben werden. Das Europäische Parlament soll in seinen Rechten gestärkt werden, zum Beispiel durch die Einführung eines Vorschlagsrechtes. Die Europäische Kommission soll zu einer richtigen Regierung ausgebaut werden. Die Direktwahl des Kommissionspräsidenten wird unterstützt. Zur Vermeidung von Lohndumping sollen, von dem jeweiligen Mitgliedsland abhängig, europaweite Mindeststandards eingeführt werden. In der Eurokrise unterstützt die SPD die Rettungspolitik durch ESM und Fiskalpakt, möchte jedoch gleichzeitig gezielte Investitionen in die Infrastruktur und Wirtschaft der Krisenländer, um die Arbeitslosigkeit zu vermindern.

Familienpolitik

Die Veränderung der Rollen von Männern, Frauen und des klassischen Familienbildes hin zu flexibleren und individuellen Lebensentwürfen erkennt die SPD an und begrüßt diese. Familien sollen in ihren individuellen Entwürfen gezielter gefördert werden.

Mittel sieht sie unter anderem in einem höheren Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und in einem Ausbau des Ehegattensplittings zu einem Partnertarif, der Familien unabhängig von der gewählten Lebensform fördert. Dazu soll eine volle Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnern erreicht werden. Die Ehe für alle und das gemeinschaftliche Adoptionsrecht für verheiratete gleichgeschlechtliche Paare wurden im Sommer 2017 durch die SPD befürwortet.

Innenpolitik

Innenpolitik soll die Freiheit und Sicherheit der Bürger respektieren und sichern. Somit soll durch Innenpolitik das Zusammenleben in der Gesellschaft garantiert werden. Kriminalität soll bekämpft werden und die Sicherheitsapparate ausgebaut werden, ohne dass die Bürgerrechte angetastet werden. Die Integration von Einwanderern wird begrüßt. Dabei soll der Staat die Teilhabe und Chancengerechtigkeit der Migranten garantieren. Die SPD möchte eine Willkommenskultur erreichen. Im Ausland erworbene Bildungsabschlüsse sollen somit auch in Deutschland anerkannt werden und die doppelte Staatsbürgerschaft bekommen. Asylsuchende sollen von Deutschland aufgenommen werden und Kommunen in ihrer finanziellen Last stärker vom Bund unterstützt werden. Innerhalb der SPD wird ein Punktesystem als ein Einwanderungsrecht diskutiert. Rechtspolitik soll eine moderne und tolerante Gesellschaft fördern. Hierzu soll beispielsweise eine gesetzliche Frauenquote die Emanzipation der Frau fördern. Die SPD unterstützt direkte Bürgerbeteiligung an der Demokratie und Volksabstimmungen, auch auf Bundesebene.

Sozialpolitik

Zentral innerhalb sozialdemokratischer Politik steht die Arbeits- und Sozialpolitik. Der Sozialstaat soll vorsorgend handeln und Menschen bei Krankheit, Behinderung oder Arbeitslosigkeit unterstützen. Dabei setzt die SPD auf das Prinzip von „fördern und fordern“, wonach Arbeitslosengeldempfänger finanzielle Sicherheit genießen sollen und gleichzeitig durch Kürzungen der Leistung, bei Ablehnung einer Arbeitsstelle, zur Leistung gefordert werden. Menschen sollen von ihrer Arbeit leben können, weshalb die SPD einen Mindestlohn von 8,50 € eingeführt hat, der mittlerweile auf 9,19 € angehoben wurde und zum 1. Oktober 2022 auf 12 € steigen soll. Arbeitsplätze sollen geschaffen werden und gerade Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt reintegriert werden. Mieten sollen nur noch bis zu einem bestimmten Grad steigen dürfen, weshalb die SPD eine Mietpreisbremse fordert.

Wirtschaftspolitik

Die SPD steht für eine Wirtschaftspolitik, bei der es um Gemeinwohl und Fortschritt geht. Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise steht die SPD für eine Regulierung der internationalen Finanzmärkte, um das Primat der Politik über die Wirtschaft wiederherzustellen. Die deutsche soziale Marktwirtschaft soll international ausgebaut werden. Dabei wird „[s]o viel Wettbewerb wie möglich, so viel regulierender Staat wie nötig“ gefordert. Deshalb muss der demokratische Staat handlungsfähig bleiben. Ökologische Nachhaltigkeit und eine gezielte Senkung der Schulden werden begrüßt. Auf dem Bundesparteitag 2023 wurde ein Leitantrag des Parteivorstands beschlossen, nach dem sich die Steuern für Reiche und Erben erhöhen sowie die Schuldenbremse gelockert werden soll. Zudem wird ein Staatsfonds sowie eine Reform der Mindestlohnkommission gefordert.[11][12]

Flüchtlingspolitik

Die SPD will Flüchtlingen helfen und ihnen Perspektiven bieten. Sie setzt sich dafür ein, legale Migrationswege für Asylsuchende zu schaffen und die Fluchtursachen zu bekämpfen. Länder und Kommunen sollen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden unterstützt werden.[13] Die SPD setzt sich für einen gesteuerten Familiennachzug auch für nur subsidiär Schutzberechtigte ein.[14] Im EU-Parlament setzt sich die SPD dafür ein, dass der Familiennachzug auch auf erwachsene und verheiratete Geschwister ausgedehnt wird.[15][16]

Organisation

Organisationsstruktur der SPD

Gliederung

Die Mitglieder sind in rund 12.500 Ortsvereinen organisiert, die regelmäßig Mitgliederversammlungen abhalten und Delegierte in die Unterbezirksparteitage entsenden.

Die 12.500 Ortsvereine sind in 350 Unterbezirken organisiert, die regelmäßig Unterbezirksparteitage abhalten und Delegierte in die Landesparteitage entsenden.

Die 350 Unterbezirke sind wiederum in 20 Bezirken organisiert, die regelmäßig Bezirksparteitage abhalten, von denen 600 Delegierte in den Bundesparteitag entsendet werden. Ist ein SPD-Bezirk deckungsgleich mit einem Bundesland, nennt er sich Landesverband. In Bundesländern mit mehreren Bezirken bilden die Bezirke gemeinsam einen Landesverband. Außerdem entsendet jeder Bezirk Vertreter in den Parteirat.

Zusätzlich zu dieser Grundstruktur gibt es noch einige zusätzliche Gliederungsebenen, die meistens aus kommunalpolitischer Zweckmäßigkeit geschaffen wurden, nicht überall bestehen und teilweise nur eingeschränkte Rechte (z. B. beim Antragsrecht zu den Parteitagen oder bei der Kassenführung) haben, beispielsweise unter der Ortsvereinsebene die Sektionen. Dazu gehören insbesondere Kreisverbände als Untergliederung von Unterbezirken, die mehr als einen Landkreis umfassen; den Namen „Kreisverband“ führen allerdings teilweise auch Unterbezirke selbst, wenn ihr Zuschnitt genau einem Landkreis entspricht. In Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bestehen unterhalb der Ebene des Landesverbandes, der dort jeweils dem Bezirk im oben verwendeten Sinne entspricht, zusätzlich sogenannte Regionen oder (begrifflich missverständlich) Bezirke. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bilden diese Regionen die alten Parteibezirke ab, die bis zu ihrer Fusion zu einem Landesbezirk bestanden. In Bayern entsprechen die Bezirksverbände den Regierungsbezirken, die dort mit den Bezirkstagen eine eigenständige kommunale Körperschaft bilden.

Parteitag

Außerordentlicher Parteitag der SPD in Bonn am 14. Juni 1987. Wahl von Willy Brandt zum Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit

Der Bundesparteitag ist das oberste Organ der Partei. Er bestimmt die Grundlinien der SPD-Politik, verabschiedet das Parteiprogramm, wählt den Parteivorstand, die Kontrollkommission und das Bundesschiedsgericht. Außerdem beschließt er über das Organisationsstatut, die Satzung der SPD.

Parteivorstand

SPD-Bundesparteitag 2017 in Berlin
Berlin, Willy-Brandt-Haus im Bundestagswahlkampf 2021
SPD-Wahlkreisbüro in Emden (2023)

Der Parteivorstand leitet die Amtsgeschäfte zwischen den Parteitagen. Zuletzt wurde er auf dem ordentlichen Bundesparteitag am 11. Dezember 2021 in Berlin von den Delegierten gewählt. Aus dem Parteivorstand geht als geschäftsführender Vorstand das Parteipräsidium hervor, dem die beiden Vorsitzenden, die stellvertretenden Vorsitzenden, der Generalsekretär, der Schatzmeister und der Verantwortliche für die Europäische Union sowie weitere aus der Vorstandsmitte gewählte Beisitzer angehören.

Vorsitzende Saskia Esken, Lars Klingbeil
Stellvertretende Vorsitzende Klara Geywitz, Hubertus Heil, Achim Post, Serpil Midyatli, Anke Rehlinger
Generalsekretär Matthias Miersch
Schatzmeister Dietmar Nietan
Verantwortliche für die Europäische Union Katarina Barley
Präsidiumsmitglieder Katja Pähle
Beisitzer Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Florian von Brunn, Martin Dulig, Ronja Endres, Wiebke Esdar, Kerstin Griese, Angela Hohmann, Oliver Kaczmarek, Georg Maier, Kaweh Mansoori, Bettina Martin, Matthias Miersch, Michelle Müntefering, Aydan Özoğuz, Boris Pistorius, Sebastian Roloff, Jessica Rosenthal, Sarah Ryglewski, Dagmar Schmidt, Svenja Schulze, Alexander Schweitzer, Andreas Stoch, Ibrahim Yetim

Sitz des Parteivorstands und Bundeszentrale der Partei war ab 1950 ein auch als „Baracke“ bezeichneter provisorischen Bau in Bonn, der an selber Stelle 1975 vom Erich-Ollenhauer-Haus abgelöst wurde. 1999 verlegte der Parteivorstand den Sitz in das Willy-Brandt-Haus in Berlin.[17][18]

Daten der Landesverbände

Landesverband Vorsitz Mitglieder
(Stand: Ende 2016)[19]
Mitglieder
im Verhältnis zu den Beitrittsberechtigten
Ergebnis der letzten Wahl des Landesparlaments[20][21] Ergebnis der Bundestagswahl 2021[22] SPD-Regierungschef
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Andreas Stoch 034.138 0,36 % 11,0 % (2021) 21,6 % nein
Bayern Bayern Ronja Endres Ronja Endres 058.296 0,52 % 08,4 % (2023) 18,0 % nein
Berlin Berlin Nicola Böcker-Giannini Nicola Böcker-Giannini 017.145 0,55 % 18,4 % (2023) 23,5 % nein
Martin Hikel
Brandenburg Brandenburg Dietmar Woidke Dietmar Woidke 005.995 0,27 % 30,9 % (2024) 29,5 % Dietmar Woidke (Kabinett Woidke III), seit 2013
Bremen Bremen Reinhold Wetjen Reinhold Wetjen 004.140 0,70 % 29,8 % (2023) 31,5 % Andreas Bovenschulte (Senat Bovenschulte II), seit 2019
Hamburg Hamburg Melanie Leonhard Melanie Leonhard 010.405 0,66 % 39,2 % (2020) 29,7 % Peter Tschentscher (Senat Tschentscher II), seit 2018
Nils Weiland Nils Weiland
Hessen Hessen Sören Bartol Sören Bartol 052.007 0,96 % 15,1 % (2023) 27,6 % nein
Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig Manuela Schwesig 002.721 0,19 % 39,6 % (2021) 29,1 % Manuela Schwesig (Kabinett Schwesig II), seit 2017
Niedersachsen Niedersachsen Stephan Weil Stephan Weil 056.886 0,82 % 33,4 % (2022) 33,1 % Stephan Weil (Kabinett Weil III), seit 2013
Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen Sarah Philipp Sarah Philipp 108.205 0,69 % 26,7 % (2022) 29,1 % nein
Achim Post Achim Post
Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz Roger Lewentz Roger Lewentz 036.308 1,02 % 35,7 % (2021) 29,4 % Alexander Schweitzer (Kabinett Schweitzer), seit 2024
Saarland Saarland Anke Rehlinger Anke Rehlinger 018.131 2,04 % 43,5 % (2022) 37,3 % Anke Rehlinger (Kabinett Rehlinger), seit 2022
Sachsen Sachsen Kathrin Michel Kathrin Michel 004.295 0,12 % 07,3 % (2024) 19,3 % nein
Henning Homann Henning Homann
Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt Juliane Kleemann Juliane Kleemann 003.397 0,17 % 08,4 % (2021) 25,4 % nein
Andreas Schmidt Andreas Schmidt
Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Serpil Midyatli Serpil Midyatli 016.911 0,67 % 16,0 % (2022) 28,0 % nein
Thüringen Thüringen Georg Maier Georg Maier 003.726 0,20 % 06,1 % (2024) 23,4 % nein

Bundesschiedskommission

Die Bundesschiedskommission ist das oberste Parteischiedsgericht der SPD. Es ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten der SPD oder ihrer Gliederungen mit einzelnen Mitgliedern und Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung der Satzung (insbesondere Organisationsstatut, Wahlordnung) gebildet worden. Sie dient der Absicherung der innerparteilichen Demokratie, der Gewährleistung der mitgliedschaftlichen Rechte der Parteimitglieder und der Sicherung der Ordnung der Partei.[23] Vorsitzender ist Thorsten Jobs.

Arbeitsgemeinschaften

Die SPD hat für eine Reihe von Zielgruppen und Themenbereichen Arbeitsgemeinschaften eingerichtet; diese haben Antragsrecht zu den Parteitagen der SPD und arbeiten teilautonom. Mitglied bei den Jusos ist jedes SPD-Mitglied automatisch, das jünger als 35 Jahre ist. Der ASF gehören alle weiblichen Mitglieder der SPD an, der AG 60 plus automatisch alle SPD-Mitglieder, die älter als 60 Jahre sind. Die Mitgliedschaft bei allen anderen Arbeitsgemeinschaften ist nicht automatisch oder verpflichtend. Bei allen Arbeitsgemeinschaften besteht die Möglichkeit, vollberechtigtes Mitglied zu werden, ohne der SPD anzugehören (sogenannte Unterstützermitgliedschaft).

Arbeitskreise und Foren

Gemeinsame Tagung verschiedener Bundes-Arbeitsgemeinschaften (von links nach rechts): Björn Engholm, Annemarie Renger und Herbert Wehner

Für einige Themengebiete und Zielgruppen bestehen in der SPD Arbeitskreise, Foren und Projektgruppen. Es gibt den Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten (AvS), den Arbeitskreis Christinnen und Christen in der SPD (AKC), den Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten (AJS), den Arbeitskreis muslimischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten (AKMS), den Arbeitskreis Säkularität und Humanismus in der SPD (AKSH), sowie die SPD International. Diese sechs Organisationen sind ähnlich den Arbeitsgemeinschaften organisiert (mit Bundesvorstand, Bundeskonferenzen und regionalen Unterorganisationen), haben aber nicht deren Rechte.

Die Zielsetzung der Arbeitskreise ist eher intern orientiert, sie sollen SPD-Mitgliedern bestimmter Zielgruppen oder in bestimmten Themengebieten eine Zusammenarbeit ermöglichen; einige der Arbeitskreise treten zudem nach außen auf. Die Foren haben dagegen das vorrangige Ziel, die Vernetzung der SPD mit Organisationen in bestimmten Themengebieten auszubauen.

Im Unterschied dazu ist das Wirtschaftsforum der SPD kein Forum der Partei, sondern ein der SPD nahestehender eingetragener Verein.[24]

Gleichstellung

Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, wurde 1988 eine Geschlechterquote von 40 % eingeführt. Diese Quote besagt, dass alle Vorstände und Delegationen jeweils zu mindestens 40 % von jedem Geschlecht besetzt werden müssen. Da sich in der SPD erheblich weniger Frauen als Männer als Mitglieder engagieren – der Anteil der Frauen unter den Mitgliedern beträgt 32 % – hat dies eine Benachteiligung von Männern bei parteiinternen Wahlen zur Folge. Aus diesem Grund wird vielfach auch von einer „Frauenquote“ gesprochen. Die Aufstellung der Bundestags- und Europalisten erfolgt nach dem „Reißverschlussverfahren“, bei dem Frauen und Männer abwechselnd aufgestellt werden.

Parteizeitung

Die SPD gibt die Mitgliederzeitung Vorwärts heraus. Deren Verlag ist als hundertprozentige Tochtergesellschaft im Besitz der Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft. Vorwärts wurde 1876 von Wilhelm Liebknecht und anderen zunächst als Tageszeitung gegründet und später zum Wochenmagazin umgebaut. Seit 2016 erscheint sie zweimonatlich.

Logo und Farben

Farblich überragende Bedeutung in der Außenkommunikation der SPD hat die Farbe rot, die Logo und Corporate Design der Partei prägt. Weiß, Purpur, Dunkelrot und Cyanblau ergänzen das Farbschema.[25]

Parteilogos

Sonderlogos

Finanzen

Einnahmen

SPD-Beitragsmarken
aus dem Jahr 1923

Die Gesamteinnahmen der SPD betrugen 2014 161.826.665,18 Euro. Zu ihren wichtigsten Einnahmequellen zählen Mitgliedsbeiträge und staatliche Mittel. Die Parteispenden sind bei der SPD traditionell niedrig. Die SPD hat vergleichsweise hohe Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit, Beteiligungen und aus sonstigem Vermögen.[28]

Einnahmen der SPD im Jahr 2014 EUR Anteil
Mitgliedsbeiträge 49.984.619,90 030,89 %
Mandatsträgerbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge 24.458.914,48 015,11 %
Spenden von natürlichen Personen 12.575.615,99 007,77 %
Spenden von juristischen Personen 02.532.489,27 001,57 %
Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen 02.134.003,78 001,32 %
Einnahmen aus sonstigem Vermögen 07.706.715,27 004,76 %
Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit 12.791.866,48 007,91 %
Staatliche Mittel 48.648.864,36 030,06 %
Sonstige Einnahmen 00.993.575,65 000,61 %
Summe ≈ 161.826.665 100 %

Spenden

Zwischen 30 % und 40 % der Spendeneinnahmen von juristischen Personen stammten aus Großspenden von mehr als 20.000 € je Spende. Zu den größten Spendern (juristische Personen, aufsummierte Spendensummen von 2000 bis 2008, ab 2007 nur Spenden ab 50.000 Euro[29]) zählten folgende Unternehmen und Verbände:

  1. 1.371.143 € Daimler Chrysler AG
  2. 0 657.522 € BMW AG
  3. 0 638.393 € Allianz SE
  4. 0 365.820 € Porsche AG
  5. 0 302.115 € Verband der Chemischen Industrie e. V.
  6. 0 300.000 € Deutsche Bank AG
  7. 0 300.000 € E.ON AG
  8. 0 281.211 € B.TV Television GmbH & Co. KG
  9. 0 277.258 € Südwestmetall
  10. 0 250.000 € Commerzbank AG

Unternehmensbeteiligungen

Die SPD ist die einzige politische Partei in Deutschland, die große Medienbeteiligungen unterhält. Über die Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) hält die SPD Beteiligungen an über 70 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von über 6 Mio. Exemplaren und 12 Mio. Lesern, darunter die Neue Westfälische, die 2016 zu 100 % übernommen wurde.[30] An der Öko-Test Holding AG ist die SPD mit 65,67 % beteiligt. Diese ist ihrerseits Alleineigentümerin der Öko-Test Verlag GmbH (Magazin Öko-Test) und der Öko-Test Media GmbH.[31]

Von Mai 2004 bis 2006 hielt die ddvg einen 90-prozentigen Anteil an der Frankfurter Rundschau; die Zeitung hatte finanzielle Schwierigkeiten. Die Übernahme war umstritten; Kritiker äußerten die Befürchtung, ein Käufer könnte Einfluss auf die Berichterstattung nehmen. 2006 verkaufte sie 50 % der Anteile und eine Stimme an die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg.

Der Jahresüberschuss der ddvg betrug 2008 15,5 Mio. Euro und 2007 17,2 Mio. Euro, von denen 11,4 Mio. an die SPD als Gesellschafterin ausgeschüttet wurden.[32]

Die SPD ist außerdem über Treuhänder[33] an der Konzentration GmbH beteiligt, die wiederum als Treuhänderin die Immobilien der SPD verwaltet.[34]

Mitglieder

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Entwicklung der Mitgliederzahlen bei der SPD seit 1988

Das Mindestalter von 14 Jahren und die Bekennung zu den Zielen der Partei sind Mitgliedschaftsvoraussetzungen. Mitglied werden können ausdrücklich auch Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben, und Ausländer, die in Deutschland leben.

Nach der Bestandsangabe vom April 2018 hatte die SPD 457.700 Mitglieder.[35] 54 % der SPD-Mitglieder sind älter als 60 Jahre, 8 % sind jünger als 30 Jahre. 68 % der Mitglieder sind männlich, 32 % weiblich.[36] 34 % Rentner, 23 % Beamte, 15 % Angestellte, 8 % Arbeiter, 5 % Arbeitslose, 5 % Hausfrauen, 4 % Selbständige, 2 % Freiberufler, 2 % Schüler und 2 % ohne Angaben.[37]

Sprachlich ist unter SPD-Mitgliedern ein konsequentes gegenseitiges Duzen und seit den 1990er Jahren auch ein Nennen beim Vornamen üblich. Zudem betrachten und bezeichnen sie sich gegenseitig als Genossen.[38] Mitglieder der SPD werden umgangssprachlich als Sozis oder (dann häufig etwas abwertend) Sozen bezeichnet.

Mitgliederentwicklung

Mitgliederentwicklung von 1946 bis 2023
Parteibuch der SPD und SPD-Card (viele Vergünstigungen mit der SPD-Card gibt es seit 2007 nicht mehr[39])

Unmittelbar nach Kriegsende übernahm die SPD viele Mitglieder sozialistischer und sozialdemokratischer Exil- und Widerstandsorganisationen. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 hatte sie bereits wieder um die 750.000 Mitglieder, bis 1951 ein vorläufiger Höchststand von etwa 820.000 Mitgliedern erreicht wurde. Im Laufe der 1950er fiel diese Zahl und erreichte 1958 den Stand von etwa 590.000 Personen.

Seit den 1960ern erholten sich die Mitgliederzahlen der SPD wieder und überschritten 1977 erstmals den Stand von einer Million. In den 1980ern verlor die Partei Mitglieder, blieb jedoch über der Marke von 900.000 Personen. Kurzzeitig verbuchte die SPD einen leichten Mitgliederzugewinn infolge der Deutschen Einheit. Ab 1990 erlitt die SPD drastische Mitgliedereinbußen von mehr als der Hälfte, bis 2020.[40][41][42] Im Jahr 2008 löste die CDU die SPD erstmals als mitgliederstärkste Partei in Deutschland ab.[43] Mit Stichtag 31. Dezember 2022 hatte die SPD noch 379.861 Mitglieder.[44]

Die Gewichtung der gesellschaftlichen Herkunft der Mitglieder hat sich – unter anderem infolge der demografischen Entwicklung – seit dem Ende der 1950er Jahre stark verschoben. Bildeten bis dahin vorwiegend Arbeiter und kleine Angestellte die Mehrheit der Mitglieder, so verschob sich dies in den Folgejahren zugunsten der Beamten und Rentner.

Siehe auch: Mitgliederentwicklung der deutschen Parteien

Unvereinbarkeiten

Mit einer Mitgliedschaft in der SPD ist oder war eine Mitgliedschaft in einer der folgenden Organisationen unvereinbar:

Ein Zusammenarbeitsverbot besteht in Bezug auf folgende Organisationen:

Außerdem ist wie bei den meisten anderen Parteien in Deutschland eine Mitgliedschaft in einer bei Wahlen konkurrierenden Partei, Bürgervereinigung oder Gruppierung nicht zulässig.[45]

Innerparteiliche Strömungen

Intern lässt sich die SPD unterteilen in eher linke Sozialdemokraten, welche sich im Forum Demokratische Linke 21 und der Parlamentarischen Linken organisieren, und gemäßigt konservative Sozialdemokraten, die sich im Seeheimer Kreis zusammengeschlossen haben. Zuletzt hat sich mit dem Netzwerk Berlin zudem eine neue Generation zusammengeschlossen, welche sich gegen die traditionalistische Flügelbildung stellt. Während die gemäßigt konservativen Sozialdemokraten den von Gerhard Schröder eingeleiteten Reformkurs nahezu vorbehaltlos mittragen, kämpfen die linken Sozialdemokraten für eine klassische linke und sozialstaatliche Politik, von welcher die SPD ihrer Auffassung nach in den vergangenen Jahren vor allem durch die Agenda 2010 und einen als zu wirtschaftsliberal empfundenen Kurs abgerückt ist.

Geschichte

1863 bis 1918: Kaiserreich

1863 bis 1914: Gründung, Sozialistengesetze

Wilhelm Liebknecht
Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, 1878
Protokoll des Erfurter Parteitages von 1891
Stimmenanteile der Parteien bei den Reichstagswahlen 1871–1912
Reichstagsmandate der Parteien 1871–1912

Die SPD hat mehrere in Betracht kommende Gründungsdaten. Sie selbst beruft sich auf die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) durch Ferdinand Lassalle, die am 23. Mai 1863 im Leipziger Pantheon stattfand. Der ADAV wurde von 1871 bis 1875 von Wilhelm Hasenclever geführt. Seit 1869 gab es die von August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP). Oftmals wird das Jahr 1875 als das eigentliche Konstituierungsdatum genannt, als am Ende des Vereinigungsparteitages vom 22. bis 27. Mai in Gotha sich der ADAV und die SDAP zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) zusammenschlossen.

Das Sozialistengesetz von 1878 hatte das Ziel, die Sozialdemokratie als politische Kraft auszuschalten und drängte die SAP für zwölf Jahre faktisch in die Illegalität.

Ab 1883 bestand mit Die Neue Zeit eine Theoriezeitschrift der Partei, die zunächst verdeckt herausgegeben wurde. Die von Karl Kautsky gegründete Publikation sollte später Schauplatz der wichtigsten theoretischen Debatten des Sozialismus und Marxismus (Revisionismusstreit) und weltweit stark beachtet werden. Die Einstellung erfolgte 1923.

Nach dem Außerkrafttreten des Sozialistengesetzes im Herbst 1890 änderte die Partei ihren Namen in „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“. Ein Jahr später verabschiedete sie auf ihrem Parteitag in Erfurt das gleichnamige Programm. Die von Karl Kautsky und Eduard Bernstein entworfenen Leitlinien lehnten den Reformismus ab und näherten sich wieder stärker an den Marxismus an.

Die frühe SPD stand den Gewerkschaften nahe und war ideologisch wie die meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien Europas im 19. Jahrhundert am revolutionären Marxismus ausgerichtet. Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts stellte Eduard Bernstein seine Revisionismustheorie dem noch mehrheitlich revolutionär gesinnten Lager der SPD entgegen. Die Revisionismustheorie setzte sich spätestens nach dem Ersten Weltkrieg in der Partei durch. Im Wesentlichen beinhaltet diese Theorie die angestrebte sozialistische Umwandlung der Gesellschaft durch Reformen nach einer demokratisch legitimierten Regierungsübernahme durch Wahlen.

Eine ähnliche grundlegende Auseinandersetzung war die Massenstreikdebatte, welche vor allem unter dem Eindruck europäischer Streikbewegungen, insbesondere der russischen Revolution von 1905, entbrannte. Hier setzte sich der linke Flügel um Rosa Luxemburg und teilweise der revisionistische mit den reformistischen Gewerkschaften um die Frage auseinander, ob ein Streik als politisches Kampfmittel auch jenseits des Kampfes um Verbesserung der Arbeitsbedingungen angewandt werden kann. Die Debatte wurde formal 1906 mit dem Einknicken vor den Gewerkschaften im Mannheimer Abkommen beendet.

Die historischen Auseinandersetzungen um die Sozialdemokraten (Verfolgung, Repressionen vor allem unter der Reichskanzlerschaft Otto von Bismarcks – siehe Sozialistengesetz) führten dazu, dass die Parteistruktur der SPD sich am intensivsten entwickelte und hohe Effizienz erlangte. Der riesigen Bevölkerungsgruppe der Arbeiter wohnte durch ihre kritische soziale Lage ein hohes politisches Potenzial inne. So wurde die SPD bald zur damals mitgliederstärksten Partei in Deutschland. Der Staat empfand das als Bedrohung. So forderte Generalfeldmarschall Alfred Graf von Waldersee, der sich als „politischer Offizier“ einen Namen gemacht hatte und ein reaktionärer Vertreter der Staatsmacht war, ein gewaltsames Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Sozialdemokraten. Oder die Königlich Preußische und Großherzoglich Hessische Eisenbahn warnte in ihrem Amtsblatt vor sozialdemokratischen Flugblättern.[49]

Stimmenanteil und Zahl der Sitze der Sozialdemokratie
bei den Reichstagswahlen 1871–1912[50]
Jahr Stimmen Sitze
ADAV zusammen mit SDAP
1871 3,2 %
2/382
1874 6,8 %
9/397
SAP
1877 9,1 %
12/397
1878 7,6 %
9/397
1881 6,1 %
12/397
1884 9,7 %
24/397
1887 10,1 %
11/397
1890 19,8 %
35/397
SPD
1893 23,3 %
44/397
1898 27,2 %
56/397
1903 31,7 %
81/397
1907 28,9 %
43/397
1912 34,8 %
110/397

Die SPD gewann – unter anderem wegen ihrer Gewerkschaftsnähe – trotz Verfolgung und Unterdrückung während der Bismarck-Ära immer mehr an Einfluss bei den Arbeitern und deshalb auch im Reichstag. Im Jahr 1890 – unmittelbar nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes – kam die Partei schon auf 19,8 % der Stimmen und war damit erstmals die wählerstärkste Partei im Reich. 1912 löste sie mit 34,8 % (110 Abgeordneten) das Zentrum als stärkste Fraktion im Reichstag ab. Nach dem Tode Bebels 1913, der als Integrationsfigur und Vermittler zwischen dem revolutionären und dem reformistischen Flügel der SPD galt, übernahm der deutlich gemäßigte Friedrich Ebert die Führung der Partei, die er sich mit Hugo Haase teilte.

1914 bis 1919: Erster Weltkrieg, Spaltung, Novemberrevolution

Nachdem zuerst die SPD Großdemonstrationen gegen einen drohenden Krieg veranstalten und ihre internationalen Kontakte zur Vermittlung nutzen wollte, stimmte die SPD-Reichstagsfraktion der Gewährung von Kriegsanleihen für den Ersten Weltkrieg letztendlich zu, da sich in der SPD die Auffassung verbreitete, dass ein Krieg unvermeidbar sei. Einzig Karl Liebknecht (Sohn Wilhelm Liebknechts), der seit 1912 für die SPD mit im Reichstag saß, stimmte im Dezember 1914 gegen die Kredite, nachdem er der ersten Abstimmung darüber aus Gründen der Parteiraison ferngeblieben war. 1915 folgte ihm Otto Rühle. Nach einer Antikriegsdemonstration wurde Liebknecht 1916 verhaftet und zu Zuchthaus verurteilt, aus dem er erst unmittelbar vor Kriegsende wieder entlassen wurde. Viele Mitglieder der SPD waren wie der Parteivorsitzende Hugo Haase im Verlauf des Krieges zunehmend mit der kriegsbilligenden Haltung ihrer Partei, der sogenannten Burgfriedenspolitik, nicht einverstanden und gründeten die USPD (Unabhängige SPD).

Der linksrevolutionäre Spartakusbund, der 1916 unter Federführung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nach dem Ausschluss Liebknechts und anderer aus der SPD als „Gruppe Internationale“ gegründet worden war und gegen den Krieg agitiert hatte, schloss sich ebenfalls der USPD an und bildete deren linken Flügel.

Zur USPD wanderten nicht nur die linken „Antirevisionisten“ um Rosa Luxemburg ab, sondern auch Karl Kautsky, der langjährige Herausgeber der Zeitschrift Die Neue Zeit, sowie führende Theoretiker des Reformflügels wie der Vater des Revisionismus, Eduard Bernstein. In der verbliebenen „Mehrheits-SPD“ (MSPD) beeinflussten statt Kautsky und Bernstein ab 1915 die ehemaligen linken Antirevisionisten der Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe, die dem deutsch-russischen Publizisten Alexander Parvus nahestanden, die theoretischen Debatten. Ihr Ziel war es, den erhofften deutschen Sieg im Ersten Weltkrieg zur Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in Europa und zur Befreiung der osteuropäischen Völker vom „Joch des Zarismus“ zu nutzen.

Heinrich Cunow, Völkerkundler und Dozent an der Parteischule der SPD, löste 1917 Kautsky als Herausgeber der Neuen Zeit ab. Er sollte später Mitautor des Görlitzer und Heidelberger Programms der SPD werden. Konrad Haenisch war nach 1918 zunächst preußischer Kultusminister, dann Regierungspräsident in Wiesbaden und schließlich einer der Begründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, eines von der SPD dominierten überparteilichen Bündnisses parlamentarisch-demokratischen Parteien zum Schutz der Weimarer Republik gegen ihre Feinde an den politischen Rändern. Als vielen Sozialdemokraten ab 1917 bewusst wurde, dass der Krieg in eine Niederlage führt, schwand der Einfluss der Gruppe.

Zum Ende des Ersten Weltkrieges, als die militärische Führung des Kaiserreichs die deutsche Niederlage schon eingeräumt hatte, kam es 1918 im Anschluss an die Meuterei der Matrosen in Wilhelmshaven und Kiel zur Novemberrevolution, in deren Folge der Kaiser abdankte und nach Holland floh. Die MSPD unter Friedrich Ebert, dem im Zuge der revolutionären Ereignisse die Regierung von Prinz Maximilian von Baden übergeben worden war, gab mehr dem Druck der Ereignisse nach, als dass sie auf eine Regierungsübernahme vorbereitet gewesen wäre. Überlegungen Eberts, auf eine Abschaffung der Monarchie zunächst zu verzichten, um einen Bürgerkrieg zu verhindern, erwiesen sich als illusorisch.

Der Spartakusbund und Teile der USPD verfochten die Bildung einer Räterepublik, wie sie ein Jahr zuvor bei der Oktoberrevolution in Russland durchgesetzt worden war. Doch von den die Revolution tragenden aktiven revolutionären Soldaten- und Arbeiterräten hatte nur eine Minderheit das Vorbild des erfolgreichen Umsturzes der russischen Bolschewiki im Auge. Sie strebten mehrheitlich vor allem ein Ende des Krieges und der Militärherrschaft an. Mit diesem Ziel stellten sie sich zuerst hinter die SPD-Führung, der sie vertrauten, und forderten die Wiedervereinigung der Mehrheits-SPD mit der unabhängigen SPD. Die SPD-Führung bot daraufhin der USPD die Bildung eines Rates der Volksbeauftragten als neuer Regierung an. Diese paritätisch mit MSPD- und USPD-Mitgliedern besetzte Revolutionsregierung unter der Führung von Ebert und Haase verstand sich als Provisorium für die revolutionäre Umbruchphase und legte sich auf eine aus baldigen allgemeinen Wahlen hervorgehende Nationalversammlung als verfassungsgebendes Organ fest.

Philipp Scheidemann (1918)

Schon Ende 1918 scheiterte die Koalition zwischen MSPD und USPD am Streit um den Einsatz von Militär gegen die Matrosen der Volksmarinedivision in Berlin. Die nun allein die Regierung stellende MSPD empfand das eigenmächtige Vorgehen einzelner Räte als Verrat an den demokratischen Prinzipien der Arbeiterbewegung. Versuche, eine demokratische Volkswehr aufzubauen oder mehrheitssozialdemokratischen Freiwilligenverbänden eine Chance zu geben, scheiterten. Als während des Spartakusaufstandes im Januar 1919 die Volksbeauftragtenregierung angegriffen wurde, fiel die Entscheidung, dem Militär der alten Offiziere und den neuen Freikorpsführern zu vertrauen.

Mit der blutigen Niederschlagung des Spartakusaufstandes und der Münchner Räterepublik durch von Gustav Noske um den Jahreswechsel 1918/19 rekrutierte rechtsnationalistische Freikorps bis Mitte 1919 setzten sich die Mehrheitssozialdemokraten durch. Dabei erhielt der spätere erste Reichswehrminister der Weimarer Republik Gustav Noske den Beinamen „Bluthund“, den er sich im Grunde selber gab, als er bei der Anforderung, die Revolution niederzuschlagen, sagte: „Einer muss den Bluthund abgeben“. Unter seiner politischen Verantwortung standen zahlreiche Morde, die von den Freikorps an vielen bekannten und unbekannten auch vermeintlichen Revolutionären begangen wurden, darunter der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919, ausgeführt von Freikorpssoldaten unter Führung von Waldemar Pabst.[51]

Die Rolle Eberts, Noskes und Scheidemanns während der Monate der Novemberrevolution und ihrer Niederschlagung führte bis in die Gegenwart zum historischen Vorwurf verschiedener parlamentarisch und vor allem außerparlamentarisch aktiver linker Gruppen und Parteien an die SPD, die Revolution und damit zu einem großen Teil gerade ihre eigenen Anhänger verraten zu haben. Aus dem Spartakusbund und weiteren linksrevolutionären Gruppierungen wurde bis zum 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Damit war es zur endgültigen Trennung zwischen dem revolutionären und reformistischen Flügel der Sozialdemokratie gekommen.

Die zunächst noch relativ einflussreiche USPD, die bei der Reichstagswahl 1920 in Anerkennung ihres Beitrags zum Widerstand gegen den Kapp-Putsch noch 17,9 % der Wählerstimmen erreichen konnte, schloss sich wenige Monate nach dieser Wahl mit ihrem starken linksrevolutionären Flügel der KPD an (→ VKPD) und wurde in den Folgejahren zwischen der KPD und der SPD weiter zerrieben. Sie spielte nach 1922, als nach einer weiteren Parteispaltung ein großer Teil der USPD in die SPD zurückgekehrt war, bis zu ihrem Aufgehen in der 1931 gegründeten SAP nur mehr eine marginale Rolle als Kleinpartei in der Weimarer Republik.

1919 bis 1933: Weimarer Republik

In der jungen Weimarer Republik stellte die SPD von 1919 bis 1925 mit Friedrich Ebert den Reichspräsidenten und war bis 1920 in allen Reichsregierungen (Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann, Gustav Bauer, Hermann Müller) vertreten. Am 24. September 1922 erfolgte auf dem Vereinigungsparteitag in Nürnberg die Wiedervereinigung mit dem überwiegenden Teil der USPD; bis einschließlich 1924 nahm die Partei unter dem Kürzel VSPD (Vereinigte Sozialdemokratische Partei Deutschlands) an Wahlen teil. Fortan beteiligte sich die SPD nur noch an wenigen Reichsregierungen, zuletzt 1928 bis 1930 am Kabinett Müller II (Große Koalition) unter Reichskanzler Hermann Müller, während sie in Preußen mit Otto Braun von 1920 bis 1932 fast durchgehend den Ministerpräsidenten stellte.

Die SPD versuchte als „konstruktive Opposition“ ihren Einfluss auf die Reichspolitik zu wahren, da sie fürchtete, durch häufige Regierungsbeteiligungen noch mehr enttäuschte Arbeiter-Wähler an die KPD zu verlieren. Ihre soziale Basis während der Weimarer Republik stellten vor allem die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter dar.

Während des Aufstiegs der NSDAP konnte die SPD zwar ihren Wählerstamm halten, den Stimmengewinnen der Nationalsozialisten, die zu einem Gutteil aus dem Nicht- und Jungwählerreservoir kamen, hatte sie allerdings wenig entgegenzusetzen. Aufgrund ihrer organisatorischen Verkrustung, der Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit der KPD, von der die SPD als „sozialfaschistisch“ bezeichnet wurde, und – mit Ausnahme des Zentrums – der Marginalisierung der bürgerlichen Parteien fand sie für den Widerstand gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus keine Bündnispartner.

Friedrich Ebert (1923)
SPD-Wahlplakat (1919)
Stimmenanteil der SPD bei der Wahl zur Nationalver-
sammlung 1919 und den Reichstagswahlen 1920–1933[52]
Jahr Stimmen Sitze
Januar 1919 37,9 %
163/423
Juni 1920 21,7 %
102/459
Mai 1924 20,5 %
100/472
Dezember 1924 26,0 %
131/493
Mai 1928 29,8 %
153/491
September 1930 24,5 %
143/577
Juli 1932 21,6 %
133/608
November 1932 20,4 %
121/584
März 1933 18,3 %
120/647

Die Tolerierungspolitik der SPD-Reichstagsfraktion gegenüber der Regierung Brüning 1930 bis 1932 führte vor allem bei Teilen der Parteijugend und beim linken Parteiflügel zu anwachsender Kritik an Partei- und Fraktionsführung und mündete 1931 in der Abspaltung eines Teils der Parteilinken, welche sich als Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) formierte.

1932 wurde die SPD durch den „Preußenschlag“ ihrer letzten Bastion beraubt.

1933 bis 1945: Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

Gedenktafel am Haus Wilskistraße 78 in Berlin-Zehlendorf
Gedenktafel am Haus, Krossener Straße 22, in Berlin-Friedrichshain

Am 22. März 1933 – wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme als Reichskanzler des Deutschen Reiches – stellte Adolf Hitler sein Ermächtigungsgesetz, das den wichtigsten Schritt der Nationalsozialisten bei der Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats auf formal legalem Wege darstellte, dem Reichstag vor. Diesen entscheidenden Schlag gegen die Verfassung und somit den Schritt zur Ausschaltung des Reichstages erkannte auch der SPD-Vorsitzende Otto Wels. Dieser kritisierte Hitler scharf und warf ihm Verfassungsbruch vor. Trotz des Wahlterrors durch die SA entschieden sich die 94 anwesenden SPD-Abgeordneten, die nicht verhaftet oder geflohen waren, geschlossen gegen die Gesetzesvorlage. Die restlichen anwesenden 444 Parlamentarier stimmten zu. Zwar wahrten die Neinstimmen der SPD die Ehre der demokratischen Parteien durch den persönlichen Mut Weniger, da aber alle bürgerlichen Parteien diesem Gesetz zustimmten, konnte Hitler sein Ziel erreichen und die Parteien auch formell aus der Legislative entfernen.

Die Sozialdemokraten gehörten während der Zeit des Nationalsozialismus zu den ersten Gruppierungen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Nachdem die Einrichtungen der Partei bereits beschlagnahmt waren und ein großer Teil des Parteivorstandes emigriert war, stimmte am 17. Mai 1933 eine Rumpfgruppe der SPD-Reichstagsfraktion unter dem Eindruck von Morddrohungen für die außenpolitische Erklärung Adolf Hitlers. Aufgrund des Aufrufs der SPD-Leitung zum Sturz des nationalsozialistischen Regimes verbot Reichsinnenminister Wilhelm Frick die SPD am 22. Juni 1933 als „volks- und staatsfeindliche Organisation“; in den darauf folgenden Tagen lösten sich alle anderen Parteien mit Ausnahme der NSDAP selbst auf. Am 7. Juli hob die „Verordnung zur Sicherung der Staatsführung“ des Reichsinnenministers Frick sämtliche SPD-Abgeordnetenmandate im Reichstag, in den Landtagen und Gemeindeparlamenten auf,[53] am 14. Juli schließlich folgte das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien.[54]

Gegen einzelne SPD-Mitglieder wurde ein Berufsverbot erlassen, das Vermögen der Partei wurde beschlagnahmt. Zahlreiche Sozialdemokraten wurden in der Folgezeit in „Schutzhaft“ genommen oder verschleppt. Viele Mitglieder, die nicht ins Exil flüchten konnten oder wollten, starben in Konzentrationslagern und Zuchthäusern. Eine Minderheit der Mitglieder der SPD leistete, teilweise als Mitglieder illegal weitergeführter Partei- oder Reichsbannerstrukturen, teilweise in sich kritisch vom Parteivorstand abgrenzenden Gruppen wie Neu Beginnen, den Revolutionären Sozialisten Deutschlands, der Sozialistischen Front oder dem Roten Stoßtrupp Widerstand gegen das NS-Regime. Einzelne bekannte SPD-Mitglieder wie Julius Leber, Adolf Reichwein oder Wilhelm Leuschner waren an den Planungen, die zum Aufstandsversuch am 20. Juli 1944 führten, beteiligt oder gehörten dem Kreisauer Kreis an. Das Gros der Parteimitglieder blieb gegenüber der nationalsozialistischen Ideologie resistent und bewahrte einen Zusammenhalt untereinander, war aber nicht an direkten Widerstandsaktivitäten beteiligt. Die Exilorganisation SoPaDe wurde in Prag gegründet und verlegte ihren Sitz später nach Paris, danach nach London.

1945 bis 1949: Nachkriegszeit

Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der Partei mit der Gründung eines Zentralausschusses am 15. Juni 1945 in Berlin und örtlichen Initiativen in allen Landesteilen. Vorsitzender des Zentralausschusses war Otto Grotewohl, andere prominente Vertreter waren Gustav Dahrendorf, Annedore Leber, Erich W. Gniffke und Max Fechner. Kurt Schumacher arbeitete von Hannover aus, ausgehend vom Büro Dr. Schumacher, gegen die Anerkennung des Zentralausschusses in Berlin als nationalem Sammelpunkt und strebte eine ausschließlich auf die Westzonen beschränkte SPD an; Kontakte mit Sozialdemokraten in der SBZ hatte sein Büro nicht. Auf der Wennigser Konferenz in Wennigsen vom 5. bis 8. Oktober 1945 erfolgte die Wiedergründung der SPD. Zu dem als erste zentrale Zusammenkunft von Sozialdemokraten bezeichneten Treffen kamen Sozialdemokraten aus allen Teilen Deutschlands sowie der Londoner Exilvorstand zusammen. Schumacher setzte durch, dass der Zentralausschuss nur für die sowjetische Besatzungszone zuständig sein solle und er als „Beauftragter für die Westzonen“ eingesetzt wurde. Nach Unterredungen und Briefwechseln zwischen Schumacher einerseits und Otto Brenner und Willi Eichler andererseits schlossen sich in den Westzonen weiterhin die meisten Mitglieder der von diesen repräsentierten Gruppen Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) und Internationaler Sozialistischer Kampfbund (ISK) der SPD (wieder) an.

In Westdeutschland

Vom 9. bis 11. Mai 1946 fand in Hannover in einem Saal der Hanomag der erste Parteitag nach dem Kriegsende statt. Die 258 Delegierten stammten aus den drei Westzonen sowie aus den vier Berliner Sektoren. Die Ostzone war nicht vertreten. In seiner programmatischen Rede über Aufgaben und Ziele der deutschen Sozialdemokratie wiederholte Kurt Schumacher die Kritik an der Politik der KPD/SED und erhob für den Parteitag den Vertretungsanspruch für die Sozialdemokraten in der SBZ. Nach Schumachers Rede sprach Viktor Agartz über eine sozialistische Wirtschaftspolitik. Auf dem Parteitag, der zuvor das neue Organisationsstatut verabschiedet hatte, wählten die Delegierten Kurt Schumacher zum 1. Vorsitzenden und Erich Ollenhauer sowie Wilhelm Knothe zu stellvertretende Vorsitzenden.[55]

In Ostdeutschland

Die KPD, deren neue, aus Moskau heimgekehrte Führung zunächst scharf gegen die spontanen Initiativen zur Bildung einer einheitlichen Arbeiterpartei vorgegangen war, änderte gegen Ende 1945 ihre Haltung und drängte die SPD zu einer Vereinigung der beiden Parteien, was durch Repressalien seitens der sowjetischen Besatzungsmacht bestärkt wurde. Die KPD wollte die Macht in Ostdeutschland und die SPD hatte dazu die erforderliche Basis von 600.000 Mitgliedern. Otto Grotewohls Bemühen um einen deutschlandweiten Parteitag der SPD, der über dieses Ansinnen einer Vereinigung beraten und entscheiden sollte, wurde von Schumacher entschieden zurückgewiesen. Die Wiedererrichtung der Partei im nationalen Rahmen sei erst möglich, nachdem eine gesamtdeutsche Regierung gebildet worden sei, so Schumacher. Stattdessen forderte er den Zentralausschuss auf, die SPD in der sowjetischen Besatzungszone aufzulösen und eine separate SPD in den Westsektoren von Berlin zu bilden. Ersteres erreichte er nicht, letzteres organisierte er dann selber zusammen mit einigen Kreisvorsitzenden aus den Westsektoren. Nachdem die Besatzungsmächte für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin (20. Oktober 1946) beide Arbeiterparteien zugelassen hatten, erhielt die SPD 48,7 % und die SED 19,8 % der Stimmen.

Zuvor war es auf einem Parteitag am 21. und 22. April 1946 zur Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) in der SBZ gekommen.[56] Dies geschah beim sogenannten „Vereinigungsparteitag“, auf dem manche Delegierte der SPD aus der SBZ und Delegierte der KPD aus ganz Deutschland unter Kontrolle der Sowjets standen. Zahlreiche ostdeutsche Sozialdemokraten, die sich dem Druck nicht beugen wollten, flohen in die Westzonen (wie z. B. Wilhelm Korspeter und das spätere Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland Franz Unikower). In vielen Fällen kam es zu Verhaftungen (wie z. B. im Falle von Dieter Rieke, Albert Thormann, Werner Rüdiger und Hugo Hose) und Hinrichtungen von Sozialdemokraten durch Kommunisten wie z. B. im Falle des jungen Günter Malkowski. Die Ortsvereine der SPD im sowjetisch besetzten Sektor Berlins, bestehend aus Mitgliedern, die sich nicht der SED angeschlossen hatten, existierten noch bis zum Mauerbau 1961.[57] Im Zuge der Umwandlung der SED in eine „Partei neuen Typs“, also eine hierarchisch strukturierte Kaderpartei, bei der die nicht im Statut der SED vorgesehenen „Parteikonferenzen“ eine entscheidende Rolle spielten, wurden die in der SED verbliebenen Sozialdemokraten immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Viele fielen den von Josef Stalin angeordneten Säuberungen zum Opfer.

Zum Hintergrund und der weiteren Entwicklung siehe bei der Geschichte der SED.

1949 bis 1990: Bonner Republik

1949 bis 1966: Opposition im Bundestag

Bei den ersten Bundestagswahlen 1949 in der Bundesrepublik Deutschland lag die SPD unter Führung Kurt Schumachers nur knapp hinter der CDU/CSU unter der Führung Konrad Adenauers. Sie wurde damit Oppositionspartei, was sie bis 1966 blieb. In der Regierungszeit Adenauers wurde der SPD-Parteivorstand von 1953 bis 1962 mithilfe zweier Informanten (darunter Siegfried Ziegler) durch die CDU ausspioniert. In jener Zeitspanne gelangten so knapp 500 vertrauliche Berichte der SPD-Führung in das Kanzleramt an Adenauer.[58][59]

In Westdeutschland stand die SPD der von der Bundesregierung entworfenen sozialen Marktwirtschaft zunächst äußerst kritisch gegenüber und forderte die Verstaatlichung aller Grundstoffindustrien. Im Gegensatz zu Adenauers Politik der Westintegration stellte die SPD das Wiedervereinigungsgebot über eine zu enge Anlehnung an die USA und Westeuropa. SPD-Konzeptionen zur Deutschlandpolitik aus dieser Zeit halten eine politische Neutralität Deutschlands für möglich und sprechen sich strikt gegen eine Wiederbewaffnung des Landes aus. Demgegenüber engagierte sich eine Gruppe von Remigranten um Brandt und Ernst Reuter, vor allem von West-Berlin aus, für eine stärkere Westorientierung der SPD. Unterstützt wurden sie dabei von einer Gruppe liberaler amerikanischer Besatzungsoffiziere um Shepard Stone.[60]

Nach für die Sozialdemokraten enttäuschenden Wahlergebnissen bei den Bundestagswahlen 1953 und 1957, bei denen Erich Ollenhauer beide Male als Kanzlerkandidat Bundeskanzler Adenauer unterlag, deutete sich ein Politikwechsel an. Das Godesberger Programm von 1959 markierte programmatisch den praktisch längst vollzogenen Wandel von einer Arbeiterpartei zur Volkspartei. Mit einer außenpolitischen Grundsatzrede Wehners akzeptierte die SPD 1960 schließlich die Westbindung und ließ ihren Deutschlandplan von 1959 fallen.

Diese Öffnung wirkte sich bei den Bundestagswahlen 1961 und 1965 positiv auf die Ergebnisse aus; ein weiterer Grund war, dass mit Berlins Regierendem Bürgermeister Willy Brandt ein neuer Spitzenkandidat aufgestellt wurde.

In einem Beitrag für ein von Martin Walser herausgegebenes rororo-Taschenbuch prägte Günter Grass 1961 die Bezeichnung „alte Tante“ für die SPD.[61]

1966 bis 1969: Erste Große Koalition

Im Rahmen der Großen Koalition von Dezember 1966 bis zur Bundestagswahl im September 1969 stellte die SPD erstmals in der Nachkriegszeit Regierungsmitglieder (siehe Kabinett Kiesinger), sie war unter Bundeskanzler Kiesinger Juniorpartner mit Willy Brandt als Außenminister. Die FDP konnte auf Grund ihrer geringen Sitzzahl kaum Oppositionsarbeit leisten. Es entwickelte sich eine zunehmend sozialistisch-revolutionär gesinnte außerparlamentarische Opposition (APO) unter anderem aus der Studentenbewegung, die organisatorisch vor allem vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) getragen wurde. Vor allem 1967/1968 kam es im Zuge der studentischen Proteste unter anderem gegen die geplante Notstandsgesetzgebung zu massiven Demonstrationen und teilweise militanten Krawallen gegen die Regierung der Großen Koalition.

Auf der Agenda der ersten Großen Koalition standen die Einführung der Notstandsgesetze, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Stabilitätsgesetz und die Schaffung der Gemeinschaftsaufgaben. Die ursprünglich von SPD und vor allem von der Union geplante Einführung eines Mehrheitswahlsystems scheiterte am Widerstand der SPD-Basis. So hat die SPD 1968 auf ihrem Parteitag in Nürnberg für eine Verschiebung der Wahlrechtsreform gestimmt, welche danach aufgrund der Sozialliberalen Koalition nicht mehr realisiert wurde.

Wirtschaftspolitisch setzte die SPD vor allem mit ihrem Wirtschaftsminister Karl Schiller neue Akzente. Das Stabilitätsgesetz setzte eine neue, nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik in Deutschland um, durch welche die Bundesrepublik ihre erste Rezession ab 1966 hinter sich lassen konnte.

Trotz all der großen Differenzen zwischen den Regierungsparteien, arbeitete die Regierung Kiesinger relativ geschlossen zusammen und konnte trotz der sehr kurzen Regierungszeit von noch nicht einmal einer vollen Legislaturperiode fast all ihre Vorhaben umsetzen. Ein gutes Beispiel ist die Zusammenarbeit von Karl Schiller und dem damaligen Bundesfinanzminister Franz Josef Strauß (CSU), welche zusammen als „Plisch und Plum“ bekannt wurden.

Nichtsdestotrotz wurde diese Koalition immer nur als „Vernunftehe“ und Übergangslösung betrachtet.

1969 bis 1974: Sozialliberale Koalition unter Willy Brandt

Willy Brandt (links) bei einem Treffen mit dem US-Präsidenten Richard Nixon (1971)

Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1969 am 5. März wurde erstmals ein SPD-Politiker Bundespräsident, der bisherige Bundesjustizminister Gustav Heinemann. Ermöglicht wurde diese Mehrheit von Willy Brandt und dem FDP-Vorsitzenden Walter Scheel, welche verhandelten, dass die FDP-Mitglieder der Bundesversammlung für Heinemann stimmen. Erst im 3. Wahlgang konnte sich Heinemann durchsetzen. Er sprach bei seiner Antrittsrede von einem „Stück Machtwechsel“.

Aufgrund des Ergebnisses der Bundestagswahl 1969 konnte die SPD zum ersten Mal den Bundeskanzler stellen. SPD und FDP erhielten zusammen eine Mehrheit gegen CDU/CSU. Obwohl Helmut Schmidt und Herbert Wehner gegen eine solche Koalition votierten, bildete Willy Brandt unter dem Motto Mehr Demokratie wagen eine sozialliberale Koalition mit der FDP und wurde daraufhin zum Bundeskanzler gewählt (Kabinett Brandt).

Unter Willy Brandt folgte im Rahmen der Ostverträge eine Entspannungspolitik mit den Staaten des Warschauer Paktes sowie ein umfangreiches Reformprogramm in der Rechtspolitik, der Bildungspolitik und der Familienpolitik. Die sozialliberale Koalition wurde gerade wegen dieser Reformen von der Allgemeinheit, nach 20 Jahren Regierungsbeteiligung der Unionsparteien, als „Aufbruch“ betrachtet.

Der weltweit beachtete Kniefall von Warschau am 7. Dezember 1970 am Mahnmal des Ghetto-Aufstandes von 1943 leitete symbolisch die Entspannungspolitik ein, die später in die Ostverträge mit Polen und der Sowjetunion mündete. Hinzu kam der Grundlagenvertrag mit der DDR. 1970 hatte er sich in Erfurt mit dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR Willi Stoph zunächst zum ersten deutsch-deutschen Gipfeltreffen im Erfurter Hof und dann in Kassel getroffen. Die Erfurter „Willy, Willy“-Rufe waren eindeutig auf Brandt bezogen und irritierten die DDR-Machthaber. Es folgte ein Abkommen mit der Tschechoslowakei. Für seine Ostpolitik erhielt Brandt 1971 den Friedensnobelpreis.

Die neue Ostpolitik stieß bei einem Teil der Abgeordneten der Regierungskoalition auf Widerspruch. Einige von ihnen wechselten zur oppositionellen CDU/CSU, die Koalition verlor dadurch ihre Mehrheit. Der Versuch der Opposition, Willy Brandt 1972 mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums durch Rainer Barzel abzulösen, misslang allerdings überraschend. Heute weiß man, dass zwei Bundestagsmitglieder der Union vom ostdeutschen Ministerium für Staatssicherheit („Stasi“) bestochen worden waren. Bei den darauf folgenden Neuwahlen errang die SPD den höchsten Stimmenanteil ihrer Geschichte und wurde erstmals stärkste Bundestagsfraktion.

Im Zuge der Ölkrise 1973 der 2. Rezession der deutschen Nachkriegsgeschichte und der Guillaume-Affäre, in der der enge Brandt-Mitarbeiter Günter Guillaume als DDR-Spion im Kanzleramt enttarnt wurde, trat Willy Brandt im Mai 1974 als Kanzler zurück (für die meisten völlig überraschend), blieb aber Parteivorsitzender. Helmut Schmidt wurde Kanzler.

1974 bis 1982: Sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt

Helmut Schmidt als damaliger Bundeskanzler (1977)

Schmidt setzte in seiner Regierungspolitik die Reformen von Willy Brandt fort und konnte gleichzeitig die erste Ölkrise bezwingen, wodurch die Bundesrepublik die daraus resultierende Rezession um einiges besser bewältigen konnte, als die meisten anderen Industrienationen.

Schmidt setzte sich bei den Bundestagswahlen 1976 gegen Helmut Kohl durch. Die CDU/CSU wurde stärkste Kraft, doch konnte die SPD zusammen mit der FDP die absolute Mehrheit der Bundestagsmandate erringen und somit die sozialliberale Koalition fortführen.

Im September und Oktober 1977 kam es zum sogenannten Deutschen Herbst, welcher von Anschlägen der Rote Armee Fraktion (RAF) geprägt war. Helmut Schmidt berief den Großen Krisenstab, dem Mitglieder aller Fraktionen des deutschen Bundestages angehörten, wodurch er einen parteiübergreifenden Konsens herstellte. Die Regierung verfolgte eine harte Linie gegenüber den Terroristen, bei welcher sich „der Staat nicht erpressen lassen sollte“.

Bei der Bundestagswahl 1980 setzte sich die sozialliberale Koalition gegenüber den Unionsparteien, geführt von Franz Josef Strauß, durch.

Am 17. September 1982 kündigte die FDP die Koalition jedoch auf. Bezüglich der Gründe besteht in der Geschichtswissenschaft kein Konsens: Während etwa Henning Köhler die neoliberale Wende der FDP betont, die Otto Graf Lambsdorff mit seinem Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit markierte,[62] glaubt Joachim Scholtyseck, im Hintergrund sei die zunehmende Abkehr der SPD vom NATO-Doppelbeschluss – gegen die Linie von Helmut Schmidt – gewesen.[63]

1982 bis 1990: Wieder in der Opposition

Mit einem konstruktiven Misstrauensvotum wählten große Teile der FDP zusammen mit der CDU/CSU Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzler.

Die ersten Jahre in der Opposition waren von einer inhaltlichen Neujustierung der Partei und dem Ziel, sich inhaltlich der sich wandelnden Gesellschaft anzupassen, geprägt, wobei diese Neujustierung parteiintern bisweilen emotionale Debatten auslöste.

Hans-Jochen Vogel auf einem SPD-Parteitag (1988)

Bei den Bundestagswahlen 1983 und 1987 unterlagen ihre Kanzlerkandidaten Hans-Jochen Vogel und Johannes Rau gegen Helmut Kohl.

Am 7. Oktober 1989 wurde in Schwante bei Berlin die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP) gegründet, die am Vereinigungsparteitag am 26./27. September 1990 in der SPD aufging. Zu den Gründungsmitgliedern der SDP gehörten Angelika Barbe, Martin Gutzeit, Markus Meckel, Stephan Hilsberg und Ibrahim Böhme.

Oskar Lafontaine bei einer Beratung der Ministerpräsidenten mit Johannes Rau in Bonn (1986)

Saarlands Ministerpräsident Oskar Lafontaine kritisierte die geplante Ausdehnung des Geltungsbereichs der D-Mark zum 1. Juli in der DDR, da er im Falle der schnellen Währungsunion eine deutlich steigende Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland befürchtete.[64] Zudem befürwortete er im Gegensatz zu Kohl[65] eine Steuererhöhung,[66] da seiner Ansicht nach sonst eine Finanzierung der deutschen Einheit ohne stark steigende Staatsverschuldung nicht möglich wäre. Entgegen dem stand der SPD-Vorsitzende und innerparteiliche Konkurrent Hans-Jochen Vogel mit einer positiven Haltung zur Währungsreform. Eine skeptische Haltung zur schnellen wirtschaftlichen Wiedervereinigung erhielt in der Partei und den Umfragen zunächst Zuspruch und im Januar 1990 erzielte die SPD bei der Landtagswahl im Saarland unter Lafontaine mit 54,4 % zudem ihr bis heute bestes Ergebnis im Saarland. Lafontaine wurde daraufhin im März mit deutlicher Zustimmung, auch von Hans-Jochen Vogel, zum Kanzlerkandidaten der SPD gekürt. Die Situation änderte sich für die SPD jedoch mit dem Einigungsprozess, während dessen Lafontaine aufgrund eines Attentates, bei dem er lebensgefährlich verletzt wurde, zudem zeitweise ausfiel. Kanzler Helmut Kohl erhielt wegen seiner Außenpolitik, unter anderem nach dem Staatsbesuch bei Gorbatschow und der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrages, durchgängig Lob von den Medien und die SPD-Kandidatur wurde bereits als aussichtslos beurteilt.[67] In dieser Aufbruchsstimmung folgten Medien und Wähler, insbesondere in Ostdeutschland, zu einem großen Teil den optimistischen Vorstellungen („Blühende Landschaften“) der Regierung. Zusätzlich ergab sich für die SPD im Osten das Problem, dass sie im Wahlkampf von Medien als SED-nahe dargestellt wurde. Angesichts der Situation setzte auch Richard Schröder als Fraktionsvorsitzender der Ost-SPD auf Tempo bei der Realisierung einer Währungsunion um die Einheit schnellstmöglich zu erreichen.[68] Auch Willy Brandt änderte seine zuvor skeptische Haltung und begrüßte die schnelle Vereinigung: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“. Der Historiker Heinrich August Winkler beschreibt die SPD wegen ihrer Haltung zur staatlichen Einheit Deutschlands als janusköpfige Partei: „Ihr eines Gesicht war das patriotische von Willy Brandt, das andere das postnationale das von Oskar Lafontaine.“[69]

In der DDR erzielte die Sozialdemokratische Partei am 18. März 1990 bei der Wahl zur Volkskammer nur 21,7 % der Stimmen. Sie beteiligte sich danach vom 12. April bis 20. August 1990 als Juniorpartner an der ersten freien und demokratisch gewählten Regierung der DDR unter Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU).

Seit 1990: Berliner Republik

1990 bis 1998: Gesamtdeutsche Opposition

Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im wiedervereinigten Deutschland am 2. Dezember 1990 unterlag die SPD mit 33,5 % der Stimmen der schwarz-gelben Koalition. Die seit dem 26. September 1990 vereinigte Partei erzielte dabei im Wahlgebiet West 35,7 % und im Wahlgebiet Ost 24,3 %.

Innerparteilich umstritten waren in den folgenden Oppositionsjahren die Positionen zum Asylrecht und zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr, wobei in den Medien die Position für die Einschränkungen des Rechtes und der Zustimmung zu den Einsätzen überwog. Mit der sogenannten Petersberger Wende stimmte die SPD schlussendlich der Begrenzung der Asylbewerberzahlen und Bundeswehr-Auslandseinsätzen zu.

Von Mai 1991 bis Mai 1993 war der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Björn Engholm Bundesvorsitzender der SPD und auch designierter Kanzlerkandidat seiner Partei. Er trat vorzeitig von seinen Ämtern zurück, nachdem bekannt geworden war, dass er im Rahmen der Barschel-Affäre eine Falschaussage gemacht hatte (siehe auch „Schubladenaffäre“). In dieser Situation beschloss die Bundespartei ein völlig neues Verfahren zur Bestimmung des folgenden Parteivorsitzenden. Das erste Mal wurde eine Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz unter den SPD-Mitgliedern durchgeführt, die Rudolf Scharping mit rund 40 % vor Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorek-Zeul gewann.[70][71]

Der Kanzlerkandidat Scharping trat im Wahlkampf zusammen mit Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine als sogenannte Troika an. Bestimmende Themen des Regierungsprogramms zur Wahl waren unter anderem Pläne zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und die Entwicklung hin zu einer „ökologischen Marktwirtschaft“. Die SPD kritisierte auch explizit, dass die Kosten der Einheit zu einem großen Teil den Sozialversicherungen aufgetragen wurden und wandte sich gegen Privatisierungspläne im Gesundheitswesen.[72] Bei der Bundestagswahl 1994 erhielt die SPD 36,4 % der Stimmen. Sie konnte somit ihre Stimmen vermehren, aber trotz der, nach der ernüchternden Entwicklung der Einheit, deutlich gesunkenen Popularität von Kohl keine Mehrheit erreichen. 1995 unterlag Scharping dann bei der Abstimmung um den Parteivorsitz dem damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine.

1998 bis 2005: Rot-Grün unter Gerhard Schröder

Gerhard Schröder bei einer Wahlkampfrede zur Bundestagswahl 2005

Erst bei der Bundestagswahl 1998 gelang der SPD mit dem damaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens, Gerhard Schröder, als Kanzlerkandidat die Rückkehr an die Regierung, diesmal in einer rot-grünen Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen. Dies bedeutete ein Novum in der Geschichte Deutschlands. Erstmals erhielten Parteien, die sich traditionell als „links der Mitte“ einstufen, mehr als 50 % der Stimmen. Erstmals wurde eine Bundesregierung komplett abgewählt.

Aufgrund der Tatsache, dass zum ersten Mal Vertreter der neuen sozialen Bewegung an die Regierung gelangten, sprach man schon bald vom „Projekt Rot-Grün“, das einen Wandel in der politischen Kultur Deutschlands verkörpern sollte.

1998/1999 kam es zum Kosovokrieg, in dessen Verlauf das Kabinett Schröder I erstmals einen Auslandseinsatz der Bundeswehr beschloss.

Der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine wurde Finanzminister, trat jedoch wegen Differenzen mit Schröder im März 1999 von allen politischen und Parteiämtern zurück. Neuer SPD-Vorsitzender wurde daraufhin Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Am 23. Mai 1999 wurde Johannes Rau zum Bundespräsidenten gewählt. Damit stellte die SPD erstmals seit Gustav Heinemann wieder den Bundespräsidenten.

In der Rot-Grünen Regierungszeit wurden Erneuerungen aller Politikfelder umgesetzt, wie die Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts, Steuerreform, Rentenreform, Atomausstieg, Ökosteuer, Einführung des Lebenspartnerschaftsinstitutes oder Reformen im Bildungsbereich.

Bei der Bundestagswahl 2002 trat der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) als Kanzlerkandidat der Union gegen Bundeskanzler Schröder an. Die SPD verlor 2,4 und die Grünen gewannen 1,9 Prozentpunkte; rot-grün erhielt 1,2 Prozentpunkte mehr Wählerstimmen als Union und FDP zusammen. Die PDS scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde. Trotz der annähernd gleichen Anzahl an Zweitstimmen mit den Unionsparteien (SPD: 18.488.668; CDU/CSU: 18.482.641) stellte die SPD auf Grund von Überhangmandaten knapp die stärkste Bundestagsfraktion.[73]

Die Regierung lehnte eine Teilnahme Deutschlands am Irakkrieg strikt ab, wodurch Gerhard Schröder sich einen Ruf als „Friedenskanzler“ erarbeitete.

2003 wurde die Agenda 2010 vorgestellt. Ein riesiges Reformpaket des deutschen Sozialsystems und Arbeitsmarktes, welche bis 2005 umgesetzt wurde. Sie sah unter anderen einen Sozialabbau und eine Liberalisierung der Wirtschaft vor, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Sie wurde von großen Teilen der SPD-Anhängerschaft aufgrund des Sozialabbaus als negativ empfunden. Heute sieht die SPD die Agenda als entscheidender Faktor für die sich anschließende positive wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Inwieweit die Agenda 2010 tatsächlich dazu beigetragen hat, ist jedoch umstritten; auch andere Faktoren, wie eine bereits vor der Agenda 2010 begonnene Lohnzurückhaltung, könnten ursächlich dafür gewesen sein.[74][75]

Nach verlorenen Landtagswahlen erhielt die SPD bei der Europawahl am 13. Juni 2004 mit 21,5 % ihr bis dahin niedrigstes Ergebnis in einer bundesweiten Wahl seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Stammwähler fühlten sich durch die Politik der Agenda 2010 verprellt und blieben der Wahl fern. Viele andere nahmen den Kurs der SPD, welcher nicht nur bei anderen Parteien, sondern auch innerhalb der SPD-Mitgliedschaft auf Kritik stieß, als zerstritten wahr. Der seit Anfang der 1980er anhaltende Mitgliederschwund beschleunigte sich. Teile des linken, gewerkschaftsnahen Flügels spalteten sich nach hitzigen Debatten ab und gründeten 2004 zuerst den Verein Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit, aus dem im Januar 2005 eine neue Partei, WASG, entstand, die politisch links von der „Neue Mitte“-SPD angesiedelt war.

Am 25. Mai 2005, unmittelbar nach der von der SPD verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW), trat der ehemalige Parteivorsitzende Oskar Lafontaine wegen der nach seiner Auffassung mit den Grundsätzen der Sozialdemokratie nicht zu vereinbarenden Regierungspolitik (Agenda 2010, Hartz IV) aus der SPD aus und wurde wenige Wochen später Mitglied der WASG, nachdem diese ein Linksbündnis mit der PDS für die Bundestagswahl im Herbst 2005 eingegangen war.

Eine vorzeitige Bundestagswahl war vom Bundeskanzler und der SPD-Parteispitze nach der Niederlage bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen angekündigt worden. Die Ziele der SPD für die Wahlen am 18. September 2005 waren: Verbleib in der Regierungsverantwortung und Fortführung der Reformen unter stärkerer Berücksichtigung sozialer Aspekte.

2005 bis 2009: Zweite Große Koalition

Nachdem die SPD bei der herbeigeführten Bundestagswahl annähernd so stark wie die Unionsparteien geworden war und die Union zusammen mit der FDP keine Koalition bilden konnte, einigten sich CDU, CSU und SPD nach langen Sondierungsgesprächen auf eine Große Koalition unter Angela Merkel als Bundeskanzlerin.

Zuvor waren auch andere Koalitionen im Gespräch gewesen. So wurde eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP sowie die sogenannte Jamaika-Koalition zwischen CDU/CSU, FDP und den Grünen diskutiert. Eine rot-rot-grüne Koalition aus SPD, Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen wurde von allen Parteien ausgeschlossen.

Gründe für den Verlust der rot-grünen Mehrheit wurden hauptsächlich darin gesehen, dass sich erstmals eine Partei „links“ der SPD (Linkspartei) etablieren konnte.

Franz Müntefering als damaliger Bundesarbeitsminister und Vizekanzler (2005–2007)

Nach der erfolgreichen Unterzeichnung des Koalitionsvertrages wurden von der von 397 Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewählten Kanzlerin Angela Merkel acht Minister der SPD vorgeschlagen, die in die Große Koalition gingen, darunter Franz Müntefering als Arbeitsminister und Vizekanzler. Nach der Ernennung durch Bundespräsident Horst Köhler bildeten die 8 Bundesminister der SPD nun mit den 7 anderen Bundesministern der Union und der Bundeskanzlerin Merkel das erste Kabinett Merkel.

Die Zweite Große Koalition nahm sich, wie die erste, besondere Hauptaufgaben vor, um die Chancen durch absolute Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat zu nutzen. Die erste war das Erreichen eines ausgeglichenen Haushaltes, also eines Haushaltsplanes ohne Nettokreditaufnahme, bis 2011. Eine Maßnahme war das Anheben der Mehrwertsteuer auf 19 % (1. Januar 2007), das die SPD 2005 im Wahlkampf abgelehnt hatte. In der Föderalismusreform wurde das Verhältnis von Bund und Ländern zueinander neu geordnet. Außerdem wurde mit dem Schacht Konrad das erste Endlager für leicht und mittelstark radioaktive Abfälle beschlossen und damit für 90 % des in Deutschland erzeugten Atommülls.

Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck, der nach einem parteiinternen Streit um die Wahl des Generalsekretärs den Parteivorsitz von Franz Müntefering übernommen hatte, trat am 10. April 2006 nach fünf Monaten aus gesundheitlichen Gründen als SPD-Vorsitzender zurück. Sein Nachfolger wurde der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, bis dahin einer der stellvertretenden Vorsitzenden.

Frank-Walter Steinmeier als damaliger Bundesaußenminister (2005–2009, 2013–2017), Vizekanzler (2007–2009) und amtierender Bundespräsident (seit 2017)

Kurt Beck erklärte am 7. September 2008 im Rahmen einer Klausurtagung der Parteiführung seinen Rücktritt als Parteivorsitzender. Sein Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier, der am selben Tag als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2009 nominiert worden war, übernahm kommissarisch den Parteivorsitz, bis der vom Parteipräsidium nominierte Franz Müntefering auf einem Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde.[76] Am 30. Juli 2009 stellte Steinmeier sein „Team Steinmeier“ für die Bundestagswahl vor, dem neben den damaligen Bundesministern mit SPD-Parteibuch lediglich zu dieser Zeit verhältnismäßig unbekannte Politiker angehörten.[77]

2009 bis 2013: Erneute Opposition

Bei der Bundestagswahl am 27. September 2009 sackte die SPD von 34,2 % auf 23,0 % der Stimmen ab, so dass eine Mehrheit für eine Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP möglich wurde. Infolge der Wahlniederlage erklärte der Parteivorsitzende Franz Müntefering seinen Rücktritt zum Parteitag im November 2009. Zu seinem Nachfolger wurde der ehemalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel gewählt, die bisherige stellvertretende Parteivorsitzende Andrea Nahles wurde neue Generalsekretärin. Die ehemaligen Bundesminister Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier schieden als stellvertretende Parteivorsitzende ebenfalls aus, die Nachfolge traten Manuela Schwesig, Klaus Wowereit, Olaf Scholz und Hannelore Kraft an. Zwei Jahre später wurde die Riege der Vize-Vorsitzenden um die türkischstämmige Aydan Özoguz erweitert.[78] Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wurde hingegen bereits zwei Tage nach der Bundestagswahl zum neuen Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion gewählt.[79]

Bei den folgenden Landtagswahlen konnte die SPD vornehmlich Erfolge erzielen. In Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen vermochten Hannelore Kraft, Olaf Scholz, Torsten Albig und Stephan Weil ihre christdemokratischen Vorgänger im Amt des jeweiligen Regierungschefs abzulösen. In Baden-Württemberg gelang es den Sozialdemokraten als Juniorpartner der Grünen eine Regierungsbeteiligung zu erreichen und die seit 1953 regierende CDU in die Opposition zu schicken. Im Saarland konnte 2012 aus der Opposition heraus die Rolle des Juniorpartners der CDU übernommen werden. Bei den übrigen Wahlen zu den Landesparlamenten vermochte die SPD ihren Status als Senior- bzw. Juniorpartner an der jeweiligen Landesregierung zu halten. Allein bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 2011 büßte die Partei die absolute Mandatsmehrheit ein und führt seitdem eine Koalition mit den Grünen.[80] Somit verfügte die damalige schwarz-gelbe Koalition keine Mehrheit im Bundesrat mehr. Stattdessen herrscht momentan eine Mehrheit von SPD, Grünen, Linken und SSW.

Da die CDU in jüngerer Zeit einen noch rasanteren Mitgliederverlust verzeichnet, ist die SPD seit Juli 2012 wieder mitgliederstärkste Partei in Deutschland.[81]

Peer Steinbrück, SPD-Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2013

Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz teilten Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in Beisein des ehemaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück mit, dass Steinbrück als Kanzlerkandidat 2013 gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel antreten würde. Er wurde am 1. Oktober 2012 vom SPD-Parteivorstand einstimmig nominiert.[82][83] Steinbrück kündigte an, er strebe auf Bundesebene eine Neuauflage der rot-grünen Koalition an.[84] Bündnisse seiner Partei mit der Piratenpartei Deutschland oder der Partei Die Linke nach der Bundestagswahl 2013 schloss Steinbrück bereits im Vorfeld aus. Zudem gab er an, nicht erneut Minister unter Bundeskanzlerin Angela Merkel werden zu wollen.[85] Am 9. Dezember wurde Steinbrück mit 93 % zum Kanzlerkandidaten der SPD gewählt.[86]

Im Jahr 2013 verließ die SPD zudem die Sozialistische Internationale (SI), nachdem sie die SI kritisiert hatte, weil manche Mitgliedsparteien von „Verbrechern“ geführt würden, die an Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen waren.[87] Sie hat seitdem nur einen Beobachterstatus innerhalb der Organisation inne. Die SPD gründete daraufhin die Progressive Allianz[88], der sich weltweit zahlreiche weiteren Parteien anschlossen.

2013 bis 2017: Dritte Große Koalition

Sigmar Gabriel als damaliger SPD-Parteivorsitzender (2009–2017), Bundeswirtschaftsminister (2013–2017), Bundesaußenminister (2017–2018) und Vizekanzler (2013–2018)

Bei der Bundestagswahl 2013 konnte die SPD lediglich 25,7 % der Stimmen auf sich vereinen, was für eine rot-grüne Regierung nicht ausreichte.[89] Die FDP, der bisherige Koalitionspartner der Unionsparteien CDU und CSU, erlangte allerdings nicht genug Stimmen, um im Bundestag zu verbleiben. Somit suchte die Union eine neue Partei für die Rolle des Koalitionspartners, wodurch es zu Sondierungsgesprächen mit der SPD kam.[90]

Die SPD entschied vor der Bundestagswahl, über den Inhalt eines möglichen Koalitionsvertrags erstmals ein Mitgliedervotum durchzuführen. Dessen Ergebnis sollte umgesetzt werden, wenn sich mindestens 20 % der SPD-Mitglieder an der Abstimmung beteiligen würden.[91][92]

Nachdem sich bei einer Wahlbeteiligung der Parteimitglieder von über 70 % gut Dreiviertel der abgegebenen Stimmen für eine Große Koalition ausgesprochen hatten, trat die SPD erneut in eine Koalition mit der CDU/CSU ein. Am 17. Dezember 2013 wurde die neue Bundesregierung im Kabinett Merkel III vereidigt. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel übernahm die Position des Vizekanzlers und Bundeswirtschaftsministers. Frank-Walter Steinmeier wurde, wie bereits 2005 bis 2009, erneut Bundesaußenminister. Er führte das Amt bis Ende Januar 2017 und trat dann aufgrund seiner Kandidatur bei der Wahl des Bundespräsidenten am 12. Februar 2017 vom Amt zurück. Sein Nachfolger wurde Sigmar Gabriel, dessen Amt als Bundeswirtschaftsminister wiederum Brigitte Zypries übernahm.

Die SPD konnte sich in dem Koalitionsvertrag in vielen Themen durchsetzen, beispielsweise bei der Einführung eines Mindestlohnes von 8,50 €, einer gesetzlichen Frauenquote von 40 % in börsennotierten Unternehmen, dem Netzausbau, einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), einer Pflegereform, dem Elterngeld Plus, dem Ausbau von Kindertagesstätten, der Einführung einer Mietpreisbremse, der Abschaffung der Optionspflicht zugunsten der doppelten Staatsbürgerschaft und einer Rentenreform (u. a. Mindestrente, Rente mit 63).

Martin Schulz als damaliger EU-Parlamentspräsident (2012–2017)

Für die Europawahl 2014 stellen die europäischen Parteifamilien erstmals europaweite Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten bereit. Für die europäische Sozialdemokratie trat der Präsident des Europäischen Parlaments, der deutsche Martin Schulz an. Dabei stellte die SPD das zweitbeste Ergebnis nach der Union mit 27,3 % und verbesserte sich damit um 6,5 % im Vergleich zu 2009.

Mit Beginn des Wahljahres 2017 verzichtete Sigmar Gabriel auf die Kanzlerkandidatur und sprach sich für Martin Schulz als Spitzenkandidaten und SPD-Vorsitzenden aus.[93] Nach der Nominierung von Schulz durch den SPD-Parteivorstand am 29. Januar 2017 legte die SPD in Umfragen bundesweit deutlich zu, teilweise um bis zu 8 %.[94] Innerhalb weniger Tage verzeichnete die SPD zudem mehrere tausend Parteieintritte.[95] Der als „Schulz-Zug“[96] bekannte Popularitätsschub hielt nur wenige Monate an, die Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verlor die SPD.[97]

2018 bis 2021: Vierte Große Koalition

Bei der Bundestagswahl 2017 erhielt die SPD mit 20,5 % ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl überhaupt. Unmittelbar nach dem Ergebnis erklärte die SPD, für eine Neuauflage der Großen Koalition nicht zur Verfügung zu stehen und in die Opposition zu gehen.[98]

Aus der Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober ging die SPD als stärkste Kraft hervor und führt dort seither eine Koalition mit der CDU.[99]

Nachdem die Verhandlungen für ein Schwarz-Gelb-Grünes-Bündnis („Jamaika-Koalition“) aus CDU/CSU, FDP und Grünen am 19. November gescheitert waren, erneuerte der SPD-Vorstand zunächst seine Ablehnung, in eine neue Regierung einzutreten.[100] Nach einem Treffen zwischen Schulz und Bundespräsident Steinmeier erklärte der damalige Generalsekretär Hubertus Heil, man werde „sich Gesprächen nicht verschließen“.[101]

Am 30. November trafen sich die Parteispitzen von SPD, CDU und CSU zu einem Gespräch mit dem Bundespräsidenten, in dem die Möglichkeit einer Regierungsbildung erörtert wurde.[102] Nach fünfeinhalb-tägigen Sondierungsgesprächen legten die Parteispitzen am 12. Januar 2018 ein 28-seitiges Papier vor.[103] Am 21. Januar stimmten auf einem Sonderparteitag der SPD in Bonn 56,4 % der Delegierten für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU.[104]

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages 2018–2021

Am 7. Februar 2018 einigten sich die Spitzen von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag.[105] Nach dem Rücktritt von Martin Schulz als Parteichef übernahm am 13. Februar Olaf Scholz als dienstältester Partei-Vize bis zur Wahl eines Nachfolgers durch einen Bundesparteitag kommissarisch das Amt des SPD-Parteivorsitzenden.[106] Bei dem Mitgliedervotum, dessen Ergebnis am 4. März 2018 verkündet wurde, entschieden sich 66 % der SPD-Mitglieder für eine Große Koalition.[107] Am 9. März stellte die SPD ihre Minister im Kabinett Merkel IV vor, das am 14. März vereidigt wurde.[108]

Andrea Nahles als damalige SPD-Parteivorsitzende (2018–2019)

Am 22. April 2018 wählte ein erneuter SPD-Sonderparteitag Andrea Nahles zur neuen Vorsitzenden. In einer Kampfabstimmung gegen die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (27,5 %) erhielt Nahles rund 66 % der Delegiertenstimmen, das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte einer SPD-Vorsitzendenwahl,[109] allerdings das beste bei einer Wahl mit mehreren Kandidaten.[110] Am 14. Oktober 2018 erzielte die SPD mit 9,7 % bei der Landtagswahl in Bayern ihr bis dahin schlechtestes Wahlergebnis bei einer Landtagswahl in Deutschland.[111] Auch bei der kurz darauf stattfindenden Landtagswahl in Hessen erlitt die SPD deutliche Verluste und wurde erstmals nur drittstärkste Kraft in Hessen.

Das anschließende Wahljahr 2019 war ebenfalls von schweren Niederlagen für die Partei gekennzeichnet. Bei der Europawahl erzielte sie mit noch 15,8 Prozent das schlechteste gesamtdeutsche Ergebnis seit 1887 und ist erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik nur noch drittstärkste Kraft bei einer bundesweiten Wahl. Die folgenden Landtagswahlen endeten ebenfalls ausnahmslos mit Verlusten für die Partei, wobei sie in Bremen erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg hinter der CDU lag und in Sachsen und Thüringen nur noch einstellige Ergebnisse hatte. Mit 7,7 Prozent in Sachsen hat sie nicht nur ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis eingefahren, sondern ist erstmals auch kleinste Fraktion in einem aus mehr als drei Fraktionen bestehenden Landesparlament.[112]

Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken als amtierendes SPD-Parteivorsitzenden-Duo (2019–2021)

Nach dem am 3. Juni 2019 erfolgten Rücktritt von Andrea Nahles als Partei- und Franktionschefin wurde die neue Parteispitze in einer Mitgliederbefragung ermittelt. Bei der Stichwahl im November 2019 setzten sich Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit 53,1 zu 45,3 Prozent der Stimmen gegen Klara Geywitz und Olaf Scholz durch.[113] Die formale Wahl erfolgte auf dem Bundesparteitag am 6. Dezember 2019. Esken wurde mit 75,9 Prozent der Delegiertenstimmen gewählt und Walter-Borjans mit 89,2 Prozent der Delegiertenstimmen.[114] Die Wahl von Esken und Walter-Borjans wird zuweilen als „Linksruck“ charakterisiert.[115][116] Gleichzeitig beschloss der Parteitag ein neues Sozialstaatskonzept, „um Hartz IV hinter uns zu lassen“ und „den Sozialstaat im 21. Jahrhundert fortzuentwickeln“.[117] Damit will die Partei ihr „Hartz-IV-Trauma“ hinter sich lassen und wieder als linke Partei wahrgenommen werden.[118]

Am 10. August 2020 nominierte der Parteivorstand Olaf Scholz auf Vorschlag der Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2021. Er war zu dem Zeitpunkt der in Umfragen beliebteste SPD-Politiker, aber beim linken Parteiflügel umstritten.[119]

Seit 2021: Ampelkoalition unter Olaf Scholz

Olaf Scholz mit dem unterzeichneten Koalitionsvertrag der Ampelparteien (2021)

Bei der Bundestagswahl 2021 gewann die SPD 5,2 Prozentpunkte hinzu und wurde mit 25,7 Prozent erstmals seit 2002 stärkste Kraft bei einer Bundestagswahl. Sie verhandelte nach der Wahl mit Bündnis 90/Die Grünen und der FDP über die Bildung einer Ampelkoalition. Am 26. Oktober 2021 wurde mit Bärbel Bas zudem zum jeweils dritten Mal ein Sozialdemokrat und eine Frau zur Bundestagspräsidentin gewählt.[120] Die neue Regierung wurde am 8. Dezember 2021 vereidigt und Olaf Scholz vom 20. Deutschen Bundestag zum neunten Bundeskanzler gewählt, er steht dem Kabinett Scholz vor.

Beim Bundesparteitag am 11. Dezember 2021 wurde Esken als Parteivorsitzende wiedergewählt. Ebenfalls zum Vorsitzenden gewählt wurde der bisherige Generalsekretär Lars Klingbeil, nachdem Walter-Borjans auf eine erneute Kandidatur zum Parteivorsitz verzichtet hatte.

Mit dem Russischen Überfall auf die Ukraine 2022 vollzog die SPD-geführte Bundesregierung eine erhebliche Änderung in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik, die Bundeskanzler Scholz am 27. Februar 2022 in einer Sondersitzung des Deutschen Bundestag vorstellte.[121][122] Scholz sprach bei einer Rede von einer Zeitenwende.[123] Der SPD-Vorsitzende Klingbeil sagte: „Die Zeitenwende ist da und sie muss ausbuchstabiert werden.“[124] Die Wahrnehmung der 100-Tage-Bilanz der SPD-geführten Bundesregierung am 16. März 2022 wurde von den Ereignissen geprägt.[125][126][127] Bei der Europawahl 2024 erreichte die Partei mit 13,9 Prozent (vorläufiges amtliches Ergebnis) erneut ihr schlechtestes Ergebnis bei einer gesamtdeutschen Wahl.[128][129] Ende Juli 2024 beanstandeten Vertreter des linken Flügels um Rolf Mützenich die bei dem NATO-Gipfel 2024 in Washington von der Bundesregierung mit den USA getroffenen Übereinkunft zur Neustationierung konventioneller US-amerikanischen Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper in Deutschland ab 2026.[130][131][132]

Wahlergebnisse

Reichstagswahlen 1871–1912

Reichstagswahlergebnisse 1871–1912[133]
Jahr Stimmen Sitze
18711 3,2 %
2/382
18741 6,8 %
9/397
1877 9,1 %
12/397
1878 7,6 %
9/397
1881 6,1 %
12/397
1884 9,7 %
24/397
1887 10,1 %
11/397
1890 19,8 %
35/397
1893 23,3 %
44/397
1898 27,2 %
56/397
1903 31,7 %
81/397
1907 28,9 %
43/397
1912 34,8 %
110/397
1 
Vorläuferparteien ADAV und SDAP zusammen

Wahlen in der Weimarer Republik 1919–1933

Reichstagswahlergebnisse 1919–1933[134]
Jahr Stimmenanteil Sitze
19191 37,9 %
163/423
1920 21,7 %
102/459
1924 (Mai) 20,5 %
100/472
1924 (Dezember) 26,0 %
131/493
1928 29,8 %
153/491
1930 24,5 %
143/577
1932 (Juli) 21,6 %
133/608
1932 (November) 20,4 %
121/584
1933 18,3 %
120/647
1 
Wahlen zur Nationalversammlung

Bundestagswahlen seit 1949

Grafische Übersicht über die Wahlergebnisse
Zweitstimmenanteil der SPD bei der Bundestagswahl 2017 nach Wahlkreisen
7,8–15 %
>15–20 %
>20–25 %
>25–30 %
>30–37,8 %
Bundestagswahlergebnisse[135]
Jahr Stimmenanzahl Stimmenanteil Sitze Kanzlerkandidat
1949 06.934.975 29,2 %
131/402
Kurt Schumacher
1953 07.944.943 28,8 %
162/509
Erich Ollenhauer
1957 09.495.571 31,8 %
181/519
Erich Ollenhauer
1961 11.427.355 36,2 %
203/521
Willy Brandt
1965 12.813.186 39,3 %
217/518
Willy Brandt
1969 14.065.716 42,7 %
237/518
Willy Brandt
1972 17.175.169 45,8 %
242/518
Willy Brandt
1976 16.099.019 42,6 %
224/518
Helmut Schmidt
1980 16.260.677 42,9 %
228/519
Helmut Schmidt
1983 14.865.807 38,2 %
202/520
Hans-Jochen Vogel
1987 14.025.763 37,0 %
193/519
Johannes Rau
1990 15.545.366 33,5 %
239/662
Oskar Lafontaine
1994 17.140.354 36,4 %
252/672
Rudolf Scharping
1998 20.181.269 40,9 %
298/669
Gerhard Schröder
2002 18.488.668 38,5 %
251/603
Gerhard Schröder
2005 16.194.665 34,2 %
222/614
Gerhard Schröder
2009 09.990.488 23,0 %
146/622
Frank-Walter Steinmeier
2013 11.252.215 25,7 %
193/631
Peer Steinbrück
2017 09.538.367 20,5 %
153/709
Martin Schulz
2021 11.901.558 25,7 %
206/735
Olaf Scholz

Europawahlen seit 1979

Ergebnisse der SPD bei den Europawahlen 1979–2019
Europawahlergebnisse[136]
Jahr Stimmenanzahl Stimmenanteil Sitze Spitzenkandidat[137]
1979 11.370.045 40,8 %
35/81
Willy Brandt[138]
1984 9.296.417 37,4 %
33/81
Katharina Focke[139]
1989 10.525.728 37,3 %
31/81
Gerd Walter[140]
1994 11.389.697 32,2 %
40/99
Klaus Hänsch
1999 8.307.085 30,7 %
33/99
Klaus Hänsch
2004 5.547.971 21,5 %
23/99
Martin Schulz
2009 5.472.566 20,8 %
23/99
Martin Schulz[141]
2014 7.999.955 27,3 %
27/96
Martin Schulz[142]
2019 5.914.953 15,8 %
16/96
Katarina Barley[143]
2024 5.551.545 13,9 %
14/96
Katarina Barley[144]

Wählerschaft

Die SPD zieht Stimmen aus allen Bevölkerungsschichten auf sich, dennoch ist in bestimmten Gruppen ein höherer Anteil an der Wählerschaft festzustellen. Während geschichtsbedingt früher vor allem der „kleine Mann“ die SPD wählte, ist der Anteil der Wähler, die aus der Arbeiterklasse und einkommensarmen Schichten stammen, heute weit niedriger als zu Gründungszeiten. Auch der Anteil der Angestellten mit höherem Schulabschluss und der Selbständigen ist stetig gestiegen.[145]

Am besten schnitt die Partei in der Gruppe der über 60-Jährigen ab. Frauen und Männer sind in der Wählerschaft annähernd gleich stark vertreten.[145]

Geografisch ist eine Konzentration der Wählerschaft auf eher protestantisch geprägte Gebiete im Westen und Norden der Republik festzustellen. Durch die Stärke der Union im Süden sowie den Erfolgen der Linkspartei im Osten konnte die SPD in diesen Gebieten kaum Fuß fassen. Des Weiteren wird die SPD vermehrt von Menschen aus einem großstädtischen Umfeld gewählt. Sie stellt 42 der 50 Bürgermeister der einwohnerstärksten Städte Deutschlands (Stand 2019).

Persönlichkeiten

Gegenwart

Bundeskabinettsmitglieder

Name Amt Beginn der Amtszeit Parl. Staatssekretär bzw. Staatsminister
Olaf Scholz Olaf Scholz Bundeskanzler Bundeskanzler 8. Dezember 2021 Sarah Ryglewski (SPD)
Reem Alabali-Radovan (SPD)
Carsten Schneider (SPD)
Claudia Roth (Grüne)
Nancy Faeser Nancy Faeser Bundesministerium des Innern und für Heimat Bundesministerin des Innern und für Heimat 8. Dezember 2021 Mahmut Özdemir (SPD)
Johann Saathoff (SPD)
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD)
Hubertus Heil Hubertus Heil Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesminister für Arbeit und Soziales 14. März 2018 Kerstin Griese (SPD)
Anette Kramme (SPD)
Boris Pistorius Boris Pistorius Bundesministerium der Verteidigung Bundesministerin der Verteidigung 19. Januar 2023 Thomas Hitschler (SPD)
Siemtje Möller (SPD)
Karl Lauterbach Karl Lauterbach Bundesministerium für Gesundheit Bundesminister für Gesundheit 8. Dezember 2021 Sabine Dittmar (SPD)
Edgar Franke (SPD)
Svenja Schulze Svenja Schulze Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 8. Dezember 2021 Niels Annen (SPD)
Bärbel Kofler (SPD)
Klara Geywitz Klara Geywitz Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen 8. Dezember 2021 Sören Bartol (SPD)
Cansel Kiziltepe (SPD)
Wolfgang Schmidt Wolfgang Schmidt Chef des Bundeskanzleramts Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts 8. Dezember 2021

Regierungschefs in den Ländern

Die SPD stellt derzeit sieben Ministerpräsidenten bzw. Bürgermeister von Stadtstaaten.

Name Land Beginn der Amtszeit Kabinett bzw. Senat Zugehörigkeit zu den Landesparlamenten
Stephan Weil Stephan Weil Niedersachsen Niedersachsen Niedersachsen 19. Februar 2013 Kabinett Weil III
  • als Oppositionspartei vertreten
  • als kleiner Koalitionspartner in der Regierung
  • als großer Koalitionspartner in der Regierung und den Regierungschef stellend
  • als alleinige Regierungspartei
  • Dietmar Woidke Dietmar Woidke Brandenburg Landeswappen Brandenburg Brandenburg 28. August 2013 Kabinett Woidke III
    Manuela Schwesig Manuela Schwesig Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern Mecklenburg-Vorpommern 4. Juli 2017 Kabinett Schwesig II
    Peter Tschentscher Peter Tschentscher Hamburg Landeswappen Hamburg Hamburg 28. März 2018 Senat Tschentscher II
    Andreas Bovenschulte Andreas Bovenschulte Bremen Landeswappen Bremen Bremen 15. August 2019 Senat Bovenschulte II
    Anke Rehlinger Anke Rehlinger Landeswappen Saarland Saarland 25. April 2022 Kabinett Rehlinger
    Alexander Schweitzer Alexander Schweitzer Rheinland-Pfalz Landeswappen Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz 10. Juli 2024 Kabinett Schweitzer

    Folgende Politiker sind in ihren Ländern stellvertretender Ministerpräsident unter einem Regierungschef der CDU oder der Linken:

    Parteivorsitzende

    1890–1945

    Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde die SPD meist von mehreren Vorsitzenden zugleich geführt. Daher überschneiden sich die Amtszeiten.

    Bild Name
    (Amtszeit)
    Bild Name
    (Amtszeit)
    Alwin Gerisch
    (1890–1892)
    Paul Singer
    (1890–1911)
    August Bebel
    (1892–1913)
    Friedrich Ebert
    (1913–1919)
    danach Reichspräsident
    Hugo Haase
    (1911–1916)
    danach Vorsitzender der USPD
    Philipp Scheidemann
    (1916–1919)
    danach Reichs-Ministerpräsident
    Bild Name
    (Amtszeit)
    Bild Name
    (Amtszeit)
    Bild Name
    (Amtszeit)
    Hermann Müller
    (1919–1928)
    danach Reichskanzler
    Otto Wels
    (1919–1939
    ab 1933 im Exil)
    Arthur Crispien
    (1922–1933)
    davor Vorsitzender der USPD
    Hans Vogel
    (1931–1945
    ab 1933 im Exil)

    1945–1990

    Lars Klingbeil

    Saskia EskenAndrea NahlesMartin SchulzSigmar GabrielKurt BeckMatthias PlatzeckFranz MünteferingGerhard SchröderOskar LafontaineRudolf ScharpingBjörn EngholmHans-Jochen VogelWilly BrandtErich OllenhauerKurt Schumacher
    Westzonen/Bundesrepublik Deutschland
    Bild Name Amtszeit
    1 Kurt Schumacher 1945–1946
    Vorsitzender in der Britischen Besatzungszone


    11. Mai 1946 –
    20. August 1952
    Vorsitzender in den Westzonen
    2 Erich Ollenhauer 27. September 1952 –
    14. Dezember 1963
    3 Willy Brandt 16. February 1964 –
    14 June 1987
    4 Hans-Jochen Vogel 14. Juni 1987 –
    29. Mai 1991
    Sowjetische Besatzungszone / DDR
    Bild Name Amtszeit
    Otto Grotewohl 1945–1946
    Vorsitzender in der Sowjetischen Besatzungszone
    ab 1946 Ko-Vorsitzender der Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
    Neugründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR
    Stephan Hilsberg 7. Oktober 1989 –
    23. Februar 1990
    Erster Sprecher
    Ibrahim Böhme 23. Februar 1990 –
    1. April 1990
    Markus Meckel 8. April 1990 –
    9. Juni 1990
    kommissarisch
    Wolfgang Thierse 9. Juni 1990 –
    26. September 1990

    Am 26. September 1990 vereinigte sich die SPD in der DDR mit ihrem westdeutschen Pendant.

    Seit 1990

    Bild Name Amtszeit
    4 Hans-Jochen Vogel 27. September 1990 –
    29. Mai 1991
    5 Björn Engholm 29. Mai 1991 –
    5. Mai 1993
    Johannes Rau 5. Mai 1993 –
    25. Juni 1993
    kommissarisch
    6 Rudolf Scharping 25. Juni 1993 –
    16. November 1995
    7 Oskar Lafontaine 16. November 1995 –
    12. März 1999
    8 Gerhard Schröder 12. März 1999 –
    21. Juli 2004
    9 Franz Müntefering 21. Juli 2004 –
    15. März 2005
    10 Matthias Platzeck 15. März 2005 –
    10. April 2006
    11 Kurt Beck 10. April 2006 –
    7. September 2008
    Frank-Walter Steinmeier 7. September 2008 –
    18. Oktober 2008
    kommissarisch
    12 Franz Müntefering 18. Oktober 2008 –
    13. November 2009
    13 Sigmar Gabriel 13. November 2009 –
    19. März 2017
    14 Martin Schulz 19. März 2017 –
    13. Februar 2018
    Olaf Scholz 13. Februar 2018 –
    22. April 2018
    kommissarisch
    15 Andrea Nahles 22. April 2018 –
    3. Juni 2019
    Manuela Schwesig 3. Juni 2019 –
    10. September 2019
    kommissarisch
    Thorsten Schäfer-Gümbel 3. Juni 2019 –
    1. Oktober 2019
    kommissarisch
    Malu Dreyer 3. Juni 2019 –
    6. Dezember 2019
    kommissarisch
    16 Norbert Walter-Borjans 6. Dezember 2019 –
    11. Dezember 2021
    Ko-Vorsitzender
    Saskia Esken
    seit 6. Dezember 2019
    Ko-Vorsitzende
    17
    Lars Klingbeil seit 11. Dezember 2021
    Ko-Vorsitzender

    Bundesgeschäftsführer

    Generalsekretäre

    Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion

    Reichs- bzw. Bundesebene

    Staatsoberhäupter

    Die nachfolgenden SPD-Politiker waren oder sind Staatsoberhaupt Deutschlands:

    Stellvertretende Staatsoberhäupter

    Regierungschefs

    Die nachfolgenden SPD-Politiker waren oder sind Regierungschef Deutschlands:

    Stellvertretende Regierungschefs (Vizekanzler)

    Parlamentspräsidenten

    Der Reichstags- bzw. Bundestagspräsident wird in Deutschland traditionell von der stärksten Fraktion im Parlament gestellt.

    Parlamentsvizepräsidenten